Valentino Rossi ist zum zweiten Mal Vater

Michael Schumacher: 56 Erinnerungen voller Wehmut

Von Mathias Brunner
Michael Schumacher

Michael Schumacher

​An diesem 3. Januar 2025 ist der grosse Michael Schumacher 56 Jahre alt geworden. Der frühere Ferrari- und Mercedes-Star erzeugt bei mir bittersüsse Erinnerungen an Vieles, was uns genommen worden ist.

Michael Schumacher ist 56 Jahre alt. Ich weiss nicht, wie er diesen Tag verbringt, ich weiss nicht, wie es ihm genau geht. Aber ich bin überzeugt: Millionen von Menschen haben ihren Schumi nicht vergessen, auch wenn sie ihn seit dem verdammten Skiunfall vom 29. Dezember 2013 nicht mehr gesehen haben, auch wenn sie ihn wohl nie mehr sehen werden.

«Aus den Augen, aus dem Sinn», gilt besonders in der Formel 1, in diesem schnelllebigen Geschäft ist für Einfühlsamkeit oft zu wenig Platz. Aber Michael Schumacher bleibt präsent. Ich lasse meinen Gedanken freien Lauf und erinnere in Form einiger Geschichten an das Idol von Millionen. Es sind bittersüsse Erinnerungen an einen Menschen, den ich vermisse.

Egal ob es der Taxifahrer ist oder die Rezeptionistin – kommt die Sprache auf meinen Beruf als Formel-1-Berichterstatter, lautet eine der ersten Fragen: «Wissen Sie vielleicht, wie es Michael Schumacher geht?» Nein, ich weiss es nicht.

Alte Liebe rostet nicht. Michael Schumacher hat einmal gesagt: «Ein guter Tag besteht für mich darin, am Abend mit Schmiere bis zu den Ellbogen nach Hause zu kommen.» Schumi ging auch als Formel-1-Star ständig im Rennkart auf die Bahn (so wie das heute auch Fernando Alonso tut) und hat seine Wurzeln nie vergessen. Diese Verbundenheit mit seinen Wurzeln ist einer der Gründe, wieso ihn die Fans so lieben.

Die berühmte rote Kappe: Nichts illustrierte den Boom der Formel 1 in Deutschland besser als der Aufmarsch der bald Rotkäppchen genannten Fans, in Hockenheim so präsent wie in Indianapolis, in Spa ebenso wie in Suzuka.

Eine Szene am Eingang zum Motodrom von Hockenheim, Sonntagmorgen vor dem deutschen WM-Lauf, ich warte in der Schlange der zu wartenden Fahrzeuge, Kontrolle von Fahrzeug-Kleber und Ausweis. Auf einmal bricht aus dem Wald eine Gestalt heraus, nur in Unterhose und Adiletten, eine Bierflasche in der rechten Hand, eine Kippe in der linken, der Blick glasig. Der Mann wankt auf mein Auto zu, bleibt unvermittelt stehen, dann brüllt er: «SCHUMIIIIIIIII!» Um danach wortlos im Grün des Waldes zu verschwinden. Ich schätze, er hat den Grand Prix am Nachmittag verpasst.

Geduld ist selten die Stärke eines Rennfahrers. Der Legende zufolge war Michael Schumacher auf dem Weg zum Flughafen spät dran und habe dem Taxifahrer vorgeschlagen: «Lass uns die Plätze tauschen.» Wir sind sicher: Der Fahrer erzählt seinen Enkeln noch heute davon.

Niemand kann solche Erfolge feiern, ohne bis in die letzte Faser vom Ehrgeiz beseelt zu sein. Karl Wendlinger, damals ein Mercedes-Juniorfahrer wie Schumi, sagte mir einmal: «Michael hat sich damals schon fürchterlich aufgeregt, wenn er nur im Pingpong verloren hat.»

