Seitenkasten-Vergleich: Top und Flop
Felipe Massa lässt es rauchen
Heute ist das ein klein wenig anders: Längst stehen die Kühler nicht mehr als wahre Bollwerke gegen eine günstige Aerodynamik, sondern sie schmiegen sich förmlich der Fahrerzelle an, sie sind geneigt, geknickt, quer oder hoch eingepasst, ideal geformt, um einen möglichst schlanken Seitenkasten zu erlauben.
Die Form der Seitenkästen gibt vor, wie sauber der Luftstrom zum Heck fliesst, und dort wird bekanntlich am meisten Abtrieb erzeugt. Wir haben unseren Technik-Experten Gary Anderson gebeten, die Lösungen von zehn Rennställen zu vergleichen (den neuen Williams werden wir erst kommende Woche zu sehen bekommen). Hier ist sein Urteil.
Red Bull Racing
«Eine sehr schmale Lösung, wenn auch nicht so extrem wie bei Sauber. Linientreu und aufgeräumt, wie man das von einer Konstruktion Adrian Neweys erwarten würde. Aber hier ist noch Raum für Verbesserung.»
Ferrari
«Der Kühler ist offensichtlich vertikal angeordnet. Das erlaubt es Ferrari, die Taillierung so zu formen, dass der Wagenkörper früher als bei anderen Konstruktionen zum Heck hin schmaler werden kann – die berühmte Colaflaschen-Form. Die Anordnung wie am Ferrari kann jedoch zu Strömungsabrissen führen, was das komplexe Zusammenspiel zwischen Vorder- und Hinterachse stört. Ich bin mir nicht sicher, ob das eine Ideallösung ist.»
McLaren
«Die Faustregel gilt – je grösser der Raum zwischen Vorderrad und Vorderkante Heckflügel, desto mehr Platz hat der Aerodynamiker, um mit dem Luftstrom genau das zu machen, was er will. McLaren arbeitet mit stärker ausgeschnittenen Seitenkästen, gleichzeitig ist man bei der Ausbuchtung geblieben, in welchem der Auspuff-Auslass untergebracht ist. Das sieht alles sehr aufgeräumt und wie aus einem Guss aus.»
Lotus
«Von Sauber und Red Bull Racing wurde der Bügelflügel übernommen, jenes Luftleit-Element, das eingangs der Seitenkästen Auftrieb verhindern und den Luftstrom glätten soll. In Sachen Auspuff-Ausgang wird mit verschiedenen Lösungen experimentiert, und das beeinträchtigt die Art und Weise, wie der Seitenkasten nach hinten abfällt. Lotus hat auch mit diesem Wagen aerodynamisch das Meiste richtig gemacht.»
Mercedes
«Luftleit-Elemente sollen dabei helfen, den Luftstrom sauber über die Seitenkästen zu führen. Wülste helfen gegen seitlichen Luftabfluss. Aber auch hier finden wir Leit-Elemente, und das ist mir nun alles ein wenig zu viel. Zu viel Luftfluss erhöht die Auftriebs-Wirkung der Seitenkästen, und das ist auch nicht erwünscht. Es ist fast so, als hätten die Mercedes-Aerodynamiker etwas des Guten zuviel getan und müssten dem nun wieder entgegenwirken.»
Sauber
«Die schmalsten Seitenkästen im Feld. Aber ich bin gespannt, ob die Rechnung aufgeht. Das Auto ist zwar windschlüpfiger, aber ich bin mir nicht sicher, ob das nicht Abtrieb kostet. Eine Verringerung der Seitenkästen bedeutet immer auch einen langsameren Luftfluss am oberen Ende. In Jerez machte der Wagen einen sehr guten Eindruck. Was mich an der Lösung der Schweizer am meisten fasziniert – sie ist schwer zu kopieren.»
Force India
«Der Force India ist eine Nummer für sich – am ganzen Wagen gibt es eigentlich nichts Spekakuläres zu entdecken, ich kann aber auch nichts Falsches sehen. Das gilt auch für die Formgebung der Seitenkästen. Das Ergebnis insgesamt ist ein Auto, das – siehe Jerez – ganz offenbar effizient und schnell ist und standfest obendrein. Dagegen lässt sich nun wirklich nichts sagen.»
Toro Rosso
«Das Experiment mit dem doppelten Boden ist abgebrochen worden, der neue Technikchef James Key wollte ein im positiven Sinne einfaches Fahrzeug. Damit ist auch der Nachteil der früheren Lösung korrigiert, den Schwerpunkt zu weit oben zu haben. Die 2013er Lösung ist ein Schritt nach vorne, das ganze Design ist durchdacht und effizient. So macht man das.»
Caterham
«Gewiss, die Seitenkästen sind stärker ausgeschnitten worden, um den Luftfluss zu Heck zu optimieren, aber das entspricht nur dem Trend. Trendsetter sind andere. Das ist eine gute Lösung, aber kein Geniestreich, und ich weiss nicht, ob das reichen wird, um die Mittelfeldteams in Unruhe zu versetzen.»
Marussia
«Marussia muss zulegen. Die erste Lösung, die wir in Jerez am Wagen gesehen haben, betont die Colaflaschen-Form nicht stark genug.»