Nürburgring: Wie der Verkauf verhindert werden kann
Der Verein «Ja zum Nürburgring» versucht, den Verkauf der legendären Rennstätte zu stoppen
Der Verein «Ja zum Nürburgring» versucht mit einer Beschwerde gegen den Investorenprozess vor der EU-Kommission den Nürburgring-Verkauf zu verhindern. Als Sprachrohr hat sich die ehrenamtliche Gruppe um ADAC-Ehrenpräsident Otto Flimm einen EU-Experten an Bord geholt: Dieter Frey lernte als langjähriger Anwalt für Wettbewerbs- und Beihilfenrecht in Brüssel die EU-Strukturen von innen kennen.
In einem Interview mit der Rhein-Zeitung erklärt der Advokat: «Wir halten einen Stopp des Verkaufs für sehr realistisch, da die EU-Kommission bei Verstössen gegen die Transparenz und das Gebot der Diskriminierungsfreiheit von Bietverfahren verlangt, dass ein Verkaufsprozess eingestellt und neu konzipiert wird.»
Konkret seien die Einzelbieter diskriminiert worden, die sich für den Einzelerwerb der Nordschleife oder des Grand-Prix-Kurses interessiert hätten: «Die Ausschreibungsunterlagen und die Handlungen der Verantwortlichen für die insolventen Nürburgring-Gesellschaften sind eindeutig auf den Verkauf der Hotels und Freizeitanlagen zusammen mit der Rennstrecke als Ganzes ausgerichtet. Das zeigt sich schon daran, dass die europarechtlich erforderlichen Bewertungs- und Zuschlagskriterien fehlen.»
«Ohne solche Kriterien», erklärt Frey weiter, « ist nämlich ein Vergleich zwischen Angeboten nur für die Rennstrecke und Angeboten auf das Ganze unmöglich.»Er ist überzeugt: «Einzelgebote für die Rennstrecke hatten nur eine theoretische Chance. Zentral für den Zuschlag soll die Wertmaximierung über alle Vermögensgegenstände hinweg aufgrund nur eines abgegebenen Gebotes sein. Das bedeutet nichts anderes, als dass der von einem Investor gebotene Gesamtpreis entscheidet. Es werden gar keine gesonderten Angebote etwa für die Rennstrecke allein abgefragt und miteinander verglichen. Durch diesen Dreh stehen natürlich immer Gebote für das Gesamtkonglomerat aus Rennstrecke, Hotels und Freizeitanlagen besser da, weil der dafür anzusetzende Preis höher ist als derjenige für einzelne Cluster.»
Neuanfang ohne Altlasten?
Und das ist nicht der einzige Einwand, den der EU-Rechtsexperte anführt: «Der Prozess ist so konstruiert, dass die mit rechtswidrigen Beihilfen geschaffenen Wettbewerbsvorteile aufrechterhalten bleiben. Das öffentliche Eigentum wird lediglich in die Hände eines privaten Investors gegeben. Nur dass nach dem Verkauf der private Investor von den Beihilfen profitiert. Ihm wird in der Ausschreibung unumwunden ein Neuanfang ohne Altlasten versprochen. Der Betrieb der gesamten Infrastruktur am Nürburgring mit einem gemeinsamen Management und einer zentralen Verwaltung wird dem Investor schmackhaft gemacht. Zudem werden die Synergien von Übernachtungs- und Gastronomieformaten, den Veranstaltungsstätten sowie der Rennstrecke angepriesen. Dies kann auch als Einladung zu unzulässigen Koppelgeschäften verstanden werden.»
Stilllegung des Nürburgrings kein Thema
Frey warnt: «So wie der Veräusserungsprozess konstruiert ist, wird weder dem Sport noch der Region eine zukunftssichere Grundlage geboten. Der Erwerber muss damit rechen, dass die Verpflichtung der Rückzahlung auf ihn ausgedehnt wird. Damit wäre die nächste Insolvenz absehbar.»
Und er betont, dass keine Stilllegung des Nürburgrings droht, sollte der Verein mit seiner Beschwerde durchkommen: «Wenn die Beschwerde erfolgreich ist, muss der Veräusserungsprozess eingestellt und neu konzipiert werden. Dies würde die Möglichkeit eröffnen, gemeinsam mit allen Beteiligten an einer besseren, gemeinwohlorientierten Lösung für die legendäre Rennstrecke der Nürburgrings, die für den Sport und die Region so wichtig ist, zu arbeiten. Eine Stilllegung kommt meines Erachtens nicht Betracht: Es gibt nicht einmal eine Rückforderungsentscheidung der EU-Kommission. Diese wäre rechtlich kompliziert und würde noch einige Zeit auf sich warten lassen. Eine solche Entscheidung wäre aber Voraussetzung, um überhaupt an eine Stilllegung denken zu können. Zum anderen hat auch die EU-Kommission mehrfach unterstrichen, dass sie die Bedeutung der Sportstätte des Nürburgrings als automobiles Kulturgut anerkennt.»