Formel 1: Max Verstappen – alles für die Katz

Martin Brundle: «Ferrari so zu sehen, das tut weh»

Von Rob La Salle
​Der langjährige Formel-1-Fahrer Martin Brundle (61) analysiert die Situation der drei Top-Teams Mercedes-Benz, Red Bull Racing und Ferrari. Der Engländer sagt: «Ferrari so zu sehen, das tut weh.»

Die ersten drei WM-Läufe sind über die Bühne gegangen, es ist an der Zeit, einmal tief Luft zu holen, bevor es ab 2. Augusst mit dem nächsten GP-Dreierpaket weitergeht – Silverstone, nochmals Silverstone, dann Barcelona.

Der 158fache GP-Teilnehmer Martin Brundle, heute Formel-1-Experte der britsichen Sky, zieht in seiner Kolumne folgende Zwischenbilanz: «Der unfassbare Speed des Mercedes in Ungarn hat die Gegner hart auf den Boden der Tatsachen zurückgebracht. Ich habe noch nie einen Rennwagen gesehen, der so am Boden klebt. In schwierigen Kurven wie Nummer 4 oder 11 auf dem Hungaroring mussten Lewis Hamilton und Valtteri Bottas kaum vom Gas.»

«Wir sollten die Exzellenz von Mercedes feiern, aber ehrlich gesagt, rutschte mir für die Konkurrenz das Herz in die Hose. Mercedes hat es geschafft, innerhalb von sieben Jahren ihre eigenen, überlegenen Hybrid-Rennwagen um zehn Sekunden pro Runde schneller zu machen.»

«Ferrari hat aufgrund eines engmaschigeren Reglements sehr viel Motorleistung verloren, und Red Bull Racing scheint derzeit auf dem Schlauch zu stehen, was das Verständnis der eigenen Aerodynamik angeht, ich hoffe für RBR, das ist nur vorübergehend.»

«Ferrari auf dem fünften Platz der Markenwertung zu sehen, das tut weh. Aber frei heraus, hält sich mein Mitleid in Grenzen. Denn es wird offensichtlich, dass sie im vergangenen Jahr das Reglement bis zum Äussersten ausgereizt und sich punkto wahrer Leistungsfähigkeit damit selber getäuscht haben.»

«Wenn wir wissen, dass wegen der Coronakrise die Autos 2021 kaum verändert weiterverwendet werden, kommen wir zum Schluss: Es wird eine Weile dauern, bis Ferrari wieder an der Spitze auftaucht.»

Brundle, Sportwagen-Weltmeister 1988 und Le Mans-Sieger 1990, sagt weiter: «Max Verstappen hat es geschafft, bei der Paraderunde von der Bahn zu rutschen, worauf eine Spurstange und ein Querlenker links vorne beschädigt wurden. Wir haben in der Formel 1 eine Regel, wonach ein Auto fünf Minuten vor dem Start bereitstehen muss, mit angeschnallten Rädern. Dass es seine Mechaniker geschafft haben, 25 Sekunden vor Ablauf dieser Frist die Reparatur zu vollenden, das erfordert anhaltenden Applaus.»

«Wie Verstappen in der Folge zwischen den starken Mercedes ins Ziel kam, das war rundweg sensationell, auch wenn er zu diesem Ergebnis einen Steilpass von Bottas erhielt, der den Start vermasselte. Auf trockener Bahn sind derzeit nur das ungeheuerliche Talent und die tiefe Entschlossenheit von Max Voraussetzungen, um Mercedes in Bedrängnis zu bringen.»

«Valtteri Bottas war nach dem Rennen ziemlich deprimiert, Lewis war zum zweiten Mal in Folge der schnellere Mann, und die WM-Führung ist der Finne auch los. Wie ich aus eigener Erfahrung weiss: Es steht einem fast immer ein Mann wie Ayrton Senna, Michael Schumacher oder eben Lewis Hamilton vor der Sonne. Und das wird sich kaum ändern, wenn wir nach Silverstone ziehen. Dort wird Mercedes die Konkurrenz erst recht das Fürchen lehren.»

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