USA-GP in Austin: Wieso die Erfolgsstory weitergeht
Schauspieler Gerard Butler ist Hahn im Korb
Anfangs Dezember wird der endgültige Formel-1-WM-Kalender 2013 veröffentlicht. Er wird erneut 19 Rennen beinhalten. Die ungeliebten Grands Prix von Indien und Südkorea werden darin nicht mehr auftauchen, New Jersey ist auf 2015 verschoben. Auch in Texas waren viele gespannt darauf zu sehen, wie sich das Interesse am GP-Sport entwickeln würde: Vor einem Jahr kamen am Premieren-GP-Wochenende mehr als 265.000 Fans zum «Circuit of the Americas» (COTA), wie würde es dieses Mal sein? Vor allem auch vor dem Hintergrund, dass am gleichen Wochenende das American-Football-Spiel der Texas Longhorns gegen die Oklahoma Sooners auf dem Programm stand.
Die Antwort kennen wir jetzt: Das Interesse an der Formel 1 ist ungebrochen, und die Terminkollision mit Football hatte nur insofern Auswirkungen, dass Hotelbetten rar und Restaurant-Reservationen unerlässlich gewesen sind. Zum Spiel kamen 99.739 Fans.
Amerikaner und Europäer reiben sich im Guten aneinander, in augenzwinkernder Frotzelei. «American Football ist ein wenig wie unser Rugby», stellt der Engländer Tony Aiello fest, der Formel 1 und Football schaute, «nur dass in England keine Körperpolster getragen werden.» Darauf antwortete der Texaner Ken Herman gutmütig: «Genau, und Cricket ist dann wie Baseball, nur mit Tee.»
COTA-Offizielle geben an, dass am Sonntag 113.162 Fans zur Rennstrecke gekommen sind, das ist die zweitgrösste Zuschauerzahl bei einer Sport-Veranstaltung in Austin – hinter dem Grand Prix 2012 (117.000 Fans). Insgesamt strömten in diesem Jahr mehr als 250.000 Fans zur texanischen Rennstrecke – von einem Zuschauereinbruch kann also überhaupt keine Rede sein.
Die Gründe für das anhaltend grosse Interesse in Texas sind im Vergleich zu den Misserfolgen von Indien und Südkorea vielfältig: In den USA hat es jahrlang keinen Formel-1-Lauf gegeben, die Fans sind weiter hungrig auf Grands Prix, und vielen hat die Premiere im Vorjahr so gut gefallen, dass sie wiedergekommen sind. Im Gegensatz zu Indien können sich die meisten Menschen ein Ticket leisten. Aus dem nahen Mexiko sind auch dieses Mal geschätzte 40.000 Fans angereist, davon können andere GP-Veranstalter nur träumen. Die ganze Stadt ist im Formel-1-Fieber, das würden wir von Mokpo oder Greater Noida jetzt nicht unbedingt behaupten. Die Rennstrecke liegt vor den Toren der Stadt und nicht ein einer Einöde wie in Indien. COTA hat seit einem Jahr viel getan – die Infrastruktur wurde verbessert, das Rahmenprogramm attraktiver gestaltet, der Verkehrsfluss optimiert. Die einzige Veränderung zwischen Korea und Indien 2012 und 2013 bestand darin, dass die Anlagen noch mehr verlottert sind.
Texas versteht es, dem Rennen Glamour zu verleihen: Schauspieler wie Antonio Banderas, Matt LeBlanc (aus der TV-Serie «Friends») und Gerard Butler sind vor Ort, Musiker wie Sting oder Pitbull. Der ganze Glamour in Südkorea besteht darin, den GP-Schauplatz endlich verlassen zu dürfen.
Formel-1-Champion Damon Hill bringt es auf den Punkt: «Die Amerikaner geben uns das Gefühl, willkommen zu sein, und das hat nicht nur mit der traditionellen Gastfreundschaft der Texaner zu tun. Dieses Gefühl kommt von Herzen. Die Menschen freuen sich über unseren Zirkus, sie sehen die Formel 1 als Bereicherung. Darauf reagiert der F1-Tross sensibel – das Gefühl beruht also auf Gegenseitigkeit.»
Rennlegende Mario Andretti ergänzt: «Mir war klar, dass es keinen Zuschauereinbruch geben würde. Wieso auch? Alle hatten vor einem Jahr ihren Spass, und das war am vergangenen Wochenende genau so. Ich sehe für den USA-GP in Austin, Texas, eine lange, rosige Zukunft. Jetzt fehlt uns einfach noch ein Einheimischer am Start.»
Der war am GP-Wochenende schon unterwegs, aber nur im freien Training: Caterham-Zögling Alexander Rossi, als erster US-Amerikaner in einem USA-GP-Training seit Scott Speed 2007 in Indianapolis.
Cedric Golden, Kolumnist beim «Austin American-Statesman» fasst zusammen: «Wir haben am vergangenen Wochenende zwei Dinge gelernt. Erstens, der USA-GP von Austin, Texas, ist ein anhaltender Erfolg. Zweitens, Football und Formel 1 am gleichen Wochenende mündet weder in einen Verkehrskollaps, noch nehmen sich die beiden Sportarten etwas weg. Im Gegenteil, sie profitieren sogar voneinander. Oder hast du irgendwelche Klagen von den GP-Fans gehört, vorm Rennen die Cheerleaders der Longhorns und der Dallas Cowboys auftreten zu sehen?»