MotoGP: Wieder Ärger über Strafen

Mattia Binotto (Audi F1) «Sauber heute, das schmerzt»

Von Mathias Brunner
​In den letzten Monaten steckte viel Unruhe im Formel-1-Projekt von Audi. Sauber-CEO Mattia Binotto und Audi-Chef Gernot Döllner haben in Monza über den Stand der Dinge informiert.

Beim Formel-1-Debüt von Audi gab es einige Missklänge – Ende Juli wurde bekannt, dass Oliver Hoffmann und Andreas Seidl das Audi-F1-Projekt verlassen werden. Dies nach internen Querelen über die Verantwortung – Hoffmann soll sich mehr und mehr in den Job von Seidl eingemischt haben, was zu Spannungen führte. Audi zog die Reissleine.

Gernot Döllner, Vorstandsvorsitzender der Audi AG: «Unser Ziel besteht darin, das Projekt durch klare Führungsstrukturen, eindeutige Verantwortlichkeiten, reduzierte Schnittstellen und effiziente Abstimmungsprozesse auf Speed zu bringen. Dazu muss das Team eigenständig und schnell agieren können.»

Der frühere Ferrari-Teamchef Mattia Binotto ist seit 1. August für das Audi-F1-Projekt verantwortlich, in Monza sah er sich in de Sauber-Box das Geschehen zusammen mit dem früheren Sauber- und Ferrari-Piloten Kimi Räikkönen an.

Ab 1. Januar 2025 wird Audi zu 100 Prozent Besitzer jenes Rennstalls sein, der einst von Peter Sauber gegründet worden ist.

In Monza sind Binotto und Döllner vor die Journalisten getreten, um über die jüngsten Entwicklungen zu informieren.

Gernot Döllner über Mattia Binotto:
«Ich freue mich, dass wir Mattia für unser ambitioniertes Formel-1-Projekt gewinnen konnten. Mit seiner reichen Erfahrung aus mehr als 25 Jahren Formel 1 wird er einen entscheidenden Beitrag für Audi leisten können. Ich glaube, mit Mattia und Jonathan Wheatley als Teamchef ab 1. Juli 2025 haben wir die perfekte Aufstellung.»

«Was mich bei Mattia unter Anderem so fasziniert hat – seine gewaltige Erfahrung in ganz unterschiedlichen Rollen. Daher sehe ich ihn als Idealbesetzung bei uns.»

Mattia Binotto über seine Aufgabe:
«Ich bin sehr dankbar für diese Aufgabe, ich sehe das Projekt Audi als die derzeit grösste Herausforderung in der Königsklasse – das Team so aufzubauen, dass Audi in der Formel 1 Rennen gewinnen wird. Für mich war das nach 28 Jahren mit Ferrari die einzige Aufgabe, die mich wirklich gereizt hat.»

«Das Witzige ist: Als ich ein junger Ingenieur war, habe ich meine erste Formel-1-Bewerbung zu Sauber nach Hinwil geschickt. Es hat ein wenig gedauert, aber endlich habe ich die gewünschte Antwort erhalten.»

«Ich bin von diesem Projekt deshalb überzeugt, weil ich sehe, was bei Audi alles aufgegleist worden ist. Es dauerte ziemlich schnell, das Angebot anzunehmen. Ich bin seit 1. August am Arbeiten und nun das erste Mal an der Rennstrecke.»

«Was ich jetzt schon sagen kann: Wir müssen in jeder Beziehung aufbauen, nicht nur, was Infrastruktur oder Personal angeht, sondern auch bezüglich Kultur und Einstellung. Wir müssen uns zu einem Sieger-Team entwickeln.»

Binotto über den Erfolg mit Audi:
«Wir sehen das als lange Reise, und wir stehen erst am Anfang. Unsere Gegner sind seit vielen Jahren in der Formel 1, wir sprechen von grossen, überaus erfahrenen Rennställen. Erfolg gibt es in der Königsklasse niemals über Nacht. Um regelmässig Rennen zu gewinnen, musst du jahrelang aufbauen, das haben wir bei zahlreichen Teams gesehen – bei Ferrari, bei Mercedes, bei Red Bull Racing. Wir müssen nun die entscheidenden Weichen stellen und die richtigen Lösungen finden, um in einigen Jahren Grands Prix zu gewinnen.»

Binotto über seine Zeit ohne Formel 1:
«Wenn du so lange in der Königsklasse tätig bist, dann sehnst du dich zwischendurch nach Ferien. Aber wenn du mit Volldampf am Arbeiten bist, und dann bist du auf einmal weg, dann ist das hart. Ich habe jedes Training geguckt und analysiert, ich habe mich ständig auf dem Laufenden gehalten. Ich habe die Formel 1 ohnehin nie als abgeschlossen angeschaut. 48 Stunden nach dem Angebot von Audi habe ich meinen Vertrag unterzeichnen.»

