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Ecclestone: Formel 1 2017 – zwei europäische GP weg

Von Mathias Brunner
Bernie Ecclestone in Monaco mit seinen Töchtern Tamara (links) und Petra

Bernie Ecclestone in Monaco mit seinen Töchtern Tamara (links) und Petra

Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone sendet wieder einmal widersprüchliche Signale: Vor Wochen sprach er vom Ausbauen des GP-Programms, nun will er es verringern – auf Kosten der Europäer.

Noch vor wenigen Wochen schloss Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone nicht aus, dass die Grand-Prix-Saison in ein paar Jahren 25 Rennen lang sein könnte. Die Rennställe stöhnten auf: Für sie ist schon mit 21 Rennen wie in diesem Jahr die Belastungsgrenze überschritten. Derzeit stecken wir in einer Phase von acht Wochen mit sechs Rennen – und sind dabei von Kanada innerhalb weniger Tage nach Aserbaidschan gereist, acht Stunden Zeitunterschied, wo viele sehr müde Gesichter zu sehen waren.

Ecclestone hat auch festgehalten, dass die WM der kommenden Saison keine grossen Überraschungen beinhalten werde. Aber hinter den Kulissen ist einiges am tun, jedenfalls genug, dass bei der FIA-Konferenz in Turin kein provisorischer Terminkalender für die Formel-1-Saison 2017 erarbeitet werden konnte.

Denn nun sagt Ecclestone in einem Interview mit dem russischen TV-Sender RBC: «Es ist möglich, dass wir im kommenden Jahr wieder weniger Rennen haben. Ein oder zwei Länder werden wohl wegfallen. Und neue Länder werden aus anderen Teilen der Welt kommen, nicht aus Europa. Die Formel 1 ist schliesslich keine Europameisterschaft, das ist eine Weltmeisterschaft.»

Säbelgerassel vom 85jährigen Baumeister des modernen Grand-Prix-Sports ist nichts Neues, um Menschen unter Druck zu setzen.

Aber Fakt ist auch: Wir haben noch immer keinen Vertrag für die Fortsetzung des Italien-GP in Monza über 2016 hinaus, und der Deutschland-GP auf dem Nürburgring fand schon 2015 nicht statt. In dieser Saison wird in Hockenheim gefahren, aber im kommenden Jahr wäre eigentlich wieder der Nürburgring dran.

Ecclestone auf die Frage, wie ein Rennveranstalter seinen Grand Prix behalten könne, sagt Bernie: «Bezahlen.»

Darauf angesprochen, dass die Rennveranstalter unter den hohen Antrittsgebühren ächzen, die teilweise auf die Fans umgewälzt werden müssen, und dennoch sind viele Rennen nicht profitabel, sagt Ecclestone: «Das ist nicht meine Schuld. Ich organisiere keine Rennen. Es ist ihre Aufgabe, Fans anzuziehen.»

Analyse: GP-Anteil von Europa immer kleiner?

Der frühere BMW-Motorsportchef Dr. Mario Theissen hat es völlig richtig auf den Punkt gebracht: «Die Formel 1 muss eine Mischung bleiben aus traditionellen Rennstrecken und aufregenden neuen Kursen in Wachstumsmärkten. Wir müssen Rennen haben wie in Singapur oder wie in Abu Dhabi. Aber die grossen Strecken müssen unbedingt bleiben, Monza und Spa-Francorchamps, Silverstone und Monaco.»

2016: Die richtige Mischung?
Ein Blick ins WM-Programm 2016 zeigt, wie der nächstjährige Verteilschlüssen aussieht: Von 21 Rennen finden acht in Europa statt (Spanien, Monaco, Österreich, Grossbritannien, Ungarn, Deutschland, Belgien, Italien), sieben in Asien/Ozeanien (Australien, China, Russland, Aserbaidschan, Singapur, Malaysia, Japan), zwei in Nordamerika (Kanada und USA), zwei in Mittel- und Südamerika (Mexiko und Brasilien) sowie zwei im Mittleren Osten (Bahrain und Abu Dhabi).

Für 2017 ist neuer Ärger programmiert: Nach heutigem Stand wird der Nürburgring wie 2015 nicht in der Lage sein, das Rennen auszutragen. Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone sucht nach einem GP-Ort in Kalifornien, Katar buhlt um einen WM-Lauf, das setzt die europäischen Veranstalter noch mehr unter Druck. Aber wie sieht es aus, wenn wir in Zehnjahresschritten zurückblicken? Wie gross war der Anteil des europäischen Kernmarkts früher?