Über Jahre rätselten die Fans der Kultsendung «Top Gear», wer wohl «The Stig» sein möge, der geheimnisvolle Testfahrer mit dem weissen Helm. Die Zuschauer flippten im Studio komplett aus, als er eines Tages seinen Helm hob und Michael Schumachers Grinsen zum Vorschein kam! Es handelte sich allerdings um einen Scherz der britischen Produzenten und des Weltmeisters. The Stig waren in Wahrheit Perry McCarthy und Ben Collins, die Identität des dritten Stig (seit 2010) bleibt geheim.

Die chinesischen Schriftzeichen auf dem Helm von Michael Schumacher standen für die Namen seiner Gattin Corinna sowie der Kinder Gina-Maria und Mick. Familie ist für Schumacher alles.

Michael Schumacher galt als Vorbild in Sachen Fitness, als die meisten Piloten es mit dem Training nicht so ernst nahmen. Gegner wie Damon Hill staunten nach einem Rennen: «Guckt ihn euch an, der Kerl schwitzt ja nicht mal!»

Für viele Fans ist Michael Schumacher nichts Anderes als ein Held. Doch der siebenfache Champion selber hat gesagt: «Heldenstatus ist mir unangenehm. Ich kann mit einer gewissen Hysterie um meine Person wenig anfangen.»

Schon als etablierter Grand-Prix-Rennfahrer, aber noch nicht als Weltmeister, kam bei Michael kein Schickimicki-Krimskrams unter den Weihnachtsbaum. Schumacher wünschte sich ein Technikwörterbuch Deutsch-Englisch.

Auf der Rennpiste scheute Michael Schumacher keinen Zweikampf Abseits der Rennbahn war er jedoch kein Raufbold. «Ich fand es immer ein Zeichen von Schwäche, sich zu prügeln.»

Das erste Auto: ein Fiat 500. Die erste Autofahrt: im Garten des Onkels. Das erste Ergebnis: ein Crash-Test.

«Se non è vero, è ben trovato», sagen die Italiener, also: Wenn es nicht wahr ist, so ist es wenigstens gut erfunden. Einmal hat eine italienische Zeitung behauptet, Pasta-Liebhaber Michael Schumacher habe im Laufe seiner GP-Karriere acht Tonnen Nudeln verdrückt. Wow, was für eine Zahl, acht Tonnen, potzblitz! Wir haben dann mal kurz nachgerechnet, wenn es erlaubt ist: Eine Portion von 125 Gramm pro Teller, das sind dann 64.000 Portionen, geteilt durch (samt Pause) 22 Jahre Formel 1 zu 365 Tagen, dann kämen wir auf knapp acht Mal Pasta pro Tag ...

Der langjährige Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone hat einst gesagt: «Die Formel 1 braucht einen Deutschen, einen Schwarzen und eine Frau.» Das Schicksal hat uns Michael Schumacher und Lewis Hamilton geschenkt, auf die Frau warten wir noch.

Schumi hat als Knirps nicht von der Formel 1 geträumt, es gab keinen Plan. «Im Kartsport hatte ich von Autorennen null Ahnung. Als mich mal einer gefragt hat, ob ich nicht mal einen Formel Ford testen wolle, habe ich zurückgefragt: ‘Formel Ford, was ist das?’»

Es gab unzählige Fan-Artikel mit dem Etikett Michael Schumacher. Der vielleicht Kurioseste stellte ein japanischer Journalist im Pressezentrum von Suzuka auf seinen Arbeitsplatz: Die Plastik-Nachbildung des Kopfes von Michael Schumacher – als Nachttisch-Lampe.

Schumacher im Rennwagen, das ist das Rot von Ferrari oder der Glanz eines Silberpfeils, viele Fans erinnern sich natürlich an sein Debüt im Jordan und die Jahre mit Benetton. Aber hätten Sie’s gewusst? In Fiorano 1997 sass Schumi testhalber in einem Sauber, in Estoril 1994 in einem Ligier.

Michael Schumachers bevorzugter Gegner war Mika Häkkinen. Schumi über Mika: «Das war reiner Motorsport ohne Animositäten. Keine Nickligkeiten in den Medien, keine bösen Worte, keine Tricks. Wenn es etwas zwischen uns gab, dann haben wir uns ausgesprochen, und es war aus der Welt.»