Gernot Döllner über den Zeitrahmen:
«Audi in der Formel 1, das ist für uns ein langfristiges Projekt. Wir haben unsere frühere Aufstellung gründlich unter die Lupe genommen und haben erkannt, es braucht Veränderungen. Dabei haben wir auch den Zeitrahmen angepasst. Wir müssen realistisch bleiben, in der Formel 1 brauchst du für den Erfolg Zeit.»

Binotto über den zweiten Audi-Fahrer:
«Wir sehen uns alle Möglichkeiten an, wir wägen ab, ob wir eher auf Erfahrung oder Jugend setzen wollen, was den zweiten Platz neben Nico Hülkenberg angeht. Entschieden ist nichts. Aber diese Entscheidung soll bald fallen, denn es liegt nicht in unserem Interesse, dass hier noch länger spekuliert wird.»

«Wir haben zahlreiche Fahrer unter Beobachtung. Théo Pourchaire ist heute unser Reservefahrer, der Brasilianer Gabriele Bortoletto ist ebenfalls eine Möglichkeit (er gewann am Sonntag das Formel-2-Rennen, M.B.). Wir werden unsere Entscheidung vorrangig darauf basierend fällen, was für uns mittel- und langfristig das Beste ist.»

Binotto über den WM-Letzten Sauber:
«Natürlich werden wir uns so etwas nicht erlauben können. Wir müssen im Feld vorrücken, daher habe ich ja vorhin gesagt – wir müssen in jeder Beziehung Muskeln zulegen. Die heutige Position des Teams ist inakzeptabel. Die Autos sind in Zandvoort-Rennen auf den letzten zwei Rängen ins Ziel gekommen, die Rennwagen stehen hier in Monza in der letzten Startreihe. Das schmerzt.»

«Es ist sehr schwierig einzuschätzen, wie lange es dauern wird, bis wir unsere Ziele umsetzen können. Es geht nicht nur um Ressourcen und Personal, es geht um unzählige Details, die stimmen müssen. Es liegt an uns, die ganzen Puzzle-Teile nun zu einem Bild zusammenzufügen.»

«Beim Personal ist es so, dass wir natürlich Fachkräfte von anderen Teams übernehmen. Aber wir setzen dazu auch ganz bewusst auf junge Ingenieure, denn die sind die Zukunft für uns.»

Binotto über Ferrari und Audi:
«Ich hatte das Privileg, 1995 zu Ferrari zu kommen und dann mitzuerleben, wie die erfolgreichste Phase der Italiener entstanden ist. Ich habe gesehen, was alles notwendig ist, eine solche Siegesphase aufzubauen. Einer der Gründe, wieso ich bei Audi unterzeichnet habe – genau weil das eine gewaltige Aufgabe ist, die ich zu schätzen weiss.»

Döllner über das letzte Wort:
«Wir schaffen eine klare Struktur mit präzise definierten Entscheidungsbereichen. Mattia und später Jonathan sind überaus qualifiziert, die Entscheidungen zu fällen. Wir haben den Verwaltungsrat und den Aufsichtsrat, mit Jürgen Rittersberger und mir, die sich da einbringen. Und das letzte Wort liegt wohl bei uns. Aber ich sehe keine Notwendigkeit, dass wir dieses letzte Wort aussprechen müssen, denn wir werden über wichtige Fragen wie die Fahrer ohnehin zusammen reden und zusammen zur besten Lösung kommen. Ich sehe uns eher in der Rolle, den Rennstall und die Firma Audi perfekt zu vernetzen.»

Binotto über eine Übergangszeit:
«Jonathan Wheatley wird seinen Posten des neuen Teamchefs am 1. Juli 2025 aufnehmen. Also müssen wir bis dahin eine Übergangslösung finden. Ich kenne Doppelrollen in der Formel 1 gut, also werde ich diesen Job übernehmen, auch wenn ich wohl nicht bei allen Grands Prix sein werde.»

Döllner über Zweifel am Projekt:
«Unser Formel-1-Engagement stand nie in Frage. Denn wir glauben daran, dass Audi und die Formel 1 zusammengehören. Was wir aber unter die Lupe genommen haben, das ist unsere Aufstellung. Es war also nie die Frage, ob wir wirklich Formel 1 machen wollen, sondern eher wie wir die Organisation so verändern können, dass wir das mit der bestmöglichen Aufstellung tun.»

Binotto über den Audi-Motor:
«Wir machen im Motorenwerk von Neuburg gute Fortschritte, die Triebwerke befinden sich im Dauerlauf. Wir sind mit dem Stand der Dinge zufrieden, aber wir bleiben gleichzeitig hübsch auf dem Teppich. Uns ist klar, dass wir gegen starke Gegner antreten.»

«Klar könnte man argumentieren – die neuen Motoren ab 2026, das ist für alle ein Schritt ins Unbekannte, also für alle ein neuer Anfang. Aber ich sehe uns in einer Lernphase. Wo wir wirklich mit dem Motor stehen, das werden wir erst im ersten Teil der GP-Saison 2026 wissen.»


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