MotoGP: Neuer Yamaha-Motor zu stark

Österreich: Wettstreit der Rennstrecken-Erbauer

Kolumne von Helmut Zwickl
Ländliche Idylle: A1-Ring im Jahr 2003

Ländliche Idylle: A1-Ring im Jahr 2003

In den 1960er-Jahren entstanden in Österreich zwei Rennstrecken. Die Formel 1 trat nur in der Steiermark auf.

Die permanente Rennstrecke Österreichring, die später A1-Ring hiess, jetzt auf den Namen Red Bull Ring hört und wieder als Formel-1-Schauplatz in Frage kommt, entstand aus dem Desaster rund um den ersten Formel-1-WM-Lauf 1964 auf dem Zeltweger Militärflugplatz. Im Krieg gegen den Salzburgring blieben die Steirer Sieger.

Zeltweg 1964 war eine Pleite, auf den holprigen Landepisten des Militärflugplatzes zerbrach fast das ganze Formel-1-Feld. Man fürchtete,  Österreich habe seinen ersten und zugleich letzten Formel-1-GP erlebt.

In der Steiermark war Dr. Gustav Tiroch, der Präsident des STMSC Knittelfeld, die treibende Kraft für eine permanente Rennstrecke auf dem Aichfeld-Murboden. Als Gegenpol zu dem zunächst «Aichfeld-Ring» genannten Projekt der Steirer hatte ÖASC-Präsident Willy Löwinger (heute mehr als 90 Jahre alt, er galt als Erfinder der Flugplatzrennen) Salzburg als den besseren Standort für eine neue Rennstrecke ausgesucht.

Salzburg schien alle Vorzüge zu haben, die es in der Steiermark nicht gab: Das Einzugsgebiet aus Deutschland, die meisten österreichischen Autoimporteure sassen in der Mozartstadt. Der Kalte Krieg begann, ein Netz von Agenten sollte den jeweiligen Planungsstand an den Gegner melden.

In Zeltweg ging 1968 wieder das Sportwagen-Rennen über den Militärflugplatz. Der Rennstrecken-Krieg eskalierte. Drei Tage vor dem Rennen erstattete Willy Löwinger bei der OSK Anzeige, die darauf aufmerksam machte, dass die Knittelfelder ihr Flugplatzrennen zu Unrecht «FIA-Weltmeisterschaftslauf» nannten.

Im Herbst 1968 wollten die Salzburger das steirische Projekt sogar einschläfern, indem sie sich bereiterklärten, den Steirern die Kosten aller Vorarbeiten – damals schon rund 5 Millionen Schilling – zu ersetzen.

Dr. Tiroch betrachtete den Ring im Hügelland von Spielberg als sein Lebenswerk. Löwingers Angebot war für ihn «blanker Zynismus, keinen Gedanken wert». Dr. Tiroch ging es nicht nur «um die Rennstrecke an sich und um den Zeitpunkt, diese Strecke als erste permanente Rennstrecke zu eröffnen, sondern wir wollen der strukturschwachen Gegend wertvolle Impulse geben».

Sowohl in der Steiermark als auch in Salzburg wurden Rentabilitätsrechnungen präsentiert, die den Bau rechtfertigen sollten, aber die Steirer hatten einfach die besseren Karten, was Löwinger & Co. nicht wahrhaben wollten.

Der Österreichring hatte sich für 1970 nicht nur den Formel-1-WM-Lauf gesichert, sondern auch das 1000-km-Rennen, wobei seitens der OSK eine Zehn-Jahres-Garantie bestand, dass der Formel 1-WM-Lauf, wenn überhaupt in Österreich, dann nur in der Steiermark ausgetragen wird.

Das machte die Salzburgring-Initiatoren noch zorniger, aber aufgeben wollten sie nicht. Als Löwinger sein ursprünglich ins Auge gefasstes Gelände in Thalgau für den Salzburgring doch nicht bekam, brach Panik aus. Denn in der Steiermark modellierten bereits die Bulldozzer den neuen Österreichring.

Löwinger, unter Zeitdruck gekommen, musste seine Strecke in die enge Talrinne von Plainfeld-Koppl hineinpressen, was eine echte Notlösung war, an der in Zukunft nicht mehr viel korrigiert werden konnte.

Tirochs Maxime war, dass der 5,9 km lange Österreichring «Europas schnellste Rennstrecke werden muss».

Die Steirer gewannen den Wettlauf um die Eröffnung.

Am 27. Juli 1969 eröffnete Steiermarks Landeshauptmann Josef Krainer den Österreichring. Am 21. September 1969 eröffnete Landeshauptmann Lechner den Salzburgring. Der Ö-Ring war mit einem Kostenaufwand von rund 25 Millionen Schilling erbaut worden. Eine Million hatte der STMSC aufgebracht, den Rest besorgte das Land Steiermark in Form von Subventionen und Haftungsübernahmen.

Am 16. August 1970 wurde der erste Formel-1-Grand Prix auf dem Österreichring gestartet. 100.000 Zuschauer waren gekommen, um Jochen Rindt siegen zu sehen. Aber Jochens Siegesserie wurde unterbrochen, nach 22 Runden rollte sein Lotus 72 aus: Der Siegermotor von Hockenheim starb an einem Kolbenreiber. Der Ferrari-Doppelsieg von Clay Regazzoni vor Jacky Ickx brachte Tausende Tifosi in Verzückung. Wie ein riesiges Heer fielen sie von den Hügeln hinab und überschwemmten die Zielgerade. Wie in Monza.

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