Austin im Regen: Wie geht Grand Prix ohne Training?
Grüsse vom Circuit of the Americas
Natürlich hatten wir in der Formel 1 schon Tage, an welchen sich auf der Rennstrecke kein Rad drehte: Einmal gab es Taifun-Warnung in Suzuka, Fans und Fachleute wurden angewiesen, in ihren Hotels zu bleiben. Der Taifun drehte dann leicht ab, Schäden an Leib und Leben gab es im Grossraum Tokio, nicht jedoch in Suzuka. Quali und Rennen fanden am Sonntag statt – bei schönstem Wetter übrigens.
Damit ist hier in Austin nicht zu rechnen.
Die gegenwärtige Situation: Es regnet noch immer wie aus Kübeln.
Die Organisatoren haben über Radio und die sozialen Netzwerke verbreiten lassen: die Tore zur Strecke werden frühestens um zwölf Uhr früh mittags geöffnet (das ist 19.00 in Europa), bis dann sollen die Fans nicht auf den Weg machen. Tausende haben das entweder nicht gehört oder richten sich nicht danach, die Situation auf vielen Zufahrtstrassen neigt zum Chaos, weil es an zahllosen Stellen stehendes Wasser hat.
Das für 10.00 Uhr (17.00 Uhr Europa) geplante erste freie Training ist schon mal ins Wasser gefallen.
Organisatoren und Formel-1-Rennleiter Charlie Whiting werden die Situation weiter beobachten. Die Meteorologen sagen: Es ist nicht mit einer Besserung zu rechnen. Vieles deutet darauf hin: Wir werden heute keinen Fahrbetrieb auf dem «Circuit of the Americas» (COTA) haben.
Wenn aber heute nicht gefahren werden kann, wie geht es dann weiter?
Gut möglich, dass wir in Austin eine Premiere erleben: Denn nichts im Reglement besagt, wie vorzugehen sei, wenn es kein zweites freies Training und auch kein drittes gegeben hat und wenn auch keine Qualifikation gefahren werden konnte. Diesen Fall gab es einfach noch nie!
Die FIA wird (sollte heute kein Fahren möglich sein) versuchen, morgen ein Quali und ein Rennen zu veranstalten. Sollte auch keine Quali möglich sein, dann obliegt es den Rennkommissaren, wie sie die Startaufstellung definieren wollen – sie können dazu die Reihenfolge im ersten Training verwenden oder den WM-Stand. Da die Rennfahrer ihre Startnummern heutzutage frei wählen können, werden die Kommissare auf die letzte Möglichkeit – Start gemäss Startnummern – nicht zurückgreifen. Eine hohe oder tiefe Nummer hat heute nichts mehr mit den Leistungen vom Vorjahr zu tun (wie früher).
Schwarzmaler geben zu bedenken: Was passiert, wenn es auch am Sonntag schüttet?
Mein Kollege Adam Cooper hat im Reglement nachgeblättert: Sollte am Sonntagmorgen keine Qualifikation möglich sein, haben Sauber und Lotus ein richtiges Problem.
Denn im Reglement ist vorgesehen: Wer an keinem Training teilgenommen hat, der kann auch nicht am Grand Prix teilnehmen. Bei Sauber fuhr jedoch im ersten Training Ferrari-Zögling Raffaele Marciello, nicht Stammfahrer Felipe Nasr. Gemäss Reglement müsste Sauber dann den Nachwuchsmann im Rennen einsetzen!
Pastor Maldonado wäre ebenfalls in Schwierigkeiten, weil er im ersten freien Training nur eine Installationsrunde zurückgelegt hat (Getriebeprobleme), aber keine gezeitete Runde fuhr.
Ohne Quali würde Rennchef Charlie Whiting so lange warten, wie es geht, um einen Einsatz der Rennwagen zu vertreten. Ein Start hinter dem Safety-Car im Regen ist denkbar, möglicherweise wird das Rennen dann nach kurzer Zeit abgebrochen und gilt als gefahren. Selbst wenn das eine Farce wäre.
Die Verschiebung eines Rennens ist nicht vorgesehen (das Indy 500 beispielsweise ist schon mehrfach um einen oder mehrere Tage verschoben und dann gefahren worden). Die ganze Logistik der Formel 1 ist darauf ausgelegt, in der Sonntagnacht und am Montag zusammenzupacken und Richtung Mexiko zu jetten.
Das letzte Mal, als ein Grand Prix nicht stattfinden konnte: Juni 1985 in Spa-Francorchamps, als der neue Belag aufbrach. Das Rennen wurde dann im September nachgeholt.