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Mattia Binotto (Ferrari): «Wenn Hamilton das glaubt»

Von Mathias Brunner
Mattia Binotto

Mattia Binotto

​Der in der Schweiz geborene Mattia Binotto ist Technikdirektor und Teamchef in Personalunion: Bei den Formel-1-Tests in Spanien spricht der Italiener über die Fortschritte bei Ferrari.

Mattia Binotto, Italiener, aber geboren am 3. November 1969 in Lausanne, Absolvent des Polytechnikums Lausanne für Mechanik, später weitere Ausbildung in Modena zum Fahrzeugingenieur, seit 1995 in Maranello bei Ferrari tätig. Zunächst als Motorenfachmann im Testteam, ab 1997 in der Rennmannschaft. 2004/2005 engagierte sich der Mann mit den zwei Nationalitäten als Renningenieur und arbeitete am Wagen von Rubens Barrichello, stieg dann zum leitenden Ingenieur auf, 2009 zum Chef der Motorenentwicklung. Im Oktober 2013 eine weitere Beförderung: zum stellvertretenden Motorenchef, 2014 erhielt Binotto dann den Posten des in Ungnade gefallenen Luca Marmorini. Dann die Beförderung zum Technikchef, Anfang 2019 schliesslich zum Teamchef. So ganz wohl ist ihm in der Rolle noch nicht, wie seine Körpersprache am Circuit de Barcelona-Catalunya verrät.

Mattia, wie zufrieden seid ihr mit dem Auto? Lewis Hamilton glaubt ja, Ferrari liege um eine halbe Sekunde vorne.

Das waren sehr intensive Tage, deshalb konzentrieren wir uns ganz auf Ferrari, auf die Standfestigkeit, auf die Leistungsfähigkeit. Es ist schön, wenn Hamilton glaubt, dass Ferrari schneller sei. Ich selber erwarte ein ganz starkes Mercedes in Australien. Es wäre völlig falsch, sich in Sicherheit zu wähnen und zu glauben, dass wir locker vorne liegen. Niemand hat hier alles gezeigt. Das wird eine ganz enge Kiste, davon gehe ich aus.

Hast du dich daran gewöhnt, Chef zu sein?

Daran werde ich mich wohl nie gewöhnen. Ich fühle eine grosse Verantwortung. Aber zum Glück habe ich ein fabelhaftes Team, das macht meine Aufgabe viel einfacher. Meine Rolle ist so: Alle Mitarbeiter sollen sich derart gut entfalten können, dass ihre gemeinsame Arbeit uns zum Weltmeistertitel führt Die Rollen müssen klar verteilt sein im ganzen Team, angefangen bei den Piloten. Ich vergleiche das oft mit einem Dirigenten, ich sehe mich ein wenig in dieser Rolle. Es liegt gewissermassen an mir, aus den Ferrari-Musikern das Beste zu holen. Ich baue das Auto nicht selber, ich bin der Koordinator. Sehr wenig bei uns hat sich geändert, es sind immer noch die gleichen, tollen Solisten. Ich bin ein Freund von Kontinuität. Daher sind die wichtigsten Posten unverändert geblieben.

Was war die Denke hinter der Ferrari-Stallorder für Vettel?

Das war keine Entscheidung gegen Leclerc oder für Vettel, sondern zum Wohle von Ferrari. Ich finde, auf diese Weise sind von Anfang an die Dinge klar, und es gibt weniger Raum für Missverständnisse oder Fehler. Die beiden dürfen frei fahren. Wir bitten Charles nicht, vom Gas zu gehen. Wir bitten Seb auch nicht, bitteschön Tempo aufzunehmen. Wir haben nur gesagt: Wenn es hart auf hart geht, werden wir je nach Situation auf den erfahrenen Mann setzen. Er soll mit uns Weltmeister werden.

Womit bist du bei den Tests zufrieden, wie steht es um Rückschläge?

Habe ich denn gesagt, dass ich zufrieden bin? Ich bin durchaus nicht zufrieden, wo Ferrari derzeit steht. Ich würde gerne sehen, dass unser Auto schneller ist. Ich würde gerne weniger Defekte sehen. Der Unfall von Sebastian Vettel hat auch Zeit gekostet. Es gibt also jede Menge zu tun. Und wir haben noch nicht mal ein Rennen bestritten. Aber es gibt auch Aspekte, mit welchen ich zufrieden bin – etwa in der Art und Weise, wie die Arbeit begonnen hat. Das Auto reagiert genau so, wir wir uns das vorgestellt hatten. Der Wagen ist sehr gut balanciert, das heisst, die Fahrer können beim Bremsen und Kurvenfahren volles Vertrauen ins Auto aufbauen. Der Wagen liegt in jeder Art Kurve gut, schnell wie langsam. Aber wenn ein Fahrzeug in Barcelona gut auf der Strasse liegt, heisst das noch lange nicht, dass es auf anderen Pisten auch so sein wird. Jede Strecke ist wieder anders.

Ist Ferrari nach den Tests besser aufgestellt als vor einem Jahr?

Das ist schwer zu vergleichen, weil uns 2018 das Wetter ein wenig im Stich gelassen hat. Ihr erinnert euch gewiss an den Schnee. Der Vergleich hinkt also. Wir hatten einige Probleme in Sachen Standfestigkeit, dazu der Unfall von Seb. Das Programm ist also nicht reibungslos verlaufen.

Ist das Problem am Auspuff bei Leclerc am Donnerstag Anlass zur Besorgnis?

Nein, das war eines jener Problemchen, das sehr schnell aus der Welt geschaffen war. Stehengeblieben ist der Wagen trotzdem. Restlos bereit bist du letztlich nie vor einem Saisonstart.

Gibt es zum Unfall von Vettel einen Nachsatz?

Wir haben die Ursache als Felgenversagen wegen Fremdeinwirkung eingekreist, aber wir sehen uns das im Detail nochmals an. Solche Dinge kannst du nicht verhindern.

Du hast eine Doppelrolle. Was würde der Technikchef Binotto dem Teamchef Binotto sagen?

Dass wir erheblich stärker werden müssen, um Weltmeister zu werden. Wir dürfen uns nie zufriedengeben. Für den Titel reicht es nicht, auf Augenhöhe mit den Anderen zu sein, wir müssen besser sein. Dort sind wir nicht. Aber da wollen wir hin. Die Standfestigkeit spielt dabei eine elementare Rolle, jedes Rennen ist gleich wichtig. Du kannst dir keine Ausfälle leisten.

Würdest du darauf wetten und behaupten: Wir sind in Australien siegfähig?

Auf so etwas würde ich nie Geld setzen, ich bin ohnehin kein Spieler, habe ich nie getan. Aber wenn ich gezwungen würde, dann würde ich auf Ferrari setzen.

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