Rosberg düpiert Hamilton: «Ein perfekter Ausgang»
Jubel bei Nico Rosberg
Nico Rosberg machte keinen Hehl aus seinen Gefühlen. Der frühere Formel-1-Weltmeister tollte wie ein kleines Kind durch den Schlamm rund um eine ehemalige Militärbasis, lachte, jubelte, schrie seine Freude heraus. Komplett eingesaut ließ er dann mit seinen Fahrern Johan Kristoffersson und Molly Taylor den Champagner spritzen.
Denn Rosberg hat ein neues Kapitel Motorsport-Geschichte erfolgreich mitgeschrieben, sein Rennstall Rosberg X Racing ist erster Champion der neuen Rennserie Extreme E.
«Wir freuen uns sehr, dass wir die ersten Extreme-E-Champions sind, und ich bin sehr stolz auf das gesamte Team», sagt Rosberg. «Das Team hat die ganze Saison über hart gearbeitet und konstant gute Leistungen erbracht und ist an einigen der entlegensten Orte der Welt gefahren. Champions zu sein ist eine große Ehre.»
Was dabei besonders süß schmeckt: Der Triumph gelang in einem dramatischen Duell mit seinem früheren Formel-1-Widersacher Lewis Hamilton. Der Brite wiederum musste nach dem bitteren Finale in der Königsklasse mit der Niederlage gegen Max Verstappen eine Woche später gleich die nächste Titelpleite einstecken.
Und das auch noch gegen Rosberg. Da dürften bei Hamilton sofort wieder Erinnerungen wach werden an die Jahre 2014 bis 2016, als beide in der Formel 1 bei Mercedes den «Krieg der Sterne» austrugen. Die einstigen Jugendfreunde schenkten sich auf und abseits der Strecke nichts, aus den Kart-Kumpels wurden erbitterte Rivalen. Mit allem, was dazugehört: Ob nun Psychospielchen, Unerlaubtes oder teaminterne Crashs – Rosberg und Hamilton bedienten die komplette Klaviatur der Team-Feindschaft.
2014 und 2015 wurde Hamilton Weltmeister, mit dem Titelgewinn 2016 feierte Rosberg sein ganz persönliches Happy End, mit dem er von der großen Motorsport-Bühne abtrat und seine aktive Karriere beendete. Seitdem pflegen beide ein Nicht-Verhältnis, selbst zu Fernseh-Interviews kommt es in der Formel 1 trotz der bereits mehrjährigen Experten-Tätigkeit Rosbergs bei RTL und Sky nicht.
Was vor allem an Hamilton liegen soll, der angeblich wenig Lust auf Gespräche mit Rosberg verspürt, selbst wenn es nur um Berufliches geht.
2021 gab es dann aber die «Mini»-Neuauflage als Teamchefs in der neuen Extreme E, einer Rennserie mit elektrischen SUV, die in ihrer Debüt-Saison an Orten wie Saudi-Arabien, Grönland oder auch Großbritannien auf die Folgen des Klimawandels aufmerksam machen und sich für mehr Nachhaltigkeit und Gleichberechtigung einsetzen wollte. Für Rosberg und Hamilton ein grün angestrichenes Prestige-Projekt.
Ins Cockpit setzten sich beide nicht, und es sind als Teamchef fraglos andere Dinge gefordert, es waren also andere Voraussetzungen und beide gingen die neue Aufgabe auch völlig anders an. Während Hamilton bei keinem Rennen vor Ort war und sich zumindest nach außen hin sehr zurückhielt, ließ Rosberg nur ein Rennwochenende vor Ort aus, war dafür dann aber digital bei jedem Meeting dabei. Er war sehr präsent, zeigte die Euphorie und die Motivation, die er in das Projekt steckte, in jedem Interview, bei jedem Event. Rosberg trommelte für die Serie, für die Ziele, und am Ende auch für sich.
Klar wurde aber auch: Die Rivalität, sie ist über die Jahre geblieben. Auf einem anderen Niveau natürlich – Extreme E ist nicht die Formel 1 - aber für Rosberg ist und bleibt es etwas Besonderes, den früheren Weggefährten zu schlagen.
Vor allem dann, wenn es so dramatisch zugeht wie beim Finale am Wochenende im südenglischen Dorset. Denn da waren Rosbergs Team Kristoffersson/Taylor und Hamiltons Mannschaft X44 mit Sebastien Loeb und Cristina Gutierrez in der Endabrechnung punktgleich – nur die Anzahl der Siege (3:1) bescherte Rosberg schließlich den Titel. Und damit Hamilton den nächsten Tiefschlag. Mehr Drama geht kaum – «nicht schon wieder», dürfte sich Hamilton wohl gedacht haben. Er schweigt seit der Pleite gegen Max Verstappen weiter beharrlich, auch zum Extreme-E-Finale hatte er nichts zu sagen.
Dafür aber der strahlende Sieger. «Das Duell zwischen Lewis und mir war cool und sein Team war ein starker Gegner», sagte Rosberg bei F1-Insider. «Verrückt, dass wir am Ende punktgleich mit einem Sieg mehr gewonnen haben – und dann auch noch gegen Lewis», so Rosberg. Er betont: «Weder er noch ich wäre mit dem zweiten Platz zufrieden gewesen. In diesem Fall war es aber ein perfekter Ausgang für uns.»
Und das nicht nur sportlich, denn Rosberg und Co. verfolgen ja auch Ziele abseits der Siege und Titel. «Wir sind zu Extreme E gekommen, um das Bewusstsein für den Klimawandel zu schärfen und die Nachhaltigkeit zu fördern», so Rosberg, «aber auch als Rennteam wollen wir gewinnen, und so werden wir dieses Gefühl für immer in Erinnerung behalten». Vor allem auch wegen Lewis Hamilton.