Porsche 919 Hybrid: 340 km/h Topspeed in Le Castellet
Porsche vor Audi beim Test, wie sieht es in Silverstone aus?
Zuverlässig, schnell und ein verblüffend hoher Topspeed: Porsche kann mit offiziellen FIA WEC-Vortest «Prolog» in Le Castellet und die Vorbereitung auf die Sportwagen-WM zufrieden sein. Brendon Hartley drehte am Freitagabend im Porsche 919 Hybrid die schnellste Runde beim Test, Romain Dumas fuhr im Schwesterauto am Freitagnachmittag auf der mehr der 1,6 km langen Mistral-Geraden einen unglaublichen Topspeed von 339,6 km/h. «Der Test ist sehr positiv für uns gelaufen, sagte Alex Hitzinger, der technische Leiter des LMP1-Projektes von Porsche. «Vergleiche mit unseren Gegner sind allerdings schwer, denn wir wissen nicht welche Programme unsere Gegner gefahren sind.»
«Wir haben hier in Le Castellet ganz verschiedene Konfigurationen getestet, daher hatten wir auch grosse Unterschiede in unserem Topspeed. Wir haben Programme für verschiedene Strecke gefahren, auch für Le Mans mit einem sehr hohen Topspeed. Denn bei sehr hohem Topspeed können technische Probleme auftauchen, daher ist es wichtig, das vorher einmal zu simulieren.» Porsche hat derzeit nach eigenen Angaben noch keine low- oder high-downforce Version, sondern ein Basisauto, das dann jeweils auf viel oder wenig Abtrieb eingestellt wird.
Porsche setzt wie Toyota auf die zweithöchste Energieklasse
Porsche wird mit dem 919 Hybrid in der 6 Megajoule-Energieklasse antreten. Für die zweithöchste der vier (2, 4, 6 und 8 Megajoule) zur Auswahl stehenden Energieklasse hat sich auch Toyota entschieden. Die Energieklasse gibt an, wie viel Energie über das Hybridsystem in einer Runde eingesetzt werden kann. Porsche hatte ursprünglich angestrebt in der höchsten Energieklasse mit 8 Megajoule zu starten. «Wir haben geschaut was möglich ist. Dann haben wir haben ein System gebaut und geschaut, was mit diesem System machbar ist. Mit dem System ist eine Hybridleistung von 6 Megajoule auf einer Runde aber nicht zu erzielen, daher haben wir das Auto nun in der kleineren Energieklasse homologiert. Man versucht grundsätzlich immer das Auto so leicht wie möglich zu bauen und berücksichtigt dabei im ersten Schritt nicht die Energierückgewinnungssysteme. Dann schaut man wie vielleicht Gewicht man noch frei hat bis zum Mindestgewichtgewicht und dieses Gewicht investiert man in das Hybridsystem. Dann baut man nach diesem Gewicht ein System und schaut dann, wie viel Megajoule man mit diesem System rekuperieren kann.»
Mit Zahlen zur Leistung hält man sich anders als Toyota, die mit einer Gesamtleistung von 1.000 PS protzen, bei Porsche aber zurück. Das hat eine lange Tradition bei den Stuttgartern und geht bis die Gruppe C-Zeit zurück. Die offizielle Leistungsangabe lautet mehr als 500 PS für den Zwei-Liter-V4-Turbo und mehr als 250 PS für das Hybridsystem, das durch die Bremsenergie der Vorderachse und die Abgase des Motors gespeist wird.
Bis zum Saisonstart in Silverstone steht bei Porsche nun noch Detailarbeit an. «Vom grundsätzlichen Konzept her funktioniert unser Auto sehr gut. Das Auto ist Zuverlässigkeit, nun geht es um die Details und um operative Dinge. Unsere Aufmerksamkeit gilt jetzt auch den 10-Cent-Teilen. Die grossen Teile stehen immer im Fokus, aber nun müssen wir auch nach den kleinen Dingen schauen und dort eine hohe Qualität produzieren. Das ist nicht einfach, denn es muss beim ersten Rennen alles perfekt laufen.»
Porsche hält den Ball vor Silverstone sehr flach
Das erste Rennen sieht man bei Porsche allerdings eher skeptisch: «Silverstone ist eine Strecke, die uns vom Konzept her vermutlich nicht so liegt», befürchtet Mark Webber. Werksfahrerkollege Neel Jani präzisiert: «Silverstone ist zwar enorm schnell, aber dort braucht man auch viel Abtrieb. Wir haben zwar einen guten Topspeed, aber gerade hier beim Test hat man gesehen, dass die Audi in den langsameren ersten und dritten Sektoren, in denen Abtrieb gefragt ist, extrem schnell sind.»
Trotz des erfolgreichen Tests in Paul Ricard sieht Porsche seine Position als Newcomer weiter realistisch. Hitzinger: «Wir sind weiter realistisch, was die Konkurrenz angeht. Audi ist sehr lange in diesem Sport und sehr erfolgreich. Sie haben viel Erfahrung und sind ein eingespieltes Team und Toyota hat eine immense Infrastruktur auf der Formel-1-Zeit und ist nun auch einige Jahre im Geschäft. Audi und Toyota hatten beide eine Basis, auf denen die neuen Autos aufbauen. Wir hatten nichts. Nur ein weisses Blatt Papier, keine Referenzen, nichts worauf wir zurückgreifen können, nichts vom wir sagen können, das dies auch schon in der Vergangenheit funktioniert hat. Die Ausgangslage ist daher sehr schwierig. 2015 wird auch nicht einfach für uns, aber dann wir zumindest eine Referenz. Audi und Toyota haben definitiv einen Vorteil.»