Adrian Newey, Red Bull: «So sollte die Formel 1 sein»
Adrian Newey: «Es ist möglich, ein Regelwerk zu schaffen, das Kreativität belohnt, und nicht die Grösse der Mannschaft»
Mit den umfassenden Regeländerungen, die für die Saison 2017 beschlossen wurden, soll die Dominanz der Mercedes-Motoren beendet werden. Das ist zumindest die Hoffnung vieler Gegner der Silberpfeile und auch vieler Fans. Denn in den letzten drei Jahren gaben die Autos mit dem Stern das Tempo in der Königsklasse vor, der WM-Titelkampf verkam so zum Team-Duell zwischen Lewis Hamilton und Nico Rosberg.
Auch wenn eine Wiederholung des Zweikampfs durch den überraschenden Rücktritt des Deutschen ausgeschlossen werden kann, wird die WM dadurch nicht zwangsläufig spannender. Davor warnt der Red Bull Racing-Konstrukteur Adrian Newey. Er hält im Gespräch mit Sky Sports F1 fest: «Die neuen Regeln werden ziemlich sicher dazu führen, dass das Feld nicht mehr so dicht beieinander sein wird.»
«Den bei jeder Regeländerung lesen die einen Teams die Regeln genauer als die anderen», erklärt Newey. «Normalerweise sind das die grösseren Teams. Doch beim letzten Mal, als sich die Aerodynamik-Regeln bei gleichbleibender Motoren-Formel umfassend geändert haben, also 2009, war das zum Beispiel nicht der Fall.» Damals dominierte das Brawn-GP-Team, das allerdings mit üppiger Mitgift von Honda antrat.
Newey weiss, dass man die Entwicklungsrichtung früh festlegen muss: «Man muss sich fragen, welcher Weg in den eigenen Augen am wahrscheinlichsten zum Erfolg führt. Es besteht also immer die Chance, dass es eine Richtung gibt, die noch besser ist.»
Der oft als Aerodynamik-Genie bezeichnete Ingenieur stellt auch klar, dass er kein Fan der neuen V6-Turbo-Hybrid-Motoren ist. Er betont: «Ist die Formel 1 eine Bühne für die Hersteller, um ihr Können im Bereich der Motoren zu beweisen? Oder ist es ein Spektakel, bei dem Mensch und Maschine involviert sind? Ich persönlich wünsche mir einen Kampf zwischen Piloten, bei dem auch die Kreativität der Ingenieure eine Rolle spielt. Das heisst, es sollte sich nicht nur um einen Ressourcen-Wettstreit handeln, was auf Seite der Ingenieure leider immer mehr der Fall ist.»
Trotzig fügt der 58-Jährige an: «Und was die Behauptung einiger Hersteller angeht, die neuen Motoren würden ihnen dabei helfen, ihre Produkte für die Strasse zu verbessern, dann kann ich nur sagen, dass ich das für eine grosse Marketing-Blase halte. Ich weiss, dass das eine kontroverse Haltung ist, aber wenn dem so wäre, dann müssten diese Hersteller ja in spätestens fünf Jahren ihren Konkurrenten im Automotive-Bereich klar voraus sein. Und irgendwie bezweifle ich, dass es so kommt.»
Und Newey verrät, wie die Formel 1 seiner Meinung nach sein sollte: «Es ist möglich, ein Regelwerk zu schaffen, das Kreativität belohnt, und nicht die Grösse der Mannschaft. Ein Budget-Deckel ist sehr schwer einzuführen, aber man könnte die Ressourcen beschränken, ganz sicher auf der Chassis-Seite, denn da spielt die Aerodynamik eine grosse Rolle.»
Newey beschreibt auch, wie so eine Beschränkung aussehen könnte: «Man könnte noch viel strengere Regeln einführen und etwa die Arbeit im Windkanal ganz verbieten. Man könnte auch die CFD-Arbeiten stark einschränken, dann würden die Teams auch automatisch weniger Leute anstellen.»