Vorteil für intelligente Fahrer
Die Talkrunde im Hangar 7
Es war eine sehr interessante Talkrunde im Hangar 7, die sich über die in zwei Wochen beginnende Formel 1-Saison Gedanken machte. Mercedes-Sportchef Norbert Haug, David Coulthard, Red Bull-Teamchef Christian Horner mit Fahrer Mark Webber sowie Gerhard Berger, der für den verhinderten Ralf Schumacher eingesprungen ist.
Schwerpunkt der Diskussion waren die neuen Regeln mit dem Verbot des Nachtankens. Niemand weinte den Tankstopps hinterher. Mark Webber: «Ich glaube, es wird interessantere Rennen, auf der Strecke wird härter gekämpft. Es wird mehr auf den Fahrer ankommen.» Sein Teamchef sieht in den Regeln neue Herausforderungen: «Es wird sehr hart, der Wagen ist in der Qualifikation leicht und muss dann am nächsten Tag mit dem gleichen Reifensatz das Rennen starten, dann aber mit vollem Gewicht. Verstellt werden darf nur der Frontflügel. Da ist der intelligente Fahrer gefragt.»
Gerhard Berger geht ins Detail: «Es kommt nicht nur auf die Reifen an. Möglicherweise passt die Getriebeabstufung bei leerem Tank, nicht aber mit vollem Tank. Zu meiner Zeit konnten wir die über Nacht ändern, heute geht das nicht mehr. Ebenso die Bremsen, man muss sie mit leichten Auto zum Arbeiten bringen und darf sie nicht mit dem vollgetankten Auto überfordern. Das alles wird auch sportlicher Sicht sehr interessant» Auch der Tiroler sieht grosse Chancen für die Fahrer zu glänzen. «Der Fahrer hat viel mehr Möglichkeiten, etwas anderes als andere zu machen als in der Vergangenheit.»
Der Fahrer ist nicht alles, auch der oder den Boxenstopps kommt eine neue Bedeutung zu. Berger: «Bislang konnte man doch kaum sehen, ob eine Crew wirklich schnell die Reifen gewechselt hat oder nicht, weil das Tanken praktisch immer länger gedauert hat. Wenn in dieser Saison der Reifenwechsel zwei Sekunden länger dauert, steht das Auto zwei Sekunden länger.»
Dem pflichtet auch Norbert Haug bei: «Es sind viele Aufgaben, auf die sich die Fahrer einstellen müssen, es wird für sie ein richtiger Mehrkampf.» Vorteil, für die Piloten, die es bereits kennen, mit vollen Tanks zu starten, also Schumacher und Barrichello? «Nein, wer damals gefahren ist, hat heute sicher keinen Vorteil mehr. Es gibt genügend gute Fahrer, die sich den neuen Gegebenheiten schnell anpassen können.» Ist Mercedes GP mit den neuen Anforderungen bereits aussortiert? «Viele ist aussortiert, aber noch nicht alles!»
Brachte die Änderung der sportlichen Regeln allgemeine Zustimmung, so wurde das neue Punktesystem genauso einstimmig abgelehnt. Berger: «Wir leben doch alle auch in der Vergangenheit und möchten gerne vergleichen. Dies ist mit dem Punktesystem nun nicht mehr machbar. Ich habe damals (1991) schon nicht verstanden, weshalb der Sieger plötzlich zehn statt neun Punkte bekommen soll. Lieber würde ich einen Extra-Punkt für die Pole wünschen, denn das ist so aufwendig, dass es belohnt werden sollte.»
Für mehr Überholbereitschaft wegen der höheren Wertung eines Sieges im Vergleich zum zweiten Platz wird die Änderung laut Norbert Haug jedenfalls nicht führen. «Ein Sieg ist ein Sieg. Niemand fährt freiwillig auf dem zweiten Rang, wenn er gewinnen kann, egal wie viele Punkte es gibt!»