2005: Einige Sorgenkinder
Vor zehn Jahren gab es 19 WM-Läufe. Damals waren es jedoch zehn in Europa, fünf in Asien/Ozeanien, zwei in Nordamerika, einer in Südamerika und einer im Mittleren Osten. Gemessen an 2015 sind seit 2005 der San-Marino-GP in Imola verschwunden (damals eine gute Ausrede, um zwei Rennen auf italienischem Boden zu haben), der Europa-GP auf dem Nürburgring (eine gute Ausrede damals, um zwei Rennen auf deutschem Boden zu haben), der Indy-GP (heute fahren wir in Austin/Texas), der Türkei-GP ausserhalb von Istanbul. Bahrain gab es zwar schon, nicht aber Abu Dhabi. Damals ebenfalls noch im WM-Angebot: der Grosse Preis von Frankreich. Den haben wir dann 2008 verloren.

1995: Ganz anderes Bild
17 Rennen, die sich wie folgt aufteilten: Gleich elf Rennen in Europa (also 64 Prozent der WM, Anteil 2016 noch 38 Prozent!), drei in Asien und Ozeanien, nur einen in Nordamerika, zwei in Südamerika und basta. Im Mittleren Osten wurde damals von einem Grand Prix nur geträumt, die Südamerika-Tournee bestand aus Brasilien und Argentinien, in Japan gab es gleich zwei Grands Prix (neben dem fabelhaften Suzuka der eher peinliche TI-Circuit in Aida), und in Australien wurde damals in Adelaide gefahren, nicht in Melbourne. Die Europäer freuten sich über einen WM-Lauf in Portugal, zusätzlich zu den genannten Rennen auf europäischem Boden oder jenen WM-Läufen, die auch im aktuellen Programm enthalten sind.

1985: Schon damals kein New-York-GP
Vor dreissig Jahren gab es 16 WM-Läufe. Mit elf von sechzehn Rennen lag der Anteil von Europa bei stattlichen 68,75 Prozent, ergänzt wurde die WM durch ein Rennen in Brasilien (damals in Rio), eines in Australien (erster Grand Prix des Landes im Rahmen der Formel-1-WM!), zwei in Nordamerika (Strassen-GP in Detroit sowie Montreal) und eines in Südafrika. Gemessen an 2015 hat sich der Anteil der Rennen in Nordamerika also gehalten, Asien/Ozeanien jedoch ist von 6,25% der Rennen auf 30 geschnellt! 1985 gab es noch einen Holland-GP, der Kurs in der Steiermark hiess noch Österreichring, und der Europa-GP fand in Brands Hatch statt – weil sich die Pläne für Strassen-GP in Rom und New York (!) zerschlagen hatten.

1975: Asien, wo bist du?
14 Rennen der WM, zehn davon in Europa (= 71,43 Prozent Anteil). Dazu zwei Rennen in Südamerika, eines in Südafrika und eines in den USA. Von einem Rennen in Asien ist noch nichts zu sehen: der erste Japan-GP kam erst ein Jahr später (mit dem dramatischen Finale von Fuji zwischen Niki Lauda und James Hunt).

1965: Nur zehn Rennen
Die Fans erhielten vor 50 Jahren eben mal die Hälfte der Rennen von 2015 serviert, also ganze zehn Grands Prix. Europa dominierte mit 70 Prozent, dazu gab es je einen Lauf in Südafrika, den USA und Mexiko.

1955: Alibiübung Indy-GP
Das Indy 500 gehörte damals zum WM-Programm, aber kaum ein europäisches Team reiste nach Amerika. Das Rennen hiess auch nicht USA-GP. Im Grunde könnten wir die Veranstaltung aus Sicht der Formel 1 glatt ignorieren. Abgesehen vom Argentinien-GP fanden die restlichen fünf Grands Prix alle in Europa statt. Genau: eine Saison, nur sieben Läufe (wenn wir Indy nicht rechnen, sogar nur sechs). Noch wilder: Die WM begann zwar schon am 16. Januar in Buenos Aires, dann aber mussten sich die Rennfans bis zum 22. Mai gedulden, um in Monaco einen weiteren Lauf zu erleben. Mit dem Monza-GP am 11. September war die Herrlichkeit schon vorbei.

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