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Stefan Bellof vor 40 Jahren: «Wo ist der Kübel?»

Von Rainer Braun
Stefan Bellof hatte alles, was einen Siegfahrer ausmacht: Unfassbares Talent, eiserne Entschlossenheit, Charisma. Am heutigen 21. Juni sind es 40 Jahre her, dass der Giessener ein verblüffendes Debüt in der Formel 3 gab.

Am 21. Juni 2021 jährt sich zum 40. Mal jener denkwürdige Formel-3-Auftritt des jungen Rennfahrers Stefan Bellof (damals 23) beim Flugplatzrennen in Wunstorf, der den Anfang einer grandiosen Karriere markierte.

Man hätte es ja schon erahnen können, denn ein paar Wochen zuvor war Bellof bereits ein sensationeller Gaststart beim Formel Super V-EM-Lauf in Mainz-Finthen vorausgegangen, beim dem die amtierenden Super-Männer Nielsen, Persson & Co. ziemlich alt aussahen.

Schon damals fiel BMW-Sportchef Dieter Stappert als Beobachter an der schnellen Schikane auf, «dass dieser Bursche ja fast gar nicht bremst».

Auch der Renntag in Wunstorf begann in aller Frühe mit einem weiteren Super V-Gaststart, in einem Ralt RT5 des Lechner-Teams. Wie selbstverständlich fuhr Bellof wieder auf und davon und ließ sich als Sieger feiern.

Auch hier berichtete ein Sachrichter, postiert an der schnellen Schikane auf der Gegengeraden, entgeistert von extrem späten Bremsmanövern des gelben Super V mit der Startnummer 3. Und auch Super V-Teamchef Walter Lechner war geplättet: «Wenn du dem Bellof in der Bremszone zuguckst, wird dir schwindlig.»

Immer wieder hatte ich bei meinem alten Freund und Formel-3-Rennstallchef bei Bertram Schäfer darauf gedrängt, den Stefan doch wenigstens mal ein Rennen fahren zu lassen.

Wenige Tage vor dem Wunstorf-Termin rief Bertram tatsächlich an und verkündete die freudige Botschaft: «Der Bellof kann in Wunstorf unser drittes Auto kostenlos fahren; wir haben da noch einen Toyota-Motor aus dem Vorjahr gefunden. Aber was er kaputtmacht und von der Rennkasko nicht gedeckt ist, muss er selbst zahlen.»

Für Tests blieb keine Zeit.

Stefan freute sich auf seinen ersten Formel-3-Auftritt wie ein kleines Kind. Vorher bat ich ihn inständig, den guten Bertram nicht mit seiner rustikalen Art zu erschrecken und vor allem bitte das Auto ganz zu lassen. Trotzdem begrüßte er den Teamchef im Fahrerlager von Wunstorf ziemlich respektlos: «Tach, ich bin der Bellof. Wo ist der Kübel, den ich hier fahren soll?»

Was Stefan dann bei seinem Formel-3-Debüt zeigte, kam einem Erdbeben gleich.

Locker fuhr der Mann mit dem ansteckenden Lachen in beiden Trainings-Sessions Bestzeit, im ersten Qualifying sogar gleich fast drei Sekunden schneller als der Zweitplatzierte.

Die Titelaspiranten Frank Jelinski und Franz Konrad verstanden die Welt nicht mehr. Man ließ Zeiten nachprüfen, befragte Schikanen-Sachrichter, aber es blieb dabei: Alles sauber und korrekt. Im ultimativen Schlusstraining schob sich dann Bellofs Teamkollege Jelinski noch bis auf drei Zehntelsekunden heran, was für eine komplette erste Startreihe der Schäfer-Jungs in den Ralt-Toyota reichte.

Ab Mittag goss es in Wunstorf wie aus Eimern. Allen war klar, dass das Formel-3-Rennen auf überfluteter Piste stattfinden würde.

Stefan Bellof fuhr schon bis zur ersten Linkskurve (damals wurde der Flugplatz noch gegen den Uhrzeigersinn umrundet) einen kleinen Vorsprung heraus, bremste wie üblich später als spät und donnerte über eine Aquaplaning-Pfütze mit Schmackes in die Strohballen.

Das ganze Feld passierte den Havaristen, der sich nur mühsam aus der nassen Wiese befreien konnte. Und dann ging’s erst mal richtig los.

Die folgenden zehn Runden bis zum Ziel wurden zur einzigen, gigantischen Gala-Vorstellung des Stefan Bellof. Runde um Runde kassierte er drei oder vier Konkurrenten, an denen er nicht nur mal eben vorbeifuhr, sondern förmlich vorbeiflog.

Am Ende fehlten neun Sekunden zum Sieg, er eroberte Rang 2, dazu die mit Abstand schnellste Runde.

So etwas hatte ich noch nie zuvor gesehen.

Ich saß an diesem denkwürdigen Tag am Streckenmikrofon und habe das Rennen kommentiert – mit Gänsehaut. In solchen Momenten ist es wirklich schwer, als Reporter neutral zu bleiben.

Bei meinen früheren Schützlingen Markus Höttinger (DRM-Sieg im BMW 320 beim ersten Nordschleifenstart 1978) und Hans-Georg Bürger (legendäre BMW M1-Procar-Premiere 1979 in Hockenheim) ging es mir ganz ähnlich.

Ab diesem Juni-Wochenende 1981 in Wunstorf war ich jedenfalls fest davon überzeugt, dass mit dem großen Blonden ein ganz besonderer, außergewöhnlicher Rennfahrer heranwächst. Einer, der später mal alles und alle dominieren kann.

Ob alsbald im Formel 2 oder im Porsche 956-Sportwagen – auch in jedem dieser Autos gelangen Stefan jeweils gleich beim ersten Start Auftaktsiege.

Sogar in der Formel 1 verschaffte er sich sofort Respekt und Anerkennung.

Noch bevor er sein erklärtes Ziel, den Formel-1-WM-Titel, verwirklichen konnte, endete Bellofs Rennfahrer-Leben am 1. September 1985 in den Trümmern eines Porsche 962-Sportwagens in der Eau-Rouge-Senke von Spa.

«Stefan war einer vom anderen Stern», würdigte ihn sein Tyrrell-F1-Teamkollege Martin Brundle. «Er wäre auf Jahre hinaus der große Herausforderer von Ayrton Senna geworden. Und diesen beiden hätte die Zukunft gehört.»

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