Singapur: Warane, Rennwagen-Killer, Wetter-Märchen
Es gibt zahlreiche verrückte Geschichten um einen bestimmten Grand Prix, das ist auch in Singapur nicht anders. Max Verstappen meldete sich im Training zum Formel-1-Rennen von Singapur 2016 so am Funk: «Äh, da ist eine grosse Echse auf der Rennbahn.»
Kurz darauf zeigten Bilder, wie ein gut zwei Meter langer Waran in aller Seelenruhe die Piste überquerte und dann in einer Abfluss-Öffnung verschwand.
Fernando Alonso twitterte damals ein Bild vom Pistenbesucher und schrieb dazu: «Wir haben einen neuen Freund.»
Warane werden regelmässig mitten in den Strassen von Singapur gesichtet. Die eindrucksvollen Tiere werden bis zu drei Meter lang und leben typischerweise in den nahen Mangrovenwäldern. Die anpassungsfähigen Echsen tauchen aber auch immer wieder in urbanen Gegenden auf – in Vorgärten, Parks, auf Golfplätzen oder eben auf einer Rennstrecke.
Max Verstappen erinnert sich: «Normalerweise sehe ich so etwas nur im Zoo. Ich fand das Tier sehr schön, aber auch ziemlich gross, also wollte ich mich lieber aus dem Staub machen. Der Waran stand zunächst entlang der Bahn, ich sah ihn und hatte Angst, dass er losrennen würde, aber er zögerte, ich kam näher und näher, immer erwartend, dass er lossprinten würde, aber er wartete wirklich, bis ich vorbei war. Ich habe ihn dann im Rückspiegel die Bahn kreuzen sehen.»
Der Waran war gut sichtbar, eine andere Formel-1-Kuriosität ist es nicht. Vor ein paar Jahren wurde allen Ernstes behauptet: Stromkabel der Singapurer U-Bahn erzeugten ein so kraftvolles magnetisches Feld, dass die Rennwagen davon beeinträchtig würden.
Als angeblicher Beweis wurde angeführt, dass bei einigen Autos wie von Geisterhand das Getriebe in die neutrale Stufe schaltete, und dass der Wagen von Felipe Massa 2015 von der U-Bahn lahmgelegt worden sei.
Wahr ist an der ganzen Geschichte nur eines – dass am ersten Singapur-GP-Wochenende 2008 tatsächlich einige Formel-1-Boliden auf die starken Magnetfelder reagierten, wie etwa der Red Bull Racing-Renner von Mark Webber. Seitdem schützen die Rennställe gewisse Teile ihrer Autos gegen elektromagnetische Störungen mit besonderen Abschirmungen.
Der damalige Williams-Ingenieur Rob Smedley sagte mir jedoch zum Ausfall von Felipe Massa: «Die U-Bahn hat mit dem Ausfall von Felipe rein gar nichts zu tun. Er hatte einfach ein Getriebeproblem.»
In einer Klimazone, in welcher ein kräftiger Regenguss pro Tag (oder in der Nacht) zur Normalität gehört, war das Strassenrennen jahrelang eine Kuriosität: Bis 2022 hatte es im Training oder Rennen nie geregnet, kein einziges Mal!
Das führte zu einem wilden Gerücht: Die Regierung von Singapur verhindere Regen für die prestigeträchtige Veranstaltung mit dem so genannten «cloud seeding», Wolkenimpfen – wenn in die Wolken durch Flugzeuge oder Raketen künstliche Kondensationskerne eingebracht werden, damit sich die Wolken eben woanders entleeren, nicht über der Rennstrecke. In der Regel wird das getan mit Silberiodid- oder Kohlesäure-Eiskristallen.
Das Gerücht gewann so viel Schwung, dass sich die Regierung vor ein paar Jahren zu einer Stellungnahme genötigt sah: «Wir wenden kein Could Seeing an, und wir planen auch nicht, das zu tun. Es gibt keine verlässlichen Mittel, um eine solche Massnahme anzuwenden. Die geringe Grösse des Zielorts bei variablen Winden würden zu unberechenbaren Regenfällen führen.»