Formel 1: Max Verstappen – alles für die Katz

Warme Worte im Winter

Kolumne von Peter Hesseler
Die Vielredner Di Montezemolo, Ecclestone

Die Vielredner Di Montezemolo, Ecclestone

Das Fehlen von Motorenlärm und Reisestress scheint nicht allen im GP-Zirkus gut zu bekommen, auch nicht Bernie Ecclestone.

Was für eine Woche.

Es wird wirklich höchste Zeit, dass in der Formel 1 wieder der Alltag einkehrt, denn man merkt einigen Protagonisten an, dass sie nicht für das Reden gemacht sind.

Über den Unsinn, den Ron Dennis diese Woche über Lewis Hamiltons Weggang von seinem Millionen-Imperium verbreitete, hat mein Kollege Mathias Brunner schon die richtigen Worte gefunden. Aber es tröpfelt weiter zuverlässig und beständig Nonsens von der Insel zum Kontinent herüber.

Bernie Ecclestone stellt klar, dass er in der Schmiergeld-Affäre um Gerhard Gribkowski unschuldig ist. Der britische F1-Promoter hat dem ehemaligen BayernLB-Vorstand 2006 44 Millionen Dollar überwiesen und damit seinem Partner CVC Capital Partners zu einem günstigen Investment verholfen. Gleichzeitig sicherte er sich die Macht auf Jahre hinaus, denn er blieb Geschäftsführer der Formel 1. Er profitierte selbst direkt mit über 20 Millionen Dollar an dem Deal und sicherte sich überdies wertvolle Anteile an der Vermarktungsgesellschaft Delta Topco, viele weitere Millionen wert.

Ecclestone (82) ist derart unschuldig, dass er sich weigert, zu einem Prozess in München zu erscheinen, falls es denn dazu kommen sollte.  Das sagt er wenigstens.

Ecclestone sagt so vieles.

Vor zwei Wochen sagte er zum Beispiel, im (diesem möglichen) Prozess könne es ihm durchaus an den Kragen gehen. – Dann fiel er um und ihm ein, dass die deutschen Gesetzeshüter ja sowieso nicht im Sine des Gesetzes agierten, sondern nur finanzielle Interessen verfolgten. Die Welt scheint ihm voller Gribkowskis zu sein, oder kleiner Bernies. Es scheint ausserhalb seines Horizonts zu liegen, dass es Menschen gibt, die nicht alles für Geld machen. Oder für Geld nicht alles…

Mit dem Streben nach dem schnöden Mammon kennt er sich aus wie kein Zweiter. Vielleicht kann er deswegen in die Juristen hineingucken.

Noch ist er nicht angeklagt, aber er tut wirklich alles dafür, die Eitelkeit der Justiz herauszufordern. Denn ein Prozess gegen Ecclestone: Wer würde da als Staatsanwalt schon widerstehen. Da locken Ruhm und Ehre. Da droht aber auch Gelächter. Und zwar dann, wenn er Ecclestone anklagt – und Grossbritannien ihn nicht ausliefert.

Ist das der Grund, warum wir seit mehr als einem Jahr auf die Klageerhebung warten. Ermittelt wird schon seit dem Frühjahr 2011 gegen den F1-Promoter.

Der sagt auch, es sei jetzt an der Zeit, dass Ferrari mal wieder Weltmeister würde. Das ist durchschaubar. Denn einen vierten Titelgewinn in Folge wünscht Sebastian Vettel und Red Bull Racing kein gesundes Mitglied der F1-Geschäftsleitung. Schon gar nicht in Zeiten sinkenden medialen Interesses. Die Fernsehanstalten verzeichneten – zumindest in den ersten drei Saisonvierteln– Rückgänge im zweistelligen Prozentbereich.

Nun also, so Ecclestone, hätte es Fernando Alonso verdient, mal wieder Weltmeister zu werden. Und überhaupt, erkennt er jetzt, fehlt es Sebastian Vettel «sowieso an Charisma».

Das fällt ihm jetzt ein, da er Vettel drei Jahre lang um den Bart gegangen ist.

Bernie weiss: Alonso wird von zweiten Plätzen nicht mehr lange satt. Und Ecclestone droht nicht nur Ferrari als potenziellen Sieger zu verlieren, sondern auch das Zugpferd der Scuderia, falls Alonso verkrampfen sollte. Anzeichen dafür hat er in den letzten drei GP 2012 durchaus gezeigt. Oder wie Ex-Champion Damon Hill sagt: «So eine Leistung wie Alonso 2012 kann man als Fahrer nicht jedes Jahr bringen.»

Ecclestone weiss: Alonso hat Superstar-Potenzial, aber ein Superstar, der immer Zweiter wird, macht sich auf Dauer unglaubwürdig. Ecclestone braucht aber Alonso als Gegengewicht zu Vettel. Denn auf Jenson Button (McLaren) und Kimi Räikkönen (Lotus) kann man als Gegenspieler zu Vettel nicht sicher bauen. Hinter Lewis Hamilton und Mercedes steht ein Fragezeichen. Deshalb muss Ecclestone Alonso und die Scuderia stark reden.

Muss er? Werden die besser, nur weil Big Bernie es will und ausspricht?

Und plötzlich ist auch Ferrari-Präsident Luca Di Montezemolo, der Ecclestone unlängst als überforderten alten Mann hinstellte, wieder – oder immer noch – ein Freund, sagt Bernie.

Ja, das hat er gesagt. Und das ist lausig. Der Zweck heiligt in der Formel 1 wirklich alle Mittel. Und jeder, der einen Vorteil wittert, vergisst sofort, wes Freund oder Feind er ist, solange er bloss dieses Vorteils habhaft werden kann.

Di Montezemolo ist seinerseits seit Jahren der ärgste Ecclestone-Kritiker. Der Ferrari-Präsident drohte schon mehrfach mit Abspaltung einer eigenen Serie von der Formel 1, weil er glaubt und weiss, dass Ecclestone mehr einsteckt, als ihm zusteht. Fast 50 Prozent der Gewinne. Und was hat er nicht schon alles gesagt, der Landgraf, was die Teamgemeinschaft mit Ehrlichkeit und Zusammenhalt alles bewegen könne – und wie man sich gegenseitig stärke und unterstütze.

Aber Di  Montezemolo stänkert immer nur solange, bis der nächste Deal ihn zufrieden stellt. Da kann man die Uhr nach stellen. Im Ernstfall war es stets der Landedelmann, der als Erster nach Ecclestone Scheinchen griff. Und damit die Gemeinschaft der Teams, für die er zuvor dicke Backen gemacht hatte, im Regen stehen liess. Hauptsache, bei Ferrari stimmt die Kasse. Mit derartigem Solidaritätssinn schafft es die Formel 1 nie, Ecclestone beim Kassieren in die Schranken zu weisen.

Aber reden darf man ja mal. Hauptsache, es klingt gut. Erst recht in diesem langen Winter. Und der kann noch viel länger werden.

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