Kimi Räikkönen: Was er Sauber 2019 alles zutraut
Kimi Räikkönen bei den Testfahrten mit Sauber in Abu Dhabi
Kimi Räikkönen von Ferrari zu Sauber, das verlief Anfang September ganz nach «Iceman»-Manier: schnörkellos und schnell. Sauber-Teamchef Fred Vasseur: «Wir haben uns zwei Mal getroffen, dann war alles geregelt. Im Grunde lief das so ab. Wir setzten uns auf einen Kaffee zusammen, und ich habe Kimi gefragt: „Was willst du machen?“ Er meinte: „Ich will Rennen fahren.“ Daraufhin sagte ich: „Gut, dann machen wir das gemeinsam.“»
«Ich glaube, Kimi hatte finanziell verlockendere Angebote als unseres. Und es ist für uns finanziell eine grosse Sache, einen Top-Fahrer zu holen. Aber ich glaube, es ist für Kimi eine noch grössere Sache, Sauber zu vertrauen. Das zeigt, wie motiviert er noch immer ist. Er hat sofort die richtigen Fragen gestellt: „Wie weit reicht die Kooperation mit Ferrari?“ Oder: „Mit welchen Technikern würde ich arbeiten?“ Oder: „Wie weit ist die Arbeit am 2019er Auto?“ Er hat sich ganz auf sportliche Fragen konzentriert. Das hat mir Eindruck gemacht. Ich sagte ihm, dass wir uns weiter im Aufbau befänden, dass er aber eine wichtige Rolle für uns spielen würde, nicht nur aufgrund seiner Erfahrung und seines Talents, sondern auch als Signal an Geldgeber. Ich sagte, ich wolle nur mit ihm zusammenarbeiten, wenn er auch wirklich hinter uns stehe. Kimi meint: „Wenn ich etwas als nutzlos erachte, dann mach ich es auch nicht.“»
«Kimi liebt den Rennsport durch und durch. Er wird sich bei uns wohlfühlen. Er wohnt nicht weit vom Werk entfernt und wird viel Zeit bei uns verbringen. Einer der ersten Sätze bei unserem Gespräch war: „Das ist prima, dann kann ich oft bei euch vorbeischauen.“ Ich spüre, wie er in die Arbeit eingebunden werden will. Und dazu stehen bei uns alle Türen offen. Ich sehe ihn auch als Motivator fürs Team. Es ist eine grosse Kiste, einen Weltmeister und 20fachen GP-Sieger zu verpflichten. Diese Saison hat überdies bewiesen, dass er nichts von seinen Fähigkeiten eingebüsst hat.»
Kimi Räikkönen ist 2018 WM-Dritter geworden, hat in Monza vor den Tifosi seinen Ferrari auf die Pole-Position gestellt und in Texas den ersten GP-Triumph nach fünfeinhalb Jahren eingefahren. Sky-GP-Experte Martin Brundle: «Ich würde nicht so weit gehen und Kimi 2019 im Sauber weitere Siege zutrauen, aber einige dicke Überraschungen wird er uns wohl servieren.»
Was meint Kimi selber? Der 21fache GP-Sieger weilt an diesem Wochenende in St. Petersburg, um an der Preisverleihung des Automobilweltverbands FIA teilzunehmen. Dabei sagt Räikkönen: «Klar hat das heutige Sauber nur wenig mit jenem Rennstall zu tun, für den ich 2001 gefahren bin. Aber Sauber besitz alle Werkzeuge, um einen grossartigen Rennwagen zu bauen, angefangen beim fabelhaften Windkanal. Wir haben 2019 den Ferrari-Motor, das ist eine sichere Bank. Ich erkenne keinen Grund, der gegen gute Resultate spricht.»
Beim Saisonabschlusstest in Abu Dhabi sass Kimi bereits einen Tag lang im Sauber. «Für mich war es wichtig herauszufinden, wie sich der Wagen anfühlt und ob es etwas gibt, auf das wir sofort reagieren müssen. Aber alles lief sehr unkompliziert.»
«Der Wagen hat sich vergleichbar angefühlt damit, was ich vom 2018er Ferrari gewohnt war. Klar ist es ein anderes Auto, aber das Fahrgefühl ist nicht komplett verschieden. Wir haben in Abu Dhabi jedoch lediglich Reifen getestet, es ist bei solchen Probefahrten nicht erlaubt, an der Abstimmung zu arbeiten. Als erster Eindruck war das voll in Ordnung.»
Kimi Räikkönen war 2001 bis 2009 bei Sauber, McLaren und Ferrari an der Arbeit, dann nahm «Iceman» eine Formel-1-Auszeit. 2012 gab er sein GP-Comeback, fuhr zwei Jahre lang für Lotus, dann kehrte er in den Schoss von Ferrari zurück. Durch den Zweijahresvertrag mit Sauber wird 2020 seine 18. GP-Saison sein. Er wird somit den Rekord von Rubens Barrichello für die meisten Formel-1-Einsätze brechen (326). Dann ist Kimi nicht nur «Iceman», sondern auch «Marathon Man».