Formel 1: «Dumme Regel half Verstappen»

Jos Verstappen über Max: Mit Honda in Top-3

Von Rob La Salle
​4. März 2019: Der Niederländer Jos Verstappen ist 47 Jahre alt. Vor der neuen Formel-1-Saison spricht der 107fache GP-Teilnehmer über die kommende Saison seines Sohnes Max mit Red Bull Racing-Honda.

Happy Birthday, «Jos the Boss»: Jos Verstappen ist am 4. März 2019 47 Jahre jung geworden. Von Interlagos 1994 bis Suzuka 2003 nahm er an 107 WM-Läufen teil, 1994 wurde er WM-Zehnter. Eine seltsame Parallele, wenn wir an seinen Sohn Max im Red Bull Racing-Honda von 2019 denken: Vor zwanzig Jahren testete Jos einen reinrassingen Honda-GP-Renner, als fahrendes Labor unter der Leitung von Dr. Harvey Postlethwaite. Dann verstarb der Engländer an Herzversagen, das Honda-Projekt wurde eingestellt.

2019 wird doch noch ein Verstappen mit Honda am Start stehen, aber nicht Max, sondern sein Sohn Jos: Die Wintertests auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya sind ermutigend verlaufen, wie Verstappen, der Ältere, auf der Webpage von Max verstappen.nl bestätigt. «Max ist zufrieden, wie sich der Wagen anfühlt und wie die Dinge laufen, also denke ich positiv.»

Jos Verstappen hat beobachtet «wie ruhig und organisiert die Japaner arbeiten. Zudem ist das erst der Anfang, da kommt noch mehr.» Zu Jos’ Zeiten wurde ohne Einschränkung gestetet. Er weiss: «Irgendwann wurde das abgeschafft, und die Teams begannen, nach anderen Wegen zu suchen, wie sie testen konnten. Anstatt auf der Strecke zu fahren, wird halt nun vermehrt im Simulator gearbeitet. Sie passen das Auto schon auf die Strecke an, bevor die Rennlaster zu den Pisten reisen. Das klingt unglaublich, ist aber wahr. Max kann einen Wagen testen, und am nächsten Tag sitzt er im Simulator, um die Erkenntnisse zu vergleichen. Das ist die Zukunft.»

Es klingt verblüffend, aber mit 22 Jahren wird Max Verstappen in Austin seinen 100. Grand Prix bestreiten. Jos findet: «Max ist noch immer sehr jung, er ist jünger als ich zu Beginn meiner Karriere! Und dennoch wird er bald hundert Rennen bestritten haben. Ich würde sagen, er ist ein erfahrenes Talent.»

Max Verstappen macht kein Geheimnis daraus, dass es zu Beginn der Saison 2018 eine steinige Phase gab. Die Gespräche mit seinem Vater haben ihm viel geholfen. Jos meint: «Ich rede mit Max über alles. In der schwierigen Zeit Anfang letzten Jahres haben wir auch darüber gesprochen, aber eigentlich war mit ihm nichts Gravierendes los. Es war eher die Aussenwelt, welche die Situation zu einem Problem machte. Vielleicht hatte ich nach Monaco das lauteste Gespräch mit ihm, aber ansonsten ging es nur um Details. Wenn du siehst, wie er dieses Jahr beginnt, ist es einfach perfekt.»

Im Spätsommer und Herbst 2018 fuhr Verstappen bärenstark, es gab eine Reihe hervorragender Ergebnisse, da konnte nur noch Weltmeister Lewis Hamilton mithalten. Jos Verstappen: «Er war in der Tat sehr stark, aber er musste immer Risiken eingehen, um diese Ergebnisse zu erzielen. Wenn du Risiken eingehst, kann alles passieren. Es ist auch einfacher, wenn man aus der ersten Reihe starten kann, weil man nicht so viel Risiko eingehen muss. Und beim Überholen ist Max wirklich der Beste.»

Wenn wir schon beim Thema sind: Werden die neuen Flügel das Überholen erleichtern? Jos ist skeptisch: «Ich glaube nicht, dass sie einen Unterschied machen. Wenn man sich die Rundenzeiten ansieht, sind die etwa gleich schnell wie Ende letzten Jahres.»

