F1 in Valencia: Viel Geld verschleudert
Valencia-GP: Lange überwogen die Attraktionen neben der Strecke
Der Formel-1-GP auf dem Stadtkurs in Valencia hat in den letzten Jahren Millionenverluste erwirtschaftet. Kein Wunder: Die Stadtpolitiker sind offenbar dem Grössenwahn anheim gefallen. Sie sollen Bernie Ecclestone 27 Millionen Euro pro Jahr für die Austragungsrechte des Rennens zugesichert haben, ist zu hören. Ein Irrsinnsbetrag, den sich kein wirtschaftlich denkender europäischer Rennstreckenbetreiber leisten würde.
Solche Flops leisten sich nur Politiker. Sie werfen mit Steuergeld herum, als gäbe es kein Morgen. Siehe Nürburgring-Desaster.
Nach der Euphorie des EU-Beitritts, der Weltausstellung EXPO 1992 in Sevilla und dem Immobilienboom nach der Jahrtausendwende schien den spanischen Politikern und Bankern jegliches wirtschaftliche Denken abhanden gekommen zu sein. Man ging von paradiesischen Zuständen aus und dachte, es werde ewig Milch und Honig fliessen.
Sonst hätten sich die Stadtpolitiker in der Euphorie nach der Austragung des spektakulären Segel-Wettbewerbs America’s Cup vor der Küste von Valencia nicht eingebildet, man müsse den Monte-Carlo-GP nachahmen und einen Strassen-GP veranstalten. Zumal sich 12 km Luftlinie entfernt eine moderne permanente Rennstrecke befand und befindet.
Warum dort nicht um die Wette gefahren wird, darüber sind wir nie im Detail unterrichtet worden. Insider erzählen, es sei ein Machtkampf zwischen Stadt- und Landpolitikern vorangegangen.
Aber jeder halbwegs aufgeweckte Formel-1-Freund kann sich ausrechnen, dass man bei Gebühren von 27 Millionen Euro und 10 Millionen jährlichen Aufbaukosten für den Strassen-GP am Hafen auf Dauer wirtschaftlich nicht überleben kann.
Ausserdem ist die Comunidad de Valenciana, die Valencianische Gemeinschaft an der Mittelmeerküste (eine autonome Gemeinschaft Spaniens), in Zusammenhang mit der Wirtschaftskrise, Immobilien- und Bankenkrise sowie der daraus resultierenden hohen Arbeitslosigkeit in Spanien schwer in die Schuldenfalle geraten.
Seither haben die Landes- und Stadtpolitiker in Valencia andere Sorgen als die Austragung eines Formel-1-Rennens. Zumal das Publikumsinteresse stark nachgelassen hat – auch eine Auswirkung der hohen Arbeitslosigkeit in Spanien.
Es gibt ein schlechtes Bild ab, wenn man einerseits unter den Rettungsschirm der EU flüchtet und um Milliarden-Beträge zur Sanierung bitten muss, während gleichzeitig Millionenverluste wegen eines nicht gerade lebensnotwendigen Formel-1-Projekts in den Büchern stehen.
Der Grand Prix fand 2008 erstmals statt. Damals zahlten 112’000 Zuschauer Eintritt. Im Vorjahr waren es 85’127 Besucher. 2012 erschienen noch 51’546 Fans zum Rennen.
Die Kritiker bemängeln: Durch die breite Piste (5,417 km lang) kommt kein wahres Stadtkurs-Feeling auf. Die Piloten können immer genügend Abstand zu den Leitplanken halten. In den Vorjahren gab es wenig spektakuläre Szenen, wenn man von den Bikini-Schönheiten in den Pools der umliegenden Penthouse-Terrassen absieht. Bloss 29 Überholmanöver zählten die Statistiker während des Europa-GP 2011 – trotz zweier DRS-Zonen, in denen der Heckflügel als Überholhilfe flach gestellt werden darf. Dass es in diesem Jahr mit 58 Positionswechseln deutlich mehr waren, ist weniger der Streckenführung als der perfekt getimten Safety-Car-Phase zu verdanken.
Die Idee, die Verluste zu halbieren, indem Valencia nur alle zwei Jahre auf den Formel-1-Kalender kommt und sich als Formel-1-Schauplatz mit Barcelona abwechselt (um den Vertrag mit Ecclestone nicht ganz zu brechen), wird vom Promoter des WM-Laufs auf dem Circuit de Catalunya nicht gutgeheissen.
Für 2013 steht Valencia vorläufig nicht auf dem Kalender. Da auch ein Rennen auf dem Red Bull Ring nicht realistisch ist und der Schauplatz des Deutschland-GP bisher nicht gesichert ist, wird Ecclestone gewisse Kompromisse eingehen müssen, wenn er wirklich 20 Rennen austragen will.
Valencia erwartet wohl einen gesunden Rabatt bei den Gebühren. Wenn der grosse Ecclestone nicht klein beigibt, wird der spanische Hafen-GP voraussichtlich für immer versenkt.