Jules Bianchi: Zu schnell, Sicherheitssystem versagte
Eine Kommission hat den Unfall von Bianchi aufgearbeitet
Die FIA hat im Rahmen der Motorsport-Weltratssitzung in Doha einen 400-Seiten starken Bericht zum Unfall von Jules Bianchi beim Grand Prix von Japan vorlegt. Die zehnköpfige Untersuchungskommission, (u.a. mit Ross Brawn, Stefano Dominicali, Emerson Fittipaldi und Alex Wurz) kommt zu dem Urteil, dass Bianchi die doppelten gelben Flaggen, die nach dem Abflug von Adrian Sutil in der Runde zuvor geschwenkt wurden, missachtet hat und zu schnell unterwegs war. Hätte Bianchi das vom Reglement vorgegebene Prozedere der doppelten gelben Flaggen befolgt, hätte er weder sich, noch die Marshall in Gefahr gebracht.
Die Kommission zeigt zudem eine Verkettung unglücklicher Umstände auf. Bianchi hat versucht seinen übersteuernden Marussia mit grossem Einsatz wieder abzufangen, dabei kam er an einem anderen Punkt von der Strecke ab als Sutil und kollidierte in der Folge mit dem Bergefahrzeug. Während der zwei Sekunden zwischen dem Verlassen der Strecke und dem Einschlag stand er mit beiden Füssen auf Gas und Bremse. Für eine solche Situation sieht die Motorsoftware eine «FailSafe» Steuerung vor, die in dem Fall den Motor abstellt. Durch einen Fehler am Drehmomentsensor des hinteren Bremskreislaufes wurde das System gestört. So wie das Bremssystem am Marussia konstruiert wurde, ist es nach dem Untersuchungsbericht grundsätzlich nicht kompatibel mit der «FailSafe» Steuerung. Mit Sicherheit kann allerdings nicht festgestellt werden, ob eine funktionierte Motorabschaltung die Gewalt der Kollision reduziert hat. Offenbar war Bianchi durch den Unfall und die blockierenden Vorderräder seines Marussia so irritiert, dass er nicht mehr in der Lage war zu lenken, um so selbst noch zu versuchen, die Katastrophe abzuwenden.
Die Kommission kommt zu dem Urteil, dass der korrekte Ablauf der Bergung von Bianchi einen Grossteil dazu beigetragen hat, dass er noch am Leben ist. Der Ablauf der Bergearbeiten bei Sutil wurden gemäss den Richtlinien so durchgeführt, wie bei 384 Unfällen in den vergangenen acht Jahren. Die Kommission kommt zu dem Urteil, dass es weder vor dem Unfall von Sutil noch danach einen triftigen Grund gab, das Safety-Car auf die Bahn zu schicken.
Weder durch eine geschlossen Cockpit-Kanzel noch durch seitliche Schürzen am Kran hätte die Umstände des Unfall nach Ansicht der Kommission abgemildert werden können. Ein 700 kg Formel 1 hat gegen eine 6,5 Tonnen schwere Baumaschine bei Tempo 126 km/h immer schlechte Karten.
Es ist nach Ansicht der Kommission der falsche Weg Rennfahrzeuge so zu bauen, das eine Kollision zwischen einem Rennfahrzeug und einem grossen und schweren Fahrzeug für den Rennfahrer ohne Folge bleibt. Viel mehr muss zukünftig verhindert werden, dass sein Fahrzeuge in eine Situation kommt, einen Kran oder Streckenposten zu treffen.
Die Untersuchungskommission hat eine Reihe von Empfehlungen abgegeben, um die Sicherheit zu verbessern, die weit über die Formel 1 hinausgehen und den gesamten Motorsport betreffen. So werden neue Richtlinien für doppelte gelbe Flaggen empfohlen, die Richtlinien für die Drainage an Rennstrecken sollte in Frage gestellt werden und Fahrer bei Erteilung einer Superlizenz in Sicherheitsdingen intensiv geschult werden. Auch die Startzeit von Formel-1-Rennen sollte in Bezug auf Zeiten von Sonnenuntergänge und Dämmerung in Frage gestellt werden, ebenso die Terminierung der Rennen in eventuellen Regenperioden.
Die Untersuchungskommission wünscht sich auch das die Reifenausrüster in jeder Winterpause Gelegenheit zum ausgiebigen Test von Regenreifen haben, um zum Start jeder Saison die aktuellsten Reifenentwicklungen bei Regenreifen berücksichtigen zu können, auch wenn der Faktor Reifen bei dem Bianchi-Desaster keine Rolle gespielt hat.