Formel 1, adieu? Mercedes-Benz dementiert Ausstieg
Lewis Hamilton und Ola Källenius
Als klar wurde, dass Daimler-Vorstandschef Dieter Zetsche im Mai 2019 abtreten würde, ersetzt durch den bisherigen Entwicklungsleiter Ola Källenius, begannen die Fragen der Renn-Fans: Was ändert sich, wenn der bekennende Rennfan Zetsche geht? Müssen wir uns um die Zukunft von Mercedes-Benz in der Formel 1 Sorgen machen? Zetsche war seit Januar 2006 Daimler-Chef.
Mercedes-Star Lewis Hamilton sagte uns damals: «Ich kenne Ola seit bald zwanzig Jahren. Ich schätze seine Arbeit im Vorstand sehr. Er empfindet für den Rennsport eine so tiefe Leidenschaft wie Dieter. Also glaube ich nicht, dass sich an unserem Engagement im Sport viel ändern wird.»
«Dieter Zetsche war für eine gewaltige Investition in die Formel 1 verantwortlich. Ohne ihn würden wir heute nicht als mehrfache Weltmeister dastehen. Er und Ola hatten viel Einfluss auf den Vorstand. Es kann vorkommen, dass Vorstände eher unternehmensbezogen denken und kaum Rennleidenschaft entwickeln. Aber bei Mercedes ist das ganz anders.»
«Ich bekomme von ihnen ständig Nachrichten, sie kommen häufig zu Grands Prix. Ich weiss, dass unser Teamchef Toto Wolff im laufenden Rennen ständig SMS erhält. Sie sitzen zuhause am Rande ihrer Sessel und fiebern mit. Ich finde es fabelhaft, mit welchem Herzen sie bei der Sache sind.»
Auch Toto Wolff beteuerte damals, dass der Wechsel an der Konzernspitze keine Auswirkungen auf das Rennprogramm habe. «Ola sitzt seit geraumer Zeit im Vorstand. Er war Chef von ‘Mercedes High Performance Engines’, also von unserem Rennmotorenwerk in Brixworth, er war Geschäftsleiter von AMG. Ich habe ein ausgezeichnetes Verhältnis zu ihm und zu Dieter, der ja nicht geht, sondern es eine Weile etwas ruhiger angehen lässt, bevor er 2021 in den Aufsichtsrat wechselt. Der neue Mercedes-Chef bedeutet Stabilität für unser Formel-1-Projekt.»
Vor kurzem ist in England von der Fachzeitschrift Autocar und dem Portal racefans.net berichtet worden: Am 12. Februar fände eine Sitzung des Daimler-Vorstands statt, dabei werde der Abschied aus der Formel 1 für Ende 2020 beschlossen – ein Adieu vom Werksrennstall, der angeblich an Aston Martin verkauft werde.
Das Dementi folgt postwendend: Gegenüber unserem Kollegen Alan Baldwin von der Nachrichtenagentur Reuters sagt Ola Källenius, es sei «nicht wahr», dass sich Mercedes auf den Formel-1-Ausstieg vorbereitet. Zudem sei am 12. Februar überhaupt keine Vorstandssitzung angesetzt.
Wahr ist hingegen, dass Mercedes sparen muss. In schönster Manager-Sprache verkündete Källenius im vergangenen November «umfassende Massnahmen zur Effizienz-Steigerung, in allen Bereichen des Unternehmens». Übersetzt heisst das: Gürtel enger schnellen, sparen. Bis 2022 sollen die Personalkosten um 1,4 Milliarden Euro runter. Ola Källenius: «Um auch zukünftig erfolgreich zu sein, müssen wir jetzt handeln.»
Der Schwede sagte damals auch, ein Austieg aus der Formel 1 sei «derzeit kein Thema». Klar blieben die aufmerksamen Zuhörer am Wörtchen «derzeit» hängen. Das lässt viel Raum für Spekulation offen.
Teamchef Toto Wolff ist viel zu sehr Realist, um die Situation nicht ausgewogen zu beleuchten. Er meinte nach den Worten von Källenius Mitte November: «Im Moment gibt es keine Hinweise, wonach wir irgendetwas anders machen wollen. Es gibt kein Zieldatum für eine entsprechende Vorstandsentscheidung. Weil im Moment alle Weichen so gestellt sind, dass wir langfristig an der Plattform Formel 1 teilnehmen.»
Klar wäre ein denkbares Szenario der Rückzug des Werksrennstalls, aber die Beibehaltung der Rolle als Motorenlieferant – zumal über 2020 hinaus bereits entsprechende Verträge mit McLaren und Williams unterzeichnet worden sind.
Toto Wolff weiter: «Wir haben vier Teams, die wir beliefern, uns eingeschlossen. Es gibt nur schwanger oder nicht schwanger, nicht halbschwanger. Entweder wir nehmen an dieser Plattform teil oder nicht.»