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Hans Georg Bürger: Ein Nobody schockt die GP-Stars

Kolumne von Rainer Braun
​Die Procar-Serie mit den bildschönen M1 hat die Fans Ende der 1970er Jahre begeistert. Und sie erzeugte einige Sternstunden aufstrebender Rennfahrer gegen die etablierten Formel-1-Stars.

Freitag, 27. Juli 1979, Motodrom Hockenheim, tierische Hitze, 32° im Schatten. BMW M1-Procar-Qualifying für das Rennen am Samstag als Auftakt zum Formel-1-GP von Deutschland. 20 BMW M1-Piloten, darunter ein halbes Dutzend Formel-1-Stars, stehen bereit.

Ein der Teilnehmer ist der junge Forme-3-Aufsteiger Hans Georg Bürger (27) aus dem Eifeldörfchen Welschbillig. Er darf in einen jener vom Werk betreuten M1 einsteigen, die für die fünf schnellsten Formel-1-Fahrer des Freitags-Trainings reserviert sind.

Da sich Nelson Piquet überraschend nicht für einen M1-Start qualifiziert hat und Niki Lauda sowieso mit seinem eigenen M1 startet, wird ein Auto frei und BMW-Sportchef Jochen Neerpasch entschließt sich, Bürger eine Chance zu geben. Der war schon im Vorfeld von BMW informiert worden, dass sich diese Möglichkeit ergeben könnte, weshalb er auf Standby vor Ort war.

«Wir erwarten keine Wunder von ihm», hatte mir Neerpasch gesagt, «er soll einfach mal zeigen, was er kann und das Auto dabei ganz lassen.»

Obwohl Bürger den M1 bislang bestenfalls von außen gesehen hat, geht er die Aufgabe total cool an, ohne jede Spur von Nervosität. Fachlich-sachlich bespricht er sich mit dem ihm zugewiesenen Fahrzeug-Ingenieur Bernhard Kober, einer Koryphäe bei BMW Motorsport und speziell in Sachen M1.

Es gibt nur ein einziges Zeittraining, der Novize hat also nur 45 Minuten, um die Fahrphysik des M1 auszuloten. Als um 15.15 Uhr das M1-Qualifiyng inklusive der Formel-1-Piloten Lauda, Pironi, Regazzoni, Laffite und Jones beginnt, sitzt Bürger völlig entspannt im Cockpit. Ein Lächeln gleitet über sein Gesicht, als wolle er sagen: «So, jetzt kann ich euch endlich mal zeigen, was ich wirklich kann.»

Um alles besser im Blick zu haben, begebe ich mich zügig auf die gegenüberliegende Seite in die Sprecherkabine der Haupttribüne, wo mein lieber Kollege Kalli Hufstadt den Trainingsverlauf kommentiert. Auf mehreren Monitoren kann ich das Livebild, Zeiten und den jeweils aktuellen Stand der Dinge sekundengenau verfolgen. Mal ist dieser oder jener Formel-1-Mann vorne, mal führt Winkelhock oder Stuck.

Bürger pendelt zwischen Platz 8 und 4 mit der Tendenz zu weiteren Verbesserungen. Dann, drei Minuten vor Schluß, kommt der Punkt, an dem Hufstadt und ich unseren Augen nicht trauen – der Name Bürger springt nach ganz oben auf dem Zeiten-Monitor.

In seiner vorletzten Runde hat der Bursche doch tatsächlich mit 2:09,34 min eine absolute Bestzeit vor Stuck (2:09,89) und Lauda (2:10,02) hingeknallt. Die Sensation ist perfekt.

Danach ist im M1-Fahrerlager bei BMW die Hölle los. Bürger wird umringt von Presse-Kollegen und TV-Kameras. Tags darauf titelt die Bild-Zeitung im Sportteil: «Unbekannter schlägt die Formel 1-Stars».

Doch das ist erst die eine Hälfte der Geschichte.

