GERT56: Von der Messe Leipzig zum Test nach Almeria
![Toni Finsterbusch, Karsten Wolf, Jan-Ole Jähnig](http://img.speedweek.com/i/2/253c377d0a4e438f8249b0a6717906cf.jpg?preset=i750)
Toni Finsterbusch, Karsten Wolf, Jan-Ole Jähnig
Auch in diesem Jahr nutzte das IDM-Superbike-Team GERT56 aus dem sächsischen Pirna die Bühne der Motorrad Messe Leipzig für seine offizielle Teampräsentation. Dass man nur noch mit zwei Fahrern, mit Toni Finsterbusch und Jan-Ole Jähnig, in der IDM Superbike auf Punktejagd gehen wird, ist längst bekannt, doch mit welchen Erwartungen und Voraussetzungen verrieten die Fahrer sowie Teamchef Karsten Wolf zunächst dem anwesenden Publikum sowie später SPEEDWEEK.com individuell.
2024 trat GERT56 mit Patrick Hobelsberger, Toni Finsterbusch und Jan-Ole Jähnig an. Speziell mit dem Bayern, und dieser selbst wohl auch, wähnte man sich im Kreis der Titelanwärter. Doch dem war bereits nach wenigen Rennen nicht mehr so. Am Ende wurde Hobelsberger als Gesamtvierter sogar nur der zweitbeste GERT-Fahrer, denn der Freizeitfahrer Toni Finsterbusch landete in der Endabrechnung noch einen Platz vor ihm.
Dazu muss man wissen, dass «Pumpen-Toni» schon seit einigen Jahren das Geschäft für Pumpentechnik seines früh verstorbenen Vaters führt und so vergleichsweise wenig Zeit in den Rennsport stecken kann. «Klar, würde ich gern mehr machen und habe einfach Bock, öfters auf dem Motorrad zu sitzen und oft nach Spanien fahren. Auch mein Fitnesstraining würde ich gern nicht erst nach der Arbeit nach 17 Uhr machen. Aber das ist einfach nicht drin und dafür, denke ich, habe ich das die letzten Jahre ganz gut gemacht. Man muss halt gucken, wo verdient man sein Geld und wo gibt man es aus. Ich trage ja auch die Verantwortung für unsere Mitarbeiter», erklärte der 31-jährige Sachse aus Krostitz bei Leipzig.
Rückblickend auf die letztjährige Saison fügte der Vize-Meister der IDM 125 des Jahres 2010 daran an: «Ich hätte nie gedacht, dass ich mal Dritter der IDM Superbike werde. Das war immer mein Ziel und wir haben stark daraufhin gearbeitet und nun hat es geklappt. Mit GERT56 hatten wir ein paar Rückschläge einstecken müssen und ich war das eine oder andere Mal verletzt. Mein letztes Jahr war dann endlich mal verletzungsfrei und wir haben einige Highlights gesetzt. So hat es letztendlich gereicht, wofür ich den Jungs mein ganzes Leben dankbar bin.»
Thema: Budget
Damit lag der Spielball beim Teamchef Karsten Wolf, der mit seinem Privatteam und ohne große Hersteller-Unterstützung in einem ähnlichen Dilemma steckt wie Toni Finsterbusch. Bei ihm ist allerdings eher das Budget das Problem, was keinesfalls offenkundig ist, denn der Auftritt von GERT56 ist immer hochprofessionell und die Erfolge, speziell 2024, konnten sich absolut sehen lassen.
«Unser größtes Budget-Plus ist das Team. Die Jungs arbeiten in ihrer Freizeit unentgeltlich, opfern viele Stunden und Tage. Aber natürlich haben wir auch gute Sponsoren, die das Projekt unterstützen. Auch die Fahrer leisten ihren wirtschaftlichen Beitrag dazu. Und dann wäre noch mein Haus, das einen Wartungsstau hat. Das ist dann der letzte Teil vom Budget», nahm KW das Thema gewohnt locker.
Und weiter: «Wir haben ein paar Defizite. Zum Beispiel ist unser Testaufkommen wesentlich geringer als bei anderen Teams. Auch mit den Reifen und den Motoren müssen wir etwas schonender umgehen. Aber mit einem vernünftigen Umgang mit unseren Ressourcen lässt sich das einigermaßen kompensieren.»
