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Webber-Nachfolge: Ricciardo oder Räikkönen?

Von Vanessa Georgoulas
Daniel Ricciardo hat ein gewinnendes Wesen

Daniel Ricciardo hat ein gewinnendes Wesen

Warum das Weltmeister-Team Red Bull Racing auf Lotus-Star Kimi Räikkönen verzichten und stattdessen auf den eigenen Nachwuchs setzen sollte.

Die Diskussion um den Cockpit-Erben von Mark Webber beim Weltmeister-Team Red Bull Racing sorgt auch in der Sommerpause für Gesprächsstoff. Seit der 36-jährige Australier verkündet hat, dass er sich Ende Saison nach 215 Grands Prix aus der Königsklasse verabschiedet, um als Porsche-Werksfahrer die Langstreckenmeisterschaft aufzumischen, kursieren die wildesten Gerüchte um den neuen Nebenmann von Weltmeister Sebastian Vettel. So soll etwa Ferrari-Kontrahent Fernando Alonso sein Interesse bekundet haben.

Und das, obwohl die Entscheidungsträger den Kandidaten-Kreis mittlerweile auf zwei Piloten eingeschränkt haben: Die Wahl soll zwischen Kimi Räikkönen und Daniel Ricciardo fallen, und auf den ersten Blick scheint die Wahl klar: Dem berühmt-berüchtigten Weltmeister von 2007, der schon 20 GP-Siege, 16 Poles und 38 schnellste Rennrunden erzielt hat, steht ein relativ unbekannter Jüngling gegenüber, dem in 41 GP-Einsätzen noch nichts davon gelungen ist.

Der Vergleich hinkt

Doch auch ein Kimi Räikkönen hätte im HRT oder im Toro Rosso keine Wunder vollbringen können, und wenn man den immensen Erfahrungsvorsprung des 186-fachen GP-Piloten mit einrechnet, dann sieht man, dass der Vergleich der nackten Zahlen dem Talent des fröhlichen Australiers nicht gerecht wird.

Ricciardo hat mit seinem fünften Startplatz in Silverstone (Teamkollege Jean-Eric Vergne schaffte es nur auf den zwölften Platz) und der sechstschnellsten Runde im Qualifying auf dem Nürburgring (Vergne musste sich mit Startplatz 16 begnügen) nicht nur seine fahrerische Klasse unter Beweis gestellt. Er hat auch bewiesen, dass er zu jener seltenen Spezies von Rennfahrern gehört, die unter Druck über sich hinauswachsen. Eine unabdingbare Eigenschaft für jeden Piloten, der neben Supertalent Vettel nicht untergehen will.

Die nächste Generation

Nicht nur Ricciardos Talent spricht für den 24-Jährigen aus Perth, auch sein junges Alter ist ein grosser Vorteil. Denn Vettels Vertrag mit Red Bull Racing läuft Ende 2015 aus und der dreifache Weltmeister bleibt betont offen, wenn seine Zukunft in der Formel 1 zur Sprache kommt. Hinzu kommt, dass Kimi mit 33 Jahren auch nicht mehr zum jungen Eisen gehört und wenn die Weltmeister langfristig planen, dann müssen sie der Jugend eine Chance geben.

Zumal der Nachwuchs aus den eigenen Reihen stammt. Mit der Degradierung von Sébastien Buemi zum Edelreservisten und dem Rausschmiss von Jaime Alguersuari Ende 2011 hatte das Nachwuchsprogramm der Bullen einen herben Rückschlag erlitten. Sollte erneut kein Red-Bull-Eigengewächs nachrücken, stellt sich die Frage, wozu die Partnerschaft mit Talentschmiede Toro Rosso überhaupt gut ist.

Herzensbrecher Ricciardo

Dass Räikkönen ungleich populärer als Ricciardo ist, spielt dabei eine untergeordnete Rolle. Um es mit den Worten von Altmeister David Coulthard zu sagen: «Das liegt nur daran, dass er noch nie auf dem Podesttreppchen zu sehen war.» Dieses Problem dürfte sich in einem von Adrian Newey konstruierten Renner bald von selbst lösen.

Im Fahrerlager hat der dauergrinsende Lockenkopf schon alle Herzen erobert. Es ist schon fast unmöglich, den stets vergnügten Australier und dessen erfrischend offene Art nicht zu mögen. Und es ist unbestritten, dass Ricciardo an seinem schlechtesten Tag immer noch bessere Interviews gibt als Räikkönen an seinem besten. Auch wenn die knappen, teils unfreundlichen Antworten mittlerweile zum Markenzeichen des Finnen geworden sind und Kultstatus erlangt haben: Aus journalistischer Sicht ist ein Gespräch mit dem Talent aus Downunder nicht nur angenehmer, sondern auch ergiebiger.

Keine zweite Nummer Eins

Zuletzt stellt sich auch die Frage, was Red Bull Racing mit einem zweiten Nummer-1-Piloten anstellen will. Die Verpflichtung von Räikkönen würde die Erfolgsformel, die in den vergangenen drei Jahren zur Eroberung des Fahrer-WM-Titels und zum Gewinn der Konstrukteurspokal-Wertung führte, aufbrechen. Natürlich wäre der Punktegarant aus Finnland die sicherere Wahl, doch die Gefahr der Unruhe, die zwei Alpha-Tiere im gleichen Stall auslösen können, ist gross. McLaren kann durch die Erfahrung von 2007, als sich Lewis Hamilton und Fernando Alonso gegenseitig die WM-Pukte strittig gemacht hatten, ein Liedchen davon singen. Nutzniesser der teaminternen Fehde im britischen Traditionsrennstall war übrigens ein gewisser Kimi Räikkönen im Ferrari...

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