Es ist im Laufe der letzten Jahre aufgefallen, wie sehr sich Jos Verstappen zurückgenommen hat. Aus einem einfachen Grund: «Ich muss nicht hier sein, um zu sagen, was Max zu tun hat. Er weiss das besser als ich. Es sind eher die kleinen Dinge, die ich bemerke. Ich sage auch nicht, dass er etwas auf eine bestimmte Weise tun muss, aber wir reden darüber. Das ist mehr als genug.»

Wie erklärt sich der Vater von Max den ständig wachsenden Zulauf im Fanclub seines Sohnes? «Ich glaube, es fing damit an, dass er eben so jung war, aber er fährt halt auch spektakulär. Er wirkt wie ein normaler Kerl und sagt ehrlich, was er denkt. Ich denke, die meisten Leute mögen das. Er ist sympathisch und unkompliziert. Ausserdem ist er derjenige, der auf der Strecke Action macht. Ich denke, das spricht die Menschen an.»

«Ich selber habe es immer genossen, meinem Sohn zuzusehen, und finde es immer noch aufregend, wenn Max ein Rennen bestreitet. Ich bemerke das tief in meinem Bauch, das ist ein Gefühl, das ich vorher nicht hatte, als ich selber noch fuhr.»

«Am Anfang musste sich Max beweisen. Es ist schön, wenn man in die Formel 1 kommt, aber man muss vor allem darauf achten, dass man dort auch bleibt. Deshalb denke ich, dass es am Anfang viel intensiver und aufregender war. In diesem Bereich ist es jetzt etwas entspannter. Die Rennen selbst werden aber immer spannend sein.»

Früher reisten Jos und Max zu Kartrennen, nun zu Grands Prix. Verstappen blickt zurück: «Das war eine tolle Zeit mit Max, mit all dem, was wir getan haben, aber ich glaube nicht, dass ich es auf diese Weise noch einmal schaffen könnte. Das hat mich so viel Energie gekostet. Ich habe diese Woche zufällig mit Max darüber gesprochen. Er sagte: „Dad, was wir alles dafür getan haben! Ich denke, ich würde es nicht mehr tun“. Aber es war eine schöne Zeit.»

Für Jos Verstappen heben sich diese Momente hervor: «Als Max Kart-Weltmeister in der Klasse KZ wurde. Vielleicht auch der erste Moment, als er in ein Formel-1-Auto stieg, und dann den Sieg in Barcelona 2016.»

Über eine Parallele mit Honda haben wir gesprochen. Es gibt noch eine andere: Jos Verstappen stand 1998 in Diensten von Stewart Grand Prix und aus diesem Rennstall – via Jaguar – ging Red Bull Racing hervor! Jos findet: «Heute ist alles viel professioneller und ausgewogener. Ich glaube nicht, dass man das wirklich vergleichen kann. Es gibt viel mehr Mitarbeiter, und alles ist klar geregelt. In der Vergangenheit musste man mehr Dinge selbst tun. Die heutige Professionalität eines Formel-1-Rennstalls ist unglaublich.»

Wie sieht Jos Verstappen die kommende Saison mit Max im Red Bull Racing RB15-Honda? «Das ist schwer zu sagen. Das Ziel ist natürlich, Weltmeister zu werden, aber man muss auch realistisch bleiben. Es ist das erste Jahr mit Honda. Schön wäre, wenn er unter den ersten Drei der Weltmeisterschaft kommt und mit Honda ein paar Rennen gewinnt. Ich bin überzeugt, der WM-Titel wird eines Tages kommen, aber dazu muss alles stimmen. Man muss zur richtigen Zeit im richtigen Auto sitzen.»

«Es läuft gut, und wenn man sieht, wie Honda die ganze Geschichte mit Red Bull Racing begonnen hat, ist das super-positiv. Wir freuen uns darauf, und ich denke auch, dass die Popularität der Formel 1 in Japan wieder aufflammt, wenn wir mit Honda gewinnen. Honda hat eine schwierige Zeit hinter sich, und ich hoffe, dass es jetzt nur noch positiver wird und sie das erreichen, was sie so sehr wollen.»

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