Formel 1: Abschied in der Unterhose

Stefan Mücke: Es sah zunächst vielversprechend aus

Kolumne von Stefan Mücke
In seiner Kolumne bei SPEEDWEEK.com berichtet Stefan Mücke exklusiv von seinen Einsätzen in der FIA WEC. Saisonlauf sechs fand in Austin statt. Diesmal gibt er zusätzlich noch einen kurzen Einblick in die Reifenkunde.

Hallo lieber Leser von SPEEDWEEK.com,

nach den zuletzt eher unglücklichen Rennen in der FIA WEC, freute ich mich schon darauf, Euch aus Austin endlich einmal eine Erfolgsgeschichte mitbringen zu können. Doch leider schafften mein Teamkollege Olivier Pla und ich in der GTE-Pro-Kategorie nur den achten Platz. Das war natürlich eine herbe Enttäuschung – da kann ich an dieser Stelle nicht drum herum reden. Denn grundsätzlich gingen wir mit großen Erwartungen in das Rennwochenende auf dem 'Circuit of the Americas'. Wie ich Euch in meiner Mexiko-Kolumne bereits verraten hatte, reiste ich bereits am Sonntag in Richtung Nordamerika. Bei Multimatic in Kanada hatte ich montags einige Sessions im Simulator absolviert. Nachdem ich am Dienstag nach Texas reiste, stand der Mittwoch im Zeichen der Akklimatisierung an die extrem hohen Außentemperaturen von weit über 30 Grad Celsius. Beispielsweise legte ich mit meinen Teamkollegen eine große Jogging-Einheit ein.

In den freien Trainings sah es dann auch tatsächlich sehr vielversprechend aus. Sowohl das erste als auch das dritte freie Training beendete unser Ford GT #66 auf der Spitzenposition in der Klasse. In der Qualifikation wollten wir dann Reifen für das Rennen aufsparen und hatten nur einen Satz Pnues verwendet. Das endete in der fünften Startposition. Alles schien auf ein gutes Wochenende hinzudeuten, doch im Rennen ging wirklich gar nichts.

Olivier Pla startete unseren Ford GT mit der härteren der beiden in Austin Verwendung findenden Reifenmischungen, um direkt den notwendigen 'Doppelstint' aus dem Weg zu bekommen. Zwar kamen wir recht gut über die geplante Zwei-Stunden-Distanz, doch die gewünschten Rundenzeiten stellten sich einfach nicht ein. Als ich ins Auto stieg versuchten wir, mit dem weicheren Medium-Reifen etwas an Boden gut zu machen. Es ging tatsächlich ein wenig besser voran, aber an Doppelstints war mit dieser Mischung nicht zu denken. Für die Hitze in Austin wäre der härtere Reifen absolut notwendig gewesen, doch diesen Pneu konnten wir einfach nicht ins Fenster bekommen.

An dieser Stelle möchte ich Euch kurz erläutern, was es bedeutet, einen 'Reifen zum Arbeiten zu bringen'. Vermutlich habt Ihr diesen Ausdruck schon ab und zu einmal gehört. Das Ganze funktioniert so: Wenn ein Reifen keinen Grip hat, beginnt er zu rutschen. Dabei baut er zwar eine hohe Oberflächentemperatur auf, jedoch wird er regelrecht herunter radiert. Damit besteht die Lauffläche nach und nach aus immer weniger Gummi, sodass der Reifen auf den Geraden abkühlt und sich als unerwünschte Folge auch der Luftdruck reduziert. Jedoch ist es gerade bei einem Doppelstint die große Herausforderung, den Luftdruck konstant zu halten. Hier macht ein Zehntel 'bar' schon einen richtig großen Unterschied. In Austin gingen die Rundenzeiten am Ende der Doppelstints um teilweise bis zu vier/fünf Sekunden zurück.

Außerdem mussten wir beim Rennen in Austin noch eine einminütige Stop&Go-Strafe absitzen. Gerade als sich einer unsere Stints dem Ende näherte, wurde das Safety-Car auf die Strecke gerufen. Während der ersten drei Runden einer Neutralisation ist jedoch die Boxeneinfahrt geschlossen. Da mir allerdings sonst der Sprit ausgegangen wäre, musste ich zum Nachtanken hereinkommen. Somit war das Rennen dann endgültig gelaufen. Als Olivier Pla das Auto später von mir wieder übernahm, konnte er nur noch versuchen, Schadensbegrenzung zu betreiben.

Nun geht der Blick bereits auf das nächste Rennen im japanischen Fuji. Dort feierten wir mit den beiden Ford GT im letzten Jahr einen Doppelsieg. Die Strecke sollte uns ganz gut liegen und eine große Portion Fahrspaß bietet sie ebenfalls. Da sich die Temperaturen wohl auch wieder in einem 'normalen' Bereich bewegen, fahre ich recht zuversichtlich nach Fuji.

Bereits am kommenden Wochenende sitze ich wieder im Rennauto. Im Team meines Vaters bestreite ich an der Seite von Sebastian Asch das ADAC GT Masters in Hockenheim. Kaum zu glauben, aber auf dem Kurs im badischen Motodrom habe ich schon seit 2006 kein Rennen mehr bestritten. Anfang des Jahres haben wir mit dem Mercedes-AMG GT3 dort schon getestet und ein sehr gutes Gefühl mitgenommen. Dementsprechend hoffe ich, dass wir die Chance haben, um einen Platz auf dem Podium mitfahren zu können.

Drückt mit also die Daumen!
Bis bald
Euer Stefan Mücke


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