Formel 1: Max Verstappen – alles für die Katz

Sebastian Vettel: «Viele glauben, wir seien verrückt»

Von Mathias Brunner
Infiniti-Testfahrer Sebastian Vettel

Infiniti-Testfahrer Sebastian Vettel

Bei einer Veranstaltung der Nissan-Edelmarke Infiniti in Nashville (Tennessee) wurden Formel-1-Weltmeister ein paar gewohnte und ein paar ungewohnte Fragen gestellt.

Die japanische Automarke Infiniti hat den vielleicht ungewöhnlichsten Testfahrer der Welt – Formel-1-Champion Sebastian Vettel.

Sebastian, was ist dir am Lenkrad eines Strassenautos wichtig?

Im Grunde alles, was der Fahrer ganz direkt spürt: Wie kraftvoll ist der Motor? Wie präzise ist die Lenkung? Wie feinfühlig sind die Bremsen? Wie gut sitze ich im Wagen? Werde ich in den Kurven ordentlich gestützt? Solche Zusammenhänge interessieren mich. Und genau das sind auch die Punkte, die ich bei meiner Arbeit mit Infiniti einzubringen versuche. Ich probiere, die Ingenieure da auf gewisse Punkte aufmerksam zu machen. Für meinen Geschmack war beispielsweise beim Test im Oktober 2012 in Japan die Lenkung nicht präzise genug und auch die Lenkkräfte stimmten nicht. Wir haben seither viele Tests gemacht, unterstützt auch von Sébastian Buemi, der auf der Nürburgring-Nordschleife unterwegs war. Ich wir haben grosse Fortschritte gemacht.

Gleichzeitig darf man meine Arbeit nicht überbewerten – ich würde jetzt nie behaupten: ich habe den Q50 entwickelt. Das Gleiche gilt für das Modell Q30. Ich will Grundsätzliches vermitteln. Generell wird den Japanern ja oft unterstellt, sie würden einfach kopieren. Aber ich sehe das nicht so. Man muss seinen eigenen Weg finden. Das gilt auch für eine Automarke. Wenn ich da ein wenig mithelfen kann, dann freue ich mich.

Wie ist der Rennfahrer Sebastian Vettel im Strassenverkehr?

Ich kann mich gut anpassen. Aber ich bin gewiss nicht der Geduldigste im Strassenverkehr. Generell bin ich ziemlich entspannt. Einige Leute glauben ja immer, Rennfahrer seien hinterm Lenkrad eines Privatwagens komplett durchgeknallt. Aber ich würde mich als eher locker beschreiben.

Wieso sind deine Rennstarts immer so gut?

Die ganze Startprozedur ist ziemlich kompliziert, aber zu einem grossen Teil musst du dich heutzutage auf die Kupplung verlassen können und ihre Einstellungen. Diese Einstellungen für den ganz spezifischen Haftungsgrad deines Startplatzes an diesem Renntag müssen punktgenau stimmen. Danach liegt es am Fahrer, wie er sich am besten aus der Affäre zieht. Ein richtiges Geheimnis gibt es nicht. Der Unterschied zwischen der linken und der rechten Fahrbahnseite ist übrigens auch nicht mehr so ein grosses Thema mehr wie früher, mit der Ausnahme einiger Strecken.

Wieso scheinst du zum Schluss der Rennen immer nach der besten Rennrunde zu trachten?

In der Regel fühlt sich das Auto mit fast leerem Tank fabelhaft zu fahren an. Und da macht es einfach Spass, noch eine schnelle Runde zu drehen. Mein Renningenieur Rocky würde mir deswegen hin und wieder gerne an die Gurgel springen, aber es gibt am Ende des Jahres eine schöne Trophäe für den Mann mit den meisten schnellsten Rennrunden, und ja, das bedeutet mir schon etwas. Aber alles muss auch in einem Rahmen der Sicherheit passieren. Ich würde schön blöd dastehen, wenn mir beim Versuch einer besten Rennrunde kurz vor Schluss der Wagen aus der Kontrolle rutscht!

Wirst du bei einem Sieg in Austin erneut Rauchkringel machen?

(Lacht) Das hängt von der Höhe der Strafe ab! Nein, ernsthaft – in Indien bestand das Problem einfach darin, dass ich den Wagen nicht wie vorgeschrieben im Parc fermé abstellte, sondern auf der Start/Ziel-Geraden. In Abu Dhabi habe ich das etwas cleverer gelöst. Aber die Kringel sind eine spontane Sache, ich mache mir da vorher gar nicht so viele Gedanken. Ich wäre schon zufrieden mit einem guten Rennen in Texas. Ob es anschliessend dann Kringel gibt oder nicht, werden wir sehen. Ich muss mal nach passenden Stellen Ausschau halten ...

Wer wird in der Saison 2014 vorne liegen?

Ich finde es komplett unmöglich vorherzusagen, wie die Saison ablaufen wird. Die Umstellung vom Reglement her ist so riesig, vor allem, was die Antriebs-Einheit angeht. Was die Aerodynamik angeht, so werden wir wegen kleinerer Flügel Abtrieb verlieren, also in den Kurven langsamer sein. Es wird auch einen markanten Unterschied zwischen Qualifying und Rennen geben. Im Abschlusstraining werden wir nach einer schnellen Runde streben können, ohne Einschränkungen. Im Rennen müssen wir mit 100 Kilo Sprit auskommen, da muss man zwischendurch ans Spritsparen denken. Das wird 2014 ein grosses Thema sein. Unterm Strich glaube ich, dass sich die besten Teams erneut durchsetzen werden. Aber eine Reihenfolge zu prophezeihen, das ist nicht möglich.

Was sagst du zur möglichen Rückkehr eines Mexiko-GP?

Zuerst habe ich gehört, es werde schon 2014 einen Grossen Preis von Mexiko geben, dann hörte ich, das Rennen werde im Dezember wohl nicht mehr im Kalender stehen. Das wäre schade. Denn ich habe vor kurzem mit Sergio Pérez und Esteban Gutiérrez herumgealbert. Ich hatte sie gefragt, wieviele Menschen in Mexico-City leben, und sie gaben mir eine irre Zahl als Antwort, 25 oder 30 Millionen Menschen. Worauf ich ihnen sagte – hey, wenn nur ein Bruchteil von ihnen an einem bestimmten Tag auftauchen, dann ist die Rennstrecke doch mir nichts, dir nichts renoviert! Ich würde mich über einen Mexiko-GP freuen. Etwas Latino-Feeling erhalten wir ja bereits in Austin, weil so viele mexikanische Fans kommen.

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