Samstag, 28. Juli 1979, 16.00 Uhr, wieder große Hitze, volles Haus. «Das steht er heute nicht durch», versucht mir ein Presse-Kollege klar zu machen, «die F1-Jungs werden ihn jetzt im Rennen filetieren.»

Derweil steht Bürger entspannt neben seinem M1 im Fahrerlager und flachst mit seinem alten Kumpel Markus Höttinger aus gemeinsamen R5 Cup-Tagen. Auch der Österreicher und Marko-Schützling zählt zu den M1-Startern.

Den fünf F1-Piloten stehen laut Reglement immer die ersten fünf Startplätze zur Verfügung, egal, welche Zeit sie im Training erreicht haben. So muss der eigentliche Pole-Inhaber Bürger jetzt in Reihe 3 neben dem «langsamsten» F1-Mann Alan Jones Platz nehmen. Die Startpositionen für die 15 Runden-Schlacht sind bezogen.

Was ich danach auf den Monitoren zu sehen bekomme, ist eine gewaltige Rauferei um die Führung zwischen Pironi, Lauda, Laffite, Bürger und Stuck.

Der Neuling mischt in diesem Fünferzug so souverän und abgebrüht mit, als hätte er nie was anderen gemacht. Kollege Hufstadt flippt angesichts der Kampfhandlungen fast aus.

Im weiteren Verlauf setzt sich Lauda leicht von der Kampfgruppe ab, Bürger liegt weiter im Clinch mit Stuck und Pironi. Der Franzose teilt im Zweikampf mächtig aus, manchmal sogar jenseits der Fairnessgrenzen. Pironi drückt und sperrt, Bürger wehrt sich nach Kräften, keiner gibt nach. Mehrfach berühren sich sind beide und sind kurz vorm Abflug. Es sieht wirklich brutal aus und mittlerweile mag man schon nicht mehr daran glauben, dass das gutgeht.

Und dann befreit sich Bürger doch noch wundersamerweise aus Pironis Umklammerung und fährt ihm einfach davon. In den letzten Runden hat er nach vorne und hinten Luft und wird knapp acht Sekunden hinter Lauda und fünf Sekunden hinter Stuck als Dritter abgewinkt. Pironi läuft weitere fünf Sekunden später ein.

Die zweite Sensation an diesem Wochenende ist perfekt. Anschließend absolviert er einen Interview-Marathon und gibt sich dabei sympathisch und bescheiden, zieht nicht über seine Gegner her und beklagt mit keinem Wort Pironis ruppige Fahrweise.

Später am Abend, als Bürger mit Neerpasch-Assistent Dieter Stappert und mir im Hotel zusammensitzt, sagt er dann, was Sache ist: «Der Pironi ist schon eine linke Bazille, der hat im Nahkampf ziemlich gefährliche Sachen gemacht. Wahrscheinlich ist er deshalb nach der Zieldurchfahrt gleich abgehauen.»

Die Sonntags-Zeitungen BamS und WamS überschlagen vor Begeisterung über den Coup des jungen Mannes aus der Eifel, und am Montag war der Name Bürger in praktisch jedem Sportteil einer Tageszeitung zu finden. Und die britische Fachzeitschrift «Autosport» überschrieb ihren M1-Rennbericht von Hockenheim mit der fetten Headline «What a Smasher».

Doch leider folgte schon ein Jahr später, fast um die gleiche Zeit, das tragische Ende. Supertalent Hans-Georg Bürger verunglückte am 20. Juli bei einem Formel-2-EM-Rennen in Zandvoort so schwer, dass er zwei Tage später im Krankenhaus von Amsterdam verstarb.

Er folgte damit seinem R5 Cup-Kumpel Höttinger nur vier Monate nach dessen F2-Tod in Hockenheim, der von einem wegfliegenden Rad am Kopf getroffen wurde und sofort tot war. Beide zeitnahen F2-Unfälle gehörten zu den Tragödien des Rennjahres 1980.

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