Dass er es mit seinem German Endurance Racing Team nach seinem Wechsel in die IDM in kurzer Zeit geschafft hat, es auch hier mit den Top-Teams aufnehmen zu können, muss ihm erst mal jemand nachmachen. «Die IDM hat eine hohe Professionalität und Qualität, und das ist, was wir suchen. Wir wollen uns mit den Besten messen.»
Dabei liegt Karsten Wolf immer auch die Harmonie im Team am Herzen. Diesbezüglich hat er mit Jan-Ole Jähnig mit Beginn der Saison 2023 offenbar das große Los gezogen. Wie gut sich die Fahrer verstehen, erklärt noch einmal Toni Finsterbusch: «Ich kenne J. O. schon ziemlich lange und ich denke, wir kommen ganz gut miteinander aus. Wir trainieren auch abseits vom Motorrad viel zusammen, sehen uns in unserer Freizeit und fahren zusammen in den Urlaub. Zwischen uns beiden passt es auf jeden Fall.»
Thema: Harmonie
Sportlich hat der 23-Jährige aus dem ostthüringischen Nobitzer Ortsteil Lehndorf die in ihn gesetzten Erwartungen speziell in der zurückliegenden Saison erfüllt. Mit drei echten Podestplätzen – einem dritten Platz in Most, einem vierten Platz in Schleiz, für den er auf Grund des Gastfahrers Markus Reiterberger die Punkte für Rang 3 kassierte, sowie zwei zweiten Plätzen beim Finale in Hockenheim – konnte er sich noch auf den starken sechsten Tabellenrang katapultieren. Das war dennoch unter seiner Zielsetzung.
So formulierte er: «Es waren für mich zwei harte Lehrjahre in der IDM Superbike mit Höhen und Tiefen. In diesem Jahr will ich mich einfach weiter verbessern, das ist mein Anspruch. Ich hatte mir letztes Jahr die Top-5 als Ziel gesetzt, doch das habe ich leider nicht erreicht. Von daher ist es jetzt einfach für mich und ich kann das wieder als mein Saisonziel nennen. Vielleicht mit ein paar Podiumsplätzen mehr. Druck habe ich aber im Prinzip keinen, nur den, den ich mir selber mache.»
Da hakte Toni Finsterbusch sogleich ein, indem er meinte: «Die Rennen werden im Kopf gewonnen, und wenn man frei auffahren kann, ist das die halbe Miete. Aber ganz ohne Druck wird auch J. O. nicht fahren, dafür werde ich schon sorgen. Ich denke, wir können beide in die Top-5 fahren. Mal sehen, was am Ende dabei herauskommt.»
Und was hat er sich selbst vorgenommen? «Ich habe alles soweit abgearbeitet, aber der Laufsieg ist noch offen. Den werde ich einfach mal attackieren. In den ersten Rennrunden hat das meist schon ganz gut ausgesehen, aber wir müssen das Gesamtpaket hinten raus noch verbessern.»
Dazu brechen Toni Finsterbusch und Jan-Ole Jähnig mit Wohnmobil und Hänger für die Motorräder am Freitag gen Spanien auf. Dadurch kann das Team hinterher fliegen. Wenn man sich dann unter Spaniens Sonne wiedervereint hat, wird drei Tage in Almeria getestet. Im März stehen dann drei weitere Testtage in Valencia an und vorm Saisonauftakt in Oschersleben (9. bis 11. Mai) will man dort im April auch noch einen Test einschieben. «Vorausgesetzt das Wetter in Deutschland lässt es zu.»
Den vermeintlichen Nachteil des wenigen Testens lächelte Toni Finsterbusch souverän weg und meinte dazu: «Den Winter über ging natürlich die Firma wieder vor. Von daher läuft die Vorbereitung auf die neue Saison wie immer, aber nach Plan. Ebenfalls wie fast immer in den letzten Jahren hatte ich auch meine Operation schon gehabt.» Bei dieser ließ er sich drei Platten und die dazugehörigen Schrauben aus dem Sprunggelenk entfernen.