Formel 1: Weltmeister im Gefängnis

François Hesnault: Erster Kamera-Fahrer im GP

Von Mathias Brunner
​Er tauchte scheinbar aus dem Nichts auf und verschwand nach 19 Grands Prix wieder: François Hesnault, der letzte Fahrer mit einem dritten Auto im Grand Prix und der erste Fahrer im WM-Lauf mit einer Bordkamera.

An diesem 30. Dezember hat er Geburtstag: François Hesnault ist 68 Jahre alt geworden. In der Formel-1-WM ist der Franzose gleich aus zwei Perspektiven eine Fussnote wert.

Es ist schon fast vierzig Jahre her, dass wir einen Formel-1-Rennstall mit drei Fahrzeugen am Start eines WM-Laufs erlebt haben. Wir müssen bis zum 4. August 1985 zurückblättern, also um mehr als 33 Jahre, bis wir zum Grossen Preis von Deutschland auf dem Nürburgring kommen. Dort setzte Renault neben seinen beiden Stammfahrern Derek Warwick und Patrick Tambay ein drittes Auto ein, für den Franzosen François Hesnault.

Was heute kaum noch jemand weiss: Hesnaults Wagen war das erste Formel-1-Auto mit einer Bordkamera im Renneinsatz! Der Wagen, so wurde damals ausgemacht, hätte keine WM-Punkte erzielen dürfen. Die Gefahr bestand nicht: Nach acht Runden rollte der als 23. gestartete Hesnault wegen Kupplungsdefekts aus.

Mein langjähriger Kollege Joe Saward ist einer der besten Historiker unter den Formel-1-Berichterstattern, wie er zum Beispiel in seiner hervorragenden Buchreihe «Fascinating F1 Facts, Vol. 1 bis 4» gezeigt hat (im Internet bei Morienval Press zu bestellen, Volume 1 unter ISBN 978-0-9554868-3-8, Volume 2 unter ISBN 978-0-9554868-4-5, Volume 3 unter ISBN 978-0-9554868-5-2, Volume 4 unter ISBN 978-0-9554868-6-9).

Saward weiss: «Hesnault stammte aus einer Familie, die ihr Geld im Transportwesen gemacht hatte, vorwiegend in Afrika. Vater Pierre Hesnault, ein ehemaliger Militär-Fallschirmspringer, pflegte enge Kontakte zu höchsten Kreisen afrikanischer Regierungen, aber auch innerhalb von Frankreich. François Hesnaults Bruder Philippe fuhr Rennen, zwei Mal in Le Mans, musste sich dann aber in Asien um das Familiengeschäft kümmern.»

«François erlitt bei einem Schiessunfall schwere Handverletzungen, da war er 16 Jahre jung. Es brauchte acht Operationen, um den Schaden zu reparieren. Auch er wurde Fallschirmspringer, in einem hochangesehenen Regiment der französischen Armee. Später baute er Handelsfirmen auf, gleichzeitig begann er mit dem Rennsport. Als das bei Bergrennen recht gut lief, schrieb er sich in die legendäre Rennschule Winfield ein, in Magny-Cours. Er verpasste das Finale um das ‘Volant elf’, weil er an Gelbsucht litt. Er stieg trotzdem in die französische Formel Renault ein.»

1981 wurde François Hesnault Dritter dieser Meisterschaft, ein Jahr später trat er in der Formel 3 an, erneut wurde er Dritter (hinter Pierre Petit und Michel Ferté), ein Jahr später reichte es zum zweiten Schlussrang hinter Ferté.

Formel-1-Teamchef Guy Ligier war auf der Suche nach einem französischen Piloten und engagierte François Hesnault. Damals gab es nur für die ersten Sechs WM-Punkte, Hesnault konnte lediglich einen siebten Platz und zwei achte Ränge vorweisen, also blieb er ohne Punkte.

Ein wenig überraschend holte ihn Bernie Ecclestone 1985 an die Seite von Nelson Piquet zu Brabham. Die Briten hatten von Michelin-Reifen umgestellt auf Pirelli-Walzen, der Wagen war heikel zu fahren, François Hesnault zeigte viele Dreher.

Nach einer Nichtqualifikation in Monte Carlo testete der Franzose in Le Castellet. Sein Auto überschlug sich, François Hesnault beteuerte, etwas sei gebrochen. Die Minuten im Rennwagen, eingewickelt in Fangzäune wie ein Rollbraten, reichten, um die Rennleidenschaft zum Erlöschen zu bringen. François Hesnault trat zurück – bis ihn Renault zum Nürburgring bat. Aber es blieb bei diesem letzten Einsatz.

Joe Saward sagt: «In Sachen Rennsport wurde François unsichtbar. Er wurde von den französischen Klatschblättern mit Prinzessin Stéphanie von Monaco in Verbindung gebracht, heiratete jedoch Alix Prieur de la Combie, Geschäftspartnerin der Prinzessin bei einer Firma für Bademode. Alix und François wurden drei Töchter geschenkt: Morrigan, Victoria und Marie-Maubruny.»

«1990 zog sich Pierre Hesnault aus dem Geschäft zurück, bis zu seinem Tod 2010 im Alter von 82 Jahren kümmerte er sich um die Restauration eines Schlosses, Château Saint Martin de Toques bei Narbonne. François lebte in der Schweiz und in Frankreich, das Firmenunternehmen wurde aber von seinem Bruder geleitet. Später übernahm François, als Philippe in die USA ging. François ist Fitness-Freak und war frühmorgens jahrelang in den Strassen von Paris auf seinen Rollerblades anzutreffen. In der Öffentlichkeit ist von ihm so gut wie nichts zu sehen. 2015 war er einer der Sargträger bei der Beerdigung von Guy Ligier.»


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