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Neues Rätsel Racing-Raritäten: Verlorenes Talent

Von Mathias Brunner
​Bei unserem Rätsel Racing-Raritäten sehen wir einen der vielen Fahrer, die durchaus das Talent für eine GP-Karriere hatten, aber es wollte nicht klappen. Wer ist das? Wo und wann entstand das Bild?

Meist aus dem Archiv unserer Partner der britischen Foto-Agentur LAT stellen wir jede Woche ein kleines Stück Motorsporthistorie vor. Das Vorgehen ist kinderleicht – sagen Sie uns, wer zu erkennen ist, wo und wann das Bild entstand (Beispiel: Jo Siffert, Monza, 1970) und gewinnen Sie mit etwas Glück einen kleinen Preis. Bitte Namen, Adresse, Geburtsjahr und Telefonnummer nicht vergessen. Schicken Sie Ihre Lösung an: mathias.brunner@speedweek.com.
Einsendeschluss ist jeweils Sonntag der laufenden Woche, 24.00 Uhr.

Die richtige Lösung vom letzten Mal: Der US-Amerikaner John Paul junior beim IndyCar-Rennen 1984 auf der Road America genannten Rennstrecke von Elkhart Lake im Bundesstaat Wisconsin, JPJ sass in einem March 84C-Cosworth von Pat Patrick Racing und wurde Sechster hinter Mario Andretti, Bobby Rahal, Al Unser, Rick Mears und Geoff Brabham.

Die Laufbahn von John Paul junior verlief überaus ungewöhnlich: Der 1960 geborene US-Amerikaner half schon als Teenager seinem Vater John Paul senior, Marihuana zu schmuggeln. Er sagte: «Für mich war es das Normalste der Welt, das war eben unser Job. Ich habe das nicht hinterfragt.» Senior finanzierte seinen eigenen Rennstall aus den illegalen Geschäften.

Die Anfänge als Racer waren bescheiden: «Mein Vater sagte, ich sei ein Taugenichts, und als ich die Skip Barber-Rennfahrerschule besuchte, kamen die Fahrlehrer zum gleichen Ergebnis. In meinen ersten Formel Ford-Rennen wurde ich jedes Mal überrundet.»

Aber John Paul junior biss sich durch und machte Fortschritte. Und zwar rasant. Sein Vater setzte ihn erstmals mit dem familieneigenen Porsche 935 beim Rennen von Lime Rock ein – und Vater und Sohn gewannen! JPJ siegte also beim ersten IMSA-Rennen seiner Karriere. Nicht übel für einen Taugenichts.

Ab 1981 hiess der Hauptgegner von John Paul junior: Brian Redman in einem Lola 600. Papa Paul trat einen Schritt zurück und nur noch zu Langstreckenrennen an, nicht mehr bei Einzelläufen.

1982 gewann John Paul junior als jüngster Rennfahrer die IMSA-Serie.

Und dann ging alles schief: John Paul senior erschoss einen Kronzeugen, der gegen ihn aussagen sollte, dann verschwand er von der Bildfläche. Er wurde letztlich im Januar 1985 in der Schweiz gefasst und in die USA ausgeliefert. Der Familienrennstall sperrte zu.

John Paul junior erhielt nur noch fallweise Engagements, war aber in allem schnell, was vier Räder hatte. 1983 gewann er bei seinem vierten IndyCar-Rennen – das Michigan 500 mit einem VDS-Penske, indem er Rick Mears in der letzten Runde austrickste. Das muss man gegen einen der besten Ovalfahrer aller Zeiten erst mal hinkriegen.

Nach drei weiteren Podestplazierungen (einmal Zweiter, zwei Mal Dritter) wurde JPJ Gesamtachter der CART-Serie.

Beim Debüt in der TransAm-Serie gewann er für DeAtley Motorsports in Trois-Rivières (Kanada).

Weitere Spitzenergebnisse 1984 – Zweiter in Le Mans im Porsche 956 von Preston Henn, Zweiter in Watskins Glen, Podestplatz in der CART-Serie.

Aber 1985 musste JPJ wegen seines Vaters ins Gefängnis: «Ich wollte gegen Dad aussagen, aber das konnte ich nicht. Also wanderte ich hinter Gitter.» Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Junior Teil eines Drogenschmuggelrings war.

Senior bekannt sich 1986 schuldig und sass bis 1999. Er wollte mit seiner neuen Freundin Colleen Wood die Welt umsegeln, aber die Frau verschwand spurlos und John Paul Senior auf Jahre hinaus ebenso. Er wurde letztmals 2009 in Thailand gesichtet und wird noch immer vom FBI gesucht.

1988 kam John Paul junior nach 30 Monaten im Gefängnis wieder frei, erneut gab es nur fallweise Engagements in der IMSA- und CART-Serie. 1990 offerierte ihm Jim Busby einen Stammplatz im IMSA-Nissan. Aber die Serie hatte sich verändert. Ohne Werksengagement war kein Blumentopf mehr zu gewinnen.

Anfang der 1990er Jahre bedankte sich JPJ mit mehreren Podesträngen bei jenen Leuten, die noch Vertrauen in ihn hatten.

John Paul Junior gewann beim 24-Stunden-Rennen von Daytona 1996 und in der Indy Racing League 1998 beim Lone Star 500 in Texas.

«Zwei Jahre später merkte ich, dass etwas nicht stimmt», sagte JPJ. «Mein Stallgefährte bemerkte, dass ich vor den Kurven ungewöhnlich früh vom Gas ging und dass meine Linien seltsam sind. Es war, als ob mein Kopf und meine Füsse nicht mehr koordiniert arbeiten.»

Die Ärzte diagnostizierten bei JPJ die Huntington-Krankheit, eine seltene, vererbbare Erkrankung des Gehirns, die zu Bewegungsstörungen, Verhaltensveränderungen und letztlich zum Tod führt. JPJ in seinem Buch 50/50: «Es brach mir das Herz, aber ich musste mir eingestehen, dass ich nicht mehr Rennwagen fahren kann.»

John Paul Junior erlag der Krankheit am 29. Dezember 2020 in Kalifornien.

Damit zum neuen Rätsel: Ein vielversprechender Monoposto-Fahrer, vielleicht das grösste Talent damals aus seinem Land, der aber nicht über einen Formel-1-Test hinauskam.

Machen auch Sie mit! Schicken Sie Ihre Lösung an: mathias.brunner@speedweek.com. Einsendeschluss ist jeweils Sonntag der laufenden Woche, 24.00 Uhr.


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