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Hans-Jürgen Abt: Formel E ist ein Erfolgsmodell

Von Otto Zuber
Hans-Jürgen Abt

Hans-Jürgen Abt

Als einziges deutsches Team wagte ABT Sportsline das Abenteuer Formel E. Nach der ersten Saison zieht Teamchef Hans-Jürgen Abt eine positive 
Bilanz – sportlich, aber auch aus Sicht der Fans, Partner und Medien.
Mit ein wenig Abstand: Wie zufrieden sind Sie mit dem dritten Platz in der Fahrer- und Teamwertung der Formel E?

Wir sind mit dem Ziel in die Saison gestartet, Siege zu holen und um den Titel zu kämpfen. Beides ist uns gelungen. Die Entscheidung, wer der erste Formel-E-Champion wird, war sogar bis zur letzten Runde offen, alles hätte passieren können. Als Team und mit Lucas (di Grassi) und Daniel (Abt) in diesem hochklassigen Feld eine gute Rolle zu spielen macht uns stolz. Natürlich haben wir den Titel gewollt und hätten alles dafür gegeben – aber wir haben unseren Frieden mit Platz drei gemacht.

Woran hat es gelegen, dass die größten Pokale nicht nach Kempten gingen?

Eines vorweg: Wer nach elf Rennen ganz oben steht, ist ein verdienter Champion – das gilt sowohl für die Fahrer- als auch für die Teamwertung. So fair muss man als Sportsmann schon sein. Wir hatten ein gutes Jahr, aber eben kein perfektes. Lucas stand bei elf Rennen sechsmal auf dem Podium, das war häufiger als der Erste und Zweite der Meisterschaft. Aber er musste eben auch zwei harte Rückschläge einstecken: In Buenos Aires ist ihm in Führung liegend die Aufhängung gebrochen und auch für den Wertungsausschluss nach seinem Sieg in Berlin konnte er rein gar nichts. Das waren zweimal 25 Punkte, die uns allen sehr wehgetan haben.

Wie richten Sie Fahrer und Team nach solchen Vorfällen wieder auf?

Da brauche ich nicht viel zu sagen. Lucas ist nicht nur ein bärenstarker Rennfahrer, sondern auch eine tolle Persönlichkeit. Wie er nach der Disqualifikation in Berlin mit den Mechanikern umgegangen ist, sie aufgebaut und ihnen Vertrauen vermittelt hat, ist aller Ehren wert und nicht alltäglich. Die ganze Mannschaft hat nur zwei Wochen später in Moskau mit einem weiteren Podiumsplatz genau die richtige Antwort gegeben.

Ist dieser Zusammenhalt ein Erfolgsgeheimnis?

Bei uns spielt Teamwork eine große Rolle, ohne gegenseitiges Vertrauen und absolute Professionalität gewinnen Sie kein Rennen. Nehmen Sie zum Beispiel die Boxenstopps, die in der Formel E enorm wichtig sind – man kann Zeit gewinnen oder aber das ganze Rennen verlieren, wenn man zu schnell wieder auf die Strecke geht. Im Durchschnitt haben Daniel und Lucas die besten Stopps aller Fahrer und unsere Mannschaft die besten Stopps aller Teams. Starke Leistung, darauf bin ich sehr stolz.

Wie fällt Ihre Bilanz der ersten Formel-E-Saison aus?

Unsere Erwartungen waren hoch, aber sie sind noch übertroffen worden. Wir haben zehn Events an faszinierenden Orten erlebt und stets war die Organisation trotz großer Herausforderungen nahezu perfekt – dazu kann man dem Team der Formel E um Alejandro Agag, Alberto Longo und Ali Russell nur herzlich gratulieren. Was aber noch beeindruckender ist: Die Jungs sind nie zufrieden, sondern wollen immer noch mehr. Es zeichnet sie aus, dass sie dabei Wert auf die Meinung der Teams legen und die Serie als gemeinsames Projekt aller Beteiligten verstehen.

Wie zufrieden sind Sie mit der Resonanz der Fans und der Partner?

Die Begeisterung der Fans freut mich riesig. Allein zuletzt in London waren am Wochenende 60.000 Menschen im Battersea Park, um die Formel E live zu erleben, insgesamt haben wir in der ersten Saison fast 400.000 Menschen an der Strecke gehabt. Für eine neue Rennserie, die gerade ihre erste Saison fährt, sind das beeindruckende Zahlen. Wir werden auch in Zukunft alles dafür tun, um den Zuschauern einen unvergesslichen Tag zu bieten. Unseren Partnern gebührt ein riesiges Dankeschön! Sie haben großen Mut bewiesen, denn schließlich war die Premierensaison der Formel E für alle Beteiligten – Teams, Fahrer und Sponsoren – ein großes Abenteuer. Aber alle unsere Sponsoren haben das Thema Formel E gelebt und sich voll eingebracht. Das macht schon jetzt Lust auf die nächsten Jahre.

Und das Feedback der Medien?

Die Formel E ist ein Erfolgsmodell, keine Frage. Wer auf Zahlen steht: Insgesamt wurde in der ersten Saison im Fernsehen weltweit rund 6.700 Stunden über die Formel E berichtet, knapp 190 Millionen Menschen haben die Sendungen verfolgt. Nimmt man die Beiträge in News-Sendungen hinzu, ergibt sich ein Vielfaches davon. Bei den Rennen hatten wir regelmäßig zwischen 250 und 400 Medienvertreter zu Gast. Und von diesen Superlativen gibt es noch eine ganze Menge. Mich freuen aber auch andere Dinge: Der Motorsport hat es mit einer Reportage zur Formel E zum ersten Mal in das Greenpeace-Magazin geschafft – und zwar sogar auf den Titel. Wir erreichen – und begeistern – mit unserem Thema völlig neue Zielgruppen.

In der nächsten Saison geht ABT als eigener Hersteller an den Start. Wie ist der Stand der Vorbereitungen?

Wir sind mittendrin. Unser neues Auto, das den Namen ‚ABT Schaeffler FE01‘ trägt, hat bereits am 11. Juni seine Jungfernfahrt erlebt und seitdem weitere Testfahrten in Süddeutschland und Ungarn absolviert. Sowohl Daniel als auch Lucas haben bereits die neuen Komponenten getestet, weitere Termine folgen in den nächsten Wochen. Natürlich ist es ein ganz besonderer Moment, wenn ein neues Rennauto seine ersten Meter absolviert. Aber wir sehen auch, wie viel Arbeit in den nächsten Wochen noch vor uns liegt. Die ganze Mannschaft gibt ihr Bestes, damit wir im Oktober in Peking bestmöglich aussortiert sind.

Welches Design wird das neue Auto haben?

Nach aktuellem Stand bleiben alle wichtigen Partner an Bord, vielleicht kommt sogar noch die eine oder andere Überraschung hinzu. Wenn alle ihre Wünsche geäußert haben, werden wir unser neues Design entwickeln. Wichtig ist jetzt erst einmal, dass unser Auto schnell ist.

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