FIA-Präsident Jean Todt im Fadenkreuz von Adam Parr
Adam Parr: «Lasst uns hoffen, dass David Ward gegen die herrschende FIA-Führungsriege antritt»
Mit der Formel 1 hat Adam Parr offenbar noch nicht abgeschlossen. Der ehemalige Vorstandsvorsitzende des Williams-Teams wetterte schon vor seinem Abgang über das System der Königsklasse. Und auch nachdem der 48-jährige Brite seine Zeit im GP-Sport in seinem Buch mit dem Titel «Die Kunst des Krieges – fünf Jahre in der Formel 1» verarbeitet hat, schiesst er weiter – diesmal gegen den Automobilweltverband FIA.
Parr, der mittlerweile in Diensten der führenden britischen Sport-Stiftung «Sported» steht, erklärt: «Jeder Sport braucht einen Verband, der strategisch, kompetent und effizient arbeitet. Leider gibt es das in der Formel 1 nicht. Die FIA hat sich vom Prinzip der finanziellen Nachhaltigkeit verabschiedet, als sie den Teams sagte, sie wolle keine Kostenkontrolle betreiben. Das ist eine erstaunliche Entscheidung, die man zurücknehmen sollte.»
Als Beispiel fügt Parr den jüngsten Streit um den Reifentest von Pirelli und Mercedes nach dem Barcelona-GP an: «Es dauerte Wochen, bis die FIA die Unsicherheiten über die Legalität des Tests geklärt hatte. Und sie hat auch in einer unüberlegten Hauruck-Aktion auf den Boxengassen-Unfall vom Nürburgring-Rennen reagiert.» Hoffnung gibt ihm die anstehende Wahl des FIA-Präsidenten: «Es gibt Gerüchte, dass David Ward gegen die aktuelle Führungsriege antreten wird. Lasst uns hoffen, dass er das auch macht und damit wenigstens zu einem Umdenken führt.»
Die Formel 1 als Sport will Parr aber nicht kritisieren, wie er betont: «In meinen fünf Jahren habe ich rund 80 Grands Prix mit Williams erlebt. Es gibt Leute, die anerkennen die Formel 1 nicht als Sport, weil man in Fahrzeugen gegeneinander antritt. Doch diese Menschen ignorieren die enormen athletischen Anforderungen, die ein Formel-1-Pilot erfüllen muss, während er auf einer 90-Sekunden-Runde um Tausendstelsekunden kämpft – und das in liegender Position, von der aus die Strecke gerade noch zu erkennen ist. Sie ignorieren das Zusammenspiel von 500 Mitarbeitern, die ein Auto entwerfen und konstant weiterentwickeln, das aus mehr als 5000 Einzelteilen besteht. Die GP-Renner müssen enorme Geschwindigkeiten, Kräfte, Vibrationen und Temperaturen von bis zu 1200 Grad Celsius aushalten, während sie gleichzeitig möglichst leicht und schmal gebaut sein müssen.»