Formel 1: Max Verstappen – alles für die Katz

Cyril Abiteboul (Renault): F1 – Draft-System wie NBA

Von Rob La Salle
Chase Carey (links) von Liberty Media mit McLaren-Chef Ron Dennis (Mitte) und Honda-Präsident Takahiro Hachigo

Chase Carey (links) von Liberty Media mit McLaren-Chef Ron Dennis (Mitte) und Honda-Präsident Takahiro Hachigo

​Der US-Amerikaner Chase Carey schaut sich in Ruhe in Singapur um. Der künftige Vorstandsvorsitzende der Formel-1-Gruppe will in Ruhe den Grand-Prix-Sport kennenlernen.

Für einmal sind sich die meisten Experten im Formel-1-Fahrerlager einig: Der US-Medienkonzern Liberty Media als künftiger Mehrheitseigner der Formel 1 wird die Art und Weise verändern, wie die Menschen Grands Prix sehen. Und das ist auch dringend notwendig, um neue Fans anzulocken.

Hoffnungsträger Chase Carey ist in Singapur auf Händeschüttel-Tour. Der 62-Jährige hat wissen lassen, dass er hier sei «um zuzuhören, nicht um zu reden». Mercedes-Teamchef Toto Wolff: «Er bringt viel Erfahrung aus den USA im Umgang mit Sport mit. Man spürt, dass er sich für unseren Sport sehr interessiert und er hat gleich mal gesagt – ich werde euch sehr viele Frage stellen. Mir gefällt das, das ist die richtige Einstellung.»

Chase Carey hatte in den 90er Jahren die richtige Nase, innerhalb des Fox-Konzerns die Sportberichterstattung zu fördern. Es war Carey, der mit der National Football League (NFL) einen 1,6-Milliarden-Handel für die Übertragungsrechte der Spiele abschloss. Ergebnis: Fox Sports wuchs und gedieh.

Carey hat genaue Vorstellungen davon, was er aus der Formel 1 machen will, wie er bei der Bekanntgabe des Liberty-Media-Milliardendeals festhielt: «Wir sehen unser Engagement als Gelegenheit, den Sport zum Wohle von Fans, Rennställen, Partnern und Teilhabern wachsen zu lassen. Wir wollen den Sport intensiver vermarkten. Wir wollen vor allem im digitalen Bereich zulegen, den Rennkalender entwickeln, eine breitere Basis an kommerziellen Partnerschaften eingehen. Wir sehen überall Potenzial für Wachstum: bei der Vermarktung der Grands Prix, bei den TV-Übertragungen, bei der Werbung, beim Sponsoring.»

Der Kulturwandel in der Formel 1 ist überfällig: Denn alleine beim Thema soziale Netzwerke hat Serienpromoter Bernie Ecclestone den Schritt in die Gegenwart verschlafen. Die Formel 1 hat es versäumt, junge Zuschauer nachzuziehen. Und sie hat mit viel zu vielen Reglementsänderungen und nicht nachvollziehbaren Vorschriften das Stammpublikum verärgert.

Liberty Media will das alles besser machen, und wie der Franzose Cyril Abiteboul (Geschäftsleiter von Renault Sport) bei NBC Sports sagt, könnten die Amerikaner auch vor radikalen Ideen nicht zurückschrecken.

Abiteboul meint: «Ich bin ein grosser Basketball-Fan und damit der NBA. Und ich habe mir immer gedacht – ein Draft-System wie in den USA, das wäre doch in der Formel 1 machbar.»

Der so genannte Draft in der NBA (National Basketball Association) ist eine Veranstaltung, bei welcher die Liga-Teams die Rechte an verfügbaren Nachwuchsspielern erwerben können, die meisten davon kommen direkt vom College. Auch in der National Football League (NFL) gibt es einen Draft für Amateur- oder Jugendspieler.

Der Draft dient dazu, ein Stärke- und Chancengleichgewicht zwischen den engagierten Mannschaften herzustellen, da das schlechteste Team der abgelaufenen Saison den ersten Spieler, und in der Regel auch besten Spieler, des Draft-Jahrgangs auswählen darf.

Cyril Abiteboul weiter: «Die Formel 1 ist sehr europäisch regiert, um nicht zu sagen britisch. Gleichzeitig ist sie durch und durch kapitalistisch. Wenn du erfolgreich bist, dann zehrst du von deinem Erfolg, und das System ist so aufgestellt, dass du alles daran setzt, deine Machtposition zu schützen. Die Amerikaner haben eine ganz andere Denkweise. Natürlich weiss ich, dass ein Draft nicht einfach auf die Formel 1 umsetzbar ist. Aber ich fände es schon interessant, wenn Liberty Media ein wenig die amerikanische Mentalität, also ihre Sichtweise von Sport einbringen könnte.»

Eines muss aber auch klar sein: Auf die Schnelle wird sich nicht so viel ändern. Das so genannte Concorde-Abkommen – jener Vertrag, der die wirtschaftlichen und sportlichen Zusammenhänge zwischen dem Automobilverband FIA, den GP-Rennställen und Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone regelt – ist bis 2020 betoniert. Die Frage wird ist: Wie geht es über 2020 hinaus weiter?

Die Frage wird auch sein, ob Bernie Ecclestone dann noch an Bord sein wird. In einem Gespräch mit Martin Brundle von der britischen Sky sagt der 85jährige Baumeister des modernen Formel-1-Sports: «Zum Glück brauche ich kein Geld mehr. Ich brauche keinen Job. Sollten die Dinge nicht so laufen, wie ich sie für richtig erachte, dann werde ich verschwinden.»

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