Alex Baumgärtel (Kalex): Mehr Siege, weniger Umsatz
Alex Baumgärtel
Die deutsche Firma Kalex engineering aus Bobingen hat 2011 gleich in ihrer zweiten Moto2-Saison mit Stefan Bradl erstmals die Moto2-Fahrer-Weltmeisterschaft gewonnen und seit 2013 (Pol Espargaró) alle acht Titel in der Mittelgewichtsklasse (für Marken und Fahrer) sowie in der Marken-WM hintereinander abgesahnt.
2019 hat Kalex bereits den 100. Moto2-GP-Sieg gefeiert, inzwischen sind es 125. Vor den ersten KTM-Moto2-Erfolgen 2017 gab es eine Siegesserie von 49 GP-Triumphen hintereinander.
Der letzte Sieg von Kontrahent Speed-up gelang beim Catalunya-GP 2018 durch Fabio Quartararo. KTM schaffte 2019 mit Vizeweltmeister Brad Binder noch fünf Siege. Unglaublich: In der auf 15 Rennen verkürzen Saison 2020 blieb Kalex wie 