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Formel-1-Ersatzfahrer: Sprungbrett & Karriere-Killer

Von Gerhard Kuntschik
​Lewis Hamilton ist positiv auf den Coronavirus getestet. Jetzt kann sich Mercedes-Junior George Russell im besten Auto beweisen. Für Ersatzfahrer wurden solche Einsätze zum Sprungbrett oder zum Karriere-Killer.

Jetzt kann George Russell allen zeigen, was wirklich in ihm steckt: Lewis Hamiltons positiver Corona-Test wird am Wochenende im zweiten Rennen in Bahrain zur Riesenchance für den Mercedes-Protégé George Russell, der nach zwei Jahren bei Williams und Tests für Mercedes ausreichend Formel-1-Erfahrung besitzt.

Für Mercedes ist das – bei entschiedener Weltmeisterschaft – eine prächtige Chance, den jungen Engländer unter Rennbedingungen zu evaluieren. Doch wie schnitten bisher Formel-1-Ersatzleute bei oft kurzfristigen Einberufungen ab, nützten sie immer ihre Chance? Unsere Liste zeigt: Von beschleunigten Karriere-Enden bis zum Beginn einer Traumkarriere ist alles drin. Ein Rückblick ohne Gewähr auf Vollständigkeit.

Nico Hülkenberg 2020
Der 33jährige Deutsche fand nach 177 Formel-1-Rennen für Williams, Sauber, Force India und Renault für 2020 keine Berücksichtigung als Stammfahrer mehr, wurde aber für die aktuellen Racing Point-Piloten Sergio Pérez und Lance Stroll zwei Mal kurzfristig als Ersatz geholt. Der Emmericher eroberte als Siebter im zweiten GP in Silverstone und als Achter auf dem Nürburgring (wo er kein freies Training fahren konnte) dank seiner langjährigen Erfahrung zehn WM-Punkte. Damit ist er vor dem vorletzten Saisonlauf in Bahrain 15. der WM-Wertung.

Jenson Button 2017
Sag niemals nie: Ende 2016 war der Weltmeister von 2009 aus der Formel 1 zurückgetreten, blieb aber Ersatzmann bei seinem letzten GP-Team McLaren. Als Fernando Alonso Ende Mai 2017 sein Debüt in den 500 Meilen von Indianapolis gab, sprang Button beim zeitgleichen Monaco-GP ein, schied aber aus.

Stoffel Vandoorne 2016
Der McLaren-Testfahrer sprang in Bahrain für den in Melbourne verletzten Fernando Alonso ein und wurde in seinem Formel-1-Debüt Zehnter und holte damit auf Anhieb seinen ersten Punkt.

Christian Klien 2010
2006 war die Red Bull-Zeit des Vorarlbergers nach 46 Rennen vorbei. 2010 wurde er gegen Saisonende von HRT in Singapur als Ersatz für den Japaner Sakon Yamamoto geholt und war auf Anhieb schneller als Teamkollege Bruno Senna, fiel aber aus. In Brasilien und Abu Dhabi hatte er keine Chance, in die Nähe der Punktränge zu kommen. Sein letztes Rennen war auch das vorderhand letzte eines Österreichers in der Königsklasse.

Luca Badoer und Giancarlo Fisichella 2009
Als der Italiener Luca Badoer 1992 die Formel-3000-Meisterschaft gewann (heute Formel 2), galt er als grosse Hoffnung der Tifosi. Von 1993 bis 1999 (mit Unterbrechungen) fuhr er für die Scuderia Italia, Forti und Minardi meist chancenlos hinterher. Von Ferrari wurde er schon 1998 als Testfahrer verpflichtet und blieb dies bis 2010.

Als sich Michael Schumacher 1999 in Silverstone einen Beinbruch zuzog, kam aber nicht er zum Zug, sondern der Finne Mika Salo. 2009 überlebte Ferrari-Star Felipe Massa den Unfall in der Qualifikation in Ungarn, als eine Schraubenfeder des BrawnGP-Rennwagens von Rubens Barrichello seinen Helm durchschlug und nur knapp das Auge verfehlte. Als Ersatz wurde Badoer von Ferrari eingesetzt, weil ein Comeback von Michael Schumacher wegen dessen Motorrad-Unfalls mit Nackenverletzung scheiterte.

Nach zwei Einsätzen, die blamabel verliefen (Vorletzter in Valencia, Letzter in Spa) war Badoers Renncomeback nach zehn Jahren mit nur zwei Einsätzen beendet. Statt ihm wurde mit Giancarlo Fisichella ein anderer Italiener aufgeboten, der zuvor mit Force India Zweiter in Belgien geworden war – doch auch Wurz’ Ex-Benetton-Kollege blieb im Ferrari punktelos, auch seine F1-Rennkarriere war damit beendet.

