MotoGP: Neuer Yamaha-Motor zu stark

Eenrum: Florian ist tot, Fragen über Fragen bleiben

Von Rudi Hagen
2022 EM-Finale Seitenwagen in Eenrum mit Airfences

2022 EM-Finale Seitenwagen in Eenrum mit Airfences

Es war keine Woche her, dass Florian Niedermeier in Eenrum tödlich verunglückte und Marco Hundsrucker schwer verletzt überlebte. Airfences gab es dort nicht. Auch in Staphorst und Uithuizen nicht.

Marco Hundsrucker und Florian Niedermeier krachten beim «Master of Sidecars» im niederländischen Eenrum aus ungeklärter Ursache ungebremst in die Planke. Niedermeier starb noch auf der Bahn, Hundsrucker liegt mit schwerwiegenden Verletzungen im Krankenhaus.

War das entsetzliche Unglück zu vermeiden? Vor technischen Defekten ist niemand gefeit, Materialfehler eingeschlossen. Auch eigene Fahrfehler oder die von Konkurrenten auf der Bahn können passieren.

Wäre der furchtbare Crash anders, glimpflicher, ausgegangen, wenn in der betreffenden Kurve Airfences installiert gewesen wären? Die Frage ist hypothetisch, der Beweis bleibt im Nachhinein natürlich aus.

Aber, und hier kommt das ganz große ‚Aber’: Wir wissen nicht, wie viel die luftgepolsterten Kunststoffkissen, die beim Aufprall eines Fahrers stark nachgeben und die kinetische Energie schonend auffangen, geholfen hätten. Fest steht, dass sie nicht geschadet hätten. Der Aufschlag auf die Bretter wäre deutlich geringer gewesen.

Zum Vergleich: Stephan Katt stürzte im vergangenen Jahr beim Langbahn-GP in Scheeßel in der ersten Kurve ähnlich heftig. Dort bremsten Airfences den Aufprall. Der «Catman» trug diverse Verletzungen davon, überlebte aber glücklicherweise. Er selbst sagte später, er hätte den Airfences sein Leben zu verdanken.

Airfences sind seit 2012 im deutschen Bahnsport Pflicht, sofern nicht entsprechende Auslaufzonen (ein Prozent der Streckenlänge bei Strecken über 400 m Länge) vorhanden sind. Parallel zu dieser Auflage hatte der Deutsche Motor Sport Bund (DMSB) für rund 125.000 Euro die der Sicherheit dienenden Luftkissen angeschafft, eine entsprechende Logistik aufgebaut und sie an ihre Bahnsport-Veranstalter gegen Gebühr abgegeben.

Als deren Homologation ablief, hatte die ADAC Stiftung zu 100 Prozent dafür gesorgt, dass Norddeutsche und Süddeutsche Bahnrennen Veranstalter (NBM und SBM) insgesamt 800 Meter neue Airfences anschaffen konnten. Mit Hilfe einer GbR werden die Airfences an die Clubs für ihre Rennen verliehen. Der MSC Moorwinkelsdamm und der AC Vechta gehörten zu den ersten Clubs in Deutschland, die die Airfences bei ihren Rennen einsetzten.

Beim KNMV gibt es diese Vorschrift nicht, von den veranstaltenden Clubs kommt immer wieder das Argument: «Wenn diese Vorschrift kommt, ist bei uns der Bahnsport tot.»

Jetzt aber ist Florian Niedermeier tot.

Diverse deutsche Veranstalter haben dem KNMV schon vor Jahren Kooperationen in Bezug auf den Verleih der Airfences angeboten.

Aber nichts ist geschehen. Sicher, bei den Rennen der FIM Europe  wie der Seitenwagen-EM 2022 in Eenrum, sind die Veranstalter verpflichtet, Airfences aufzustellen.

Aber: Sind Rennen auf niedrigerem Niveau wie die einer EM oder WM weniger gefährlich? Natürlich nicht, im Gegenteil. Man kann doch davon ausgehen, dass in den höchsten Prädikaten erfahrenere und bessere Aktive am Start sind. Die Motorräder sind die gleichen.

Nein, nein, am Geld darf es nicht liegen.

Der DMSB sagt in seinem Bahnsport-Reglement 2023 unter Punkt 4.5 Streckenabnahme dazu: «Die Veranstalter sind berechtigt, für den Einsatz der Airfences von den Fahrern ein Nenngeld/-aufschlag von maximal 10 Euro zu verlangen (ausgenommen FIM Europe-/FIM-Prädikatsteilnehmer bei diesen Veranstaltungen).»

Hier könnte man die Beträge durchaus verdoppeln, dann käme man bei allen Teilnehmern auf durchaus erkleckliche Summen.

Jetzt stellt sich die Frage: Warum nehmen Aktive an Rennen in den Niederlanden teil, wenn sie wissen, dass dort ohne Airfences gefahren wird? Aus Sicht der Niederländer ist es zu verstehen, denn es ist ja ihre Meisterschaft, die sie später auch für höhere Prädikate qualifiziert.

Aber warum fuhren fünf Tage nach dem furchtbarem Geschehen in Eenrum zwei deutsche Gespannteams in Staphorst und Uitzhuizen mit, wo keine Airfences zu sehen waren? Warum haben vor dem Termin in Eenrum überhaupt Teams gemeldet? Es geht doch um ihre eigene Sicherheit.

Alle Teilnehmer haben es selbst in der Hand, sich zu fragen, wo es Airfences und damit mehr Sicherheit gibt.

Dann muss entschieden werden: Fahre ich dort oder nicht?

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