Drama um Schumi: Therapie umstritten? Akte gesperrt
Hoffentlich steht Michael Schumacher unter einem guten Stern
Seit dem 29. Dezember bangen Millionen von Menschen weltweit um Michael Schumacher. Nach seinem schweren Skiunfall liegt der siebenfache Weltmeister noch immer im künstlichen Koma. Das Ärzteteam um Stéphan Chabardès, den leitenden Hirnspezialisten (der Schumi nach Einlieferung in die Uniklinik Grenoble operierte), Professor Jean-François Payen als führenden Anästhesisten sowie Prof. Emmanuel Gay (welcher die zweite Operation durchführte) hüllt sich in Absprache mit der Familie Schumacher in Schweigen.
Das Interesse am Zustand von Michael Schumacher bleibt jedoch hoch. Offenbar auch innerhalb der Uniklinik von Grenoble. Wie die «Bild» berichtet, musste im internen Computersystem der Zugang zu Schumis Krankenakte beschränkt werden. Zu viel Personal hatte angeblich darauf zugegriffen (wir sprechen hier von mehr als 1500 Fachkräften), nun können sich die Akte nur noch die leitenden Ärzte ansehen.
Risiken der Operation bei Michael Schumacher
Das französische Ärzteteam hat mehrfach erklärt, man werde aus Rücksicht auf die Familie keine Einzelheiten der Behandlung preisgeben. Anlässlich einer Pressekonferenz wurde jedoch bestätigt, dass beim Patienten eine so genannte Kraniektomie angewandt wurde – das steht für die Entfernung eines Teils des Schädelknochens, um einen gefährlichen Bluterguss zu entfernen und/oder Schwellung und damit Druck im Schädelbereich abzubauen.
Niemand würde nur eine Sekunde anzweifeln, dass Michael Schumacher in Grenoble in besten Händen ist. Die Uniklinik gilt als beste Adresse weit und breit, was die Behandlung von Schädelhirn-Traumata betrifft. Und selbstverständlich tun Michael Schumachers Ärzte alles, was ihnen zum jeweiligen Moment von Schumis Zustand als bestmögliche Behandlungsvariante erscheint.
Wie der Zürcher «Tages-Anzeiger» jedoch berichtet, birgt dieser Eingriff auch erheblich Risiken. Decra, eine Studie von 2011, die in Australien und anderen Ländern durchgeführt wurde, kam zum Schluss, dass die Liste möglicher Komplikationen lang sei.
Unsichere Heilungsaussichten
Jeder Neurologe kann bestätigen: Das grundsätzliche Problem bei so schweren Kopfverletzungen in Sachen Heilungsaussichten besteht darin – jede Genesung verläuft anders. Ganz entscheidend: Wie schnell nach dem Unfall konnte der Patient mit Sauerstoff versorgt werden? (Darüber ist die Öffentlichkeit nie informiert worden.) Zu welchen möglichen Hirnschäden haben die Blutungen geführt? (Das lässt sich erst abschätzen, wenn die Spezialisten Schumi ganz behutsam aus dem Koma zu holen versuchen.)
Gemäss einer umfangreichen Studie von Schädelhirn-Traumata in der Schweiz namens Pebita (ein Kürzel aus «patient relevant endpoints after brain injury from traumatic accidents») erholen sich vierzig Prozent der Patienten bis zu einem Jahr nach dem Unfall recht gut. Recht gut bedeutet in diesem Zusammenhang, dass sie Arme und Beine bewegen können. Oft bleiben jedoch neurologische Einschränkungen zurück. Bei 60 Prozent der Überlebenden ist ein längerer Weg vorgezeichnet, auf dem sich der Patient mühselig vieles wieder aneignen muss, was für einen gesunden Menschen normal ist. Die im Juli 2012 veröffentlichte Studie Pebita basiert auf Ergebnissen von 921 Patienten aus elf Spitälern, im Zeitraum zwischen 2007 und 2012.
Als kritische Schwelle gelten bei Schäsdelhirn-Traumata nicht nur die ersten 48 Stunden des verunfallten Patienten, sondern – sobald er gemäss des üblichen Vorgehens ins künstliche Koma versetzt wurde – auch die ersten vierzehn Tage. Dieser Zeitraum wird am Samstag, dem 11. Januar erreicht. Gemäss der Pebita-Studie haben jene Patienten gute Überlebenschancen, die nach rund zwei Wochen aus dem Koma erwachen.
Wann die Grenobler Ärzte erneut über Michael Schumacher informieren, steht zum jetzigen Zeitpunkt nicht fest.