Sebastian Vettel 2007
Nach dem schweren Unfall von Robert Kubica in Montreal wurde der damals 19jährige Sebastian Vettel von BMW-Sauber für den US-GP in Indianapolis nominiert. Der Deutsche wurde Achter und holte damit einen WM-Zähler. Damit war er damals nicht nur der jüngste Pilot in den Punkträngen, er setzte auch einen anderen Massstab: Als Freitag-Testfahrer von BMW-Sauber war er in der Türkei nach neun Sekunden zu schnell in der Boxengasse – und so schnell hatte noch nie ein Rookie eine Strafe ausgefasst. Schon ab dem Ungarn-GP 2007 war Vettel Formel-1-Stammpilot, als er in der Scuderia Toro Rosso den gefeuerten Scott Speed ersetzte.

Pedro de la Rosa 2005
Der Katalane, der von 1999 bis 2002 für Arrows und Jaguar fuhr, wurde danach Testfahrer bei McLaren. Als sich Juan Pablo Montoya im Frühjahr beim «Tennisspielen» (inoffiziell war er auf einer Motocross-Maschine wohl zu übermütig) an der Schulter verletzte, sprang de la Rosa ein, schlug in Bahrain Teamkollegen Kimi Räikkönen im Qualifying und wurde respektabler Fünfter mit schnellster Rennrunde. Als Montoya Mitte 2006 McLaren in Richtung NASCAR-Serie verliess, wurde de la Rosa erneut befördert und kam auf dem Hungaroring als Zweiter zu seinem einzigen Formel-1-Podestrang. Drei weitere Jahre vergingen, ehe er 2010 bei Sauber wieder Stammfahrer wurde. Mit 41 beendete er 2012 seine F1-Laufbahn im Nachzügelteam HRT.

Alexander Wurz 1997 und 2005
Als Gerhard Berger in seiner letzten Formel-1-Saison 1997 durch gesundheitliche Probleme gehandicapt war und sogar ins Spital musste, schlug die Stunde für Benetton-Testfahrer Alex Wurz. In Kanada, Frankreich und Grossbritannien kam der damals 23-Jährige zu den ersten Einsätzen und wurde schon im dritten in Silverstone Dritter. Von 1998 bis 2000 blieb Wurz Stammpilot bei Benetton und wurde 2001 Testfahrer bei McLaren. Durch Montoyas Verletzung kam er 2005 zu einem Renncomeback, wurde in Imola sogar Dritter (allerdings nach Platz 4 im Ziel, erst durch Disqualifikation von Jenson Button, als Dritter angekommen, wegen Untergewichts seines BAR-Honda). 2006 wechselte er, wieder als Testfahrer, zu Williams und wurde dort 2007 sogar wieder Stammpilot – mit einem neuerlichen Podestplatz in Montreal.

Mika Salo 1999
Der Finne war von 1995 bis 1998 Stammpilot in der Formel 1 und kam 1999 gleich in zwei Teams als Ersatz zum Einsatz: Zuerst bei British American Racing für den verletzten Ricardo Zonta, ab dem Sommer auf dem A1-Ring im Ferrari für den in Silverstone verunglückten Schumacher (Beinbruch). Im zweiten Rennen für die Scuderia wurde er in Hockenheim Zweiter, wobei er den Sieg an Teamkollegen Eddie Irvine nur durch Stallorder verlor. In Monza wurde er Dritter, mit diesen Resultaten verhalf Salo Ferrari zum Gewinn der Konstrukteurs-WM 1999, obwohl sein Landsmann Mika Häkkinen im Duell mit Irvine den Fahrertitel eroberte.

David Coulthard 1994
Als nach Ayrton Sennas tödlichem Unfall in Imola ein Platz bei Williams frei war, rückte der junge Testfahrer David Coulthard nach. Der Schotte blieb für 246 Rennen bis 2008 in der Formel 1, wurde 2001 WM-Zweiter und gewann 13 Grands Prix.

Michael Schumacher 1991
Das vielleicht kurioseste Formel-1-Debüt aller Zeiten: Zuerst war das Jordan-Cockpit von Bertrand Gachot vor dem belgischen GP frei geworden, weil der belgisch-französische Doppelbürger in London nach einer Handgreiflichkeit mit einem Taxifahrer kurz ins Gefängnis musste – wegen unerlaubten Einsatzes eines Pfeffersprays. Dann ermöglichte ein Deal zwischen Mercedes-Sportchef Jochen Neerpasch, Sportwagen-Teamchef Peter Sauber (der die Mercedes-Junioren in der Sportwagen-WM einsetzte) und Eddie Jordan die Premiere von Michael Schumacher in Spa-Francorchamps. Schumacher brillierte im Training, scheiterte gleich nach dem Start an der Kupplung und wurde schon fürs nächste Rennen in Monza von Benetton-Teamchef Flavio Briatore abgeworben. Der Rest ist Geschichte.

Patrick Tambay 1982
Der tödliche Unfall von Gilles Villeneuve in Zolder brachte dem Franzosen, der 1977 in der Formel 1 debütiert hatte, ein Comeback, bei dem er im vierten Rennen in Hockenheim den ersten Sieg holte. Ein weiterer folgte 1983 in Imola. In beiden Saisons verhalf Tambay Ferrari zum Konstrukteurstitel. Dennoch wurde er 1984 durch Michele Alboreto abgelöst.

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