Adrian Newey bei Ferrari – Chance oder Utopie?
Der einzige Mann, der KEINE Gebrauchsanweisung braucht …
In Indien hatte Fernando Alonso auf den Punkt gebracht, was viele im Fahrerlager denken. Sinngemäss sagt der Spanier: «Ich fahre nicht gegen Sebastian Vettel, ich fahre gegen Adrian Newey.»
Natürlich ist das auch Psychospiel. Den Gegner ein wenig herabzusetzen, das ist ein gezielter Nadelstich – der an Sebastian abperlen wird, denn Vettels Selbstvertrauens-Mantel ist von vier Siegen in Folge frisch imprägniert.
Für Ferrari gibt es zwei Lösungen: Lösung 1 – man lockt Vettel nach Maranello. Das wird jedoch das Newey-Problem nicht lösen. Lösung 2 – man lockt Newey nach Maranello. Aber ist das realistisch?
Fakt ist: Der 53-Jährige aus der Shakespeare-Stadt Stratford-upon-Avon fühlt sich bei den Bullen sauwohl. Der beste Formel-1-Techniker der Gegenwart ist zu höflich, um das so unverblümt zu sagen, aber Geld ist keine Motivation, nach Italien umzuziehen.
Natürlich hat Ferrari auch vorgeschlagen, Adrian in der Heimat zu lassen und ihn von dort einen F1-Renner konstruieren zu lassen, aber die Sache mit der Aussenstelle Grossbritannien hat mittelfristig noch nie funktioniert. Schon in den frühen 70er-Jahren hatte Ferrari mit einem englischen Chassis-Hersteller experimentiert, die politischen Grabenkämpfe waren die gleichen wie 17 Jahre später.
Als für die damalige Nummer 1 der Branche – John Barnard – die Firma «Guildford Technical Office» (GTO) gegründet wurde, kam 1989 dabei zwar der bahnbrechende Ferrari 640 heraus (halbautomatisches Getriebe, Sieg im ersten Rennen mit Nigel Mansell), doch Barnard wurde bald von Benetton abgeworben. Ein zweites Engagement mit Barnard (in Form der Firma FDD, Ferrari Design & Development) ging schief, die Autos waren nicht konkurrenzfähig.
Aus heutiger Sicht muss sich Ferrari darauf wappnen, noch eine ganze Weile gegen Adrian Newey zu fahren.
Denn Pilot Mark Webber stellt fest: «Wann immer ich in die Firma komme, steht Adrians Wagen bereits draussen vor der Tür. Sein Ideenreichtum ist wie ein Füllhorn. Und ich kann kein Zeichen von Sattheit erkennen. Als Sebastian und ich in Südkorea einen Doppelsieg herausgefahren haben, war die Nachbesprechung so akribisch wie immer …»