Zu seiner Zeit als Mercedes-GP-Pilot fanden wir im Telefonbuch in Deutschland 206 Menschen mit dem Namen Michael Schumacher, in der Schweiz waren es 26.

Wohin hätte sich Michael Schumacher bei einer Rückführung versetzen lassen? Schumi in der damaligen Benetton-Hauszeitung «The Brief»: «Ins Schottland des 14. Jahrhunderts. Ich liebe Filme wie ‘Highlander’ oder ‘Braveheart’. Die Landschaft ist einfach wunderbar – so karg und eindrucksvoll. Sie muss am schönsten gewesen sein, als noch keine Autos die Ruhe störten.»

Klar war der Speed von Michael Schumacher Anreiz für Witze. Also – Schumi und Mika Häkkinen reisen durch Indien und übernachten im Zelt. In der Nacht wird der Finne von Lärm geweckt. Er steckt den Kopf aus dem Zelt und sieht Schumacher, wie er ums Zelt hetzt, verfolgt von einem Tiger. Mika nach einer Schrecksekunde: «Michael, renn schneller, der Tiger holt dich gleich ein!» Schumi, leicht ausser Atem: «Kein Problem, ich habe drei Runden Vorsprung.»

Einer der ersten Sponsoren in der Formel 3 war «Chiquita». Daher gab es Bananen zum Frühstück, als Snack, zum Mittagessen und am Abend. Schumi selber hat vor jedem Rennen zwei Kisten Bananen bei Händlern abgeholt.

Noch einen Schumi-Witz gefällig? James Bond fährt mit seinem Aston Martin zur Arbeit. Am Sitz des MI6 angekommen, klemmt er einen Zettel unter den Scheibenwischer: «Stehlen zwecklos, 007.» Als er nach der Arbeit zum Parkplatz zurückkommt, ist der Wagen weg. An der Wand dahinter hängt ein Zettel: «Verfolgen zwecklos, Schumi.»

Wer mit Kartreifen aus der Mülltonne schneller fährt als die Gegner auf frischem Gummi, der ist nicht nur ein begnadeter Racer, sondern in Sachen Recycling seiner Zeit voraus.

Im Kinofilm «Asterix bei den Olympischen Spielen» von 2008 hatte Michael Schumacher einen Gastauftritt als Comic-Figur. Natürlich beim Wagenrennen, wo sonst?

Niemand hat das schöner formuliert. Die frühere Journalistin Sabine Kehm, heute Managerin von Michael Schumacher, schrieb in einer preisgekrönten Zeitungsreportage: «Wenn die Formel 1 das Universum ist, dann ist Michael Schumacher die Sonne.»





Diesen Artikel teilen auf...

Mehr über...

Siehe auch

Kommentare

Zeitenwende: KTM wird nie mehr die gleiche Firma sein

Von Ivo Schützbach
Beim österreichischen Motorradhersteller KTM muss viel geändert werden, um das Fortbestehen der Firma sichern zu können. Dafür sind schmerzhafte Einschnitte und Hilfe von außen nötig.
» weiterlesen
 

TV-Programm

  • So. 05.01., 19:13, ServusTV
    Servus Sport aktuell
  • So. 05.01., 19:15, Das Erste
    Sportschau
  • So. 05.01., 20:00, Motorvision TV
    IMSA Sportscar Championship
  • So. 05.01., 20:15, Vox
    Hot oder Schrott - Promi Spezial
  • So. 05.01., 21:00, Eurosport
    Rallye: Rallye Dakar
  • So. 05.01., 21:15, Hamburg 1
    car port
  • So. 05.01., 22:00, ORF Sport+
    Rallye: Jänner Rallye
  • So. 05.01., 23:55, Motorvision TV
    Legends Cars National Championship
  • Mo. 06.01., 00:20, Motorvision TV
    Motorradsport: FIM Enduro World Championship
  • Mo. 06.01., 00:50, Motorvision TV
    FIM X-Trial World Championship
» zum TV-Programm
6.762 20111003 C0501054513 | 12