FIA-Gericht, Mercedes, Pirelli: Welche Köpfe rollen?
Es ist das Thema des Tages: Heute muss das so genannte Internationale Tribunal des Autoverbands FIA in Paris darüber urteilen – war der Pirelli-Test von Mercedes-Benz in Barcelona rechtswidrig? Und falls ja: welche Strafe zieht das nach sich? Die Richter stehen vor einigen sehr komplexen Fragen. Wir zeigen, wieso die Urteilsfindung so schwierig wird.
Das ist die Ausgangslage: Vom 15. – 17. Mai hat Mercedes-Benz auf dem «Circuit de Catalunya» ausserhalb von Barcelona Pirelli-Reifen getestet. Der Autoverband FIA hat (nach einem Protest von Red Bull Racing und Ferrari gegen diesen Test) eine Untersuchung eingeleitet und ist zum Schluss gekommen, dass das so genannte Internationale Tribunal über die Frage richten muss – verstösst dieser Test gegen Artikel 22.1 des Sportreglements der Formel 1? Dort steht, vereinfacht: Testfahrten mit einem aktuellen Fahrzeug während der laufenden Saison sind untersagt.
Damit sind wir jedoch schon beim ersten Knackpunkt: Denn Formel-1-Alleinausrüster Pirelli besitzt mit der FIA einen drei Jahre alten Vertrag, der die Italiener zum Testen erlaubt. Und zwar in Form von maximal 1000 Kilometer pro Test, mit gegenwärtigen Rennställen und einem «repräsentativen» Fahrzeug.
Aber bedeutet repräsentativ diesjährig?
Die Richter müssen primär einschätzen, ob der Pirelli-Vertrag Artikel 22.1 des Sportreglements überwiegt.
Weitere offene Fragen, welchen die Richter nachgehen müssen:
Im Pirelli-Vertrag mit der FIA ist offenbar verankert, dass ein solcher Test allen Teams angeboten werden muss. Das scheint nicht passiert zu sein. Kann man das dann Mercedes ankreiden?
Ebenso wenig scheinen die anderen Teams und die FIA vorab über den Test informiert worden zu sein. Auch dies ist fragwürdig, wenn auch nachvollziehbar – natürlich hätten die gegnerischen Rennställe sofort ihr Veto gegen den Test eingelegt.
Natürlich hat sich auch Mercedes abgesichert: Vor Gericht wird zweifellos die Wahrheit ans Licht kommen, in welcher Form Mercedes sich bei der FIA erkundigt hat, ob man mit dem aktuellen Auto testen dürfe. Und wer von der FIA das erlaubt hat, angeblich sogar in schriftlicher Form.
Ein Formel-1-Insider glaubt: «Die Affäre könnte bei allen Beteiligten Köpfe rollen lassen.»
Die wildesten Spekulationen gehen so weit, dass die Jobs von Mercedes-Rennleiter Ross Brawn, des FIA-Sicherheitsdelegierten Charlie Whiting sowie von Pirelli-Rennchef Paul Hembery auf dem Spiel stünden.
PS: Der Autoverband FIA fördert die Transparenz nicht eben – für die Anwesenden wurde ein Twitter-Verbot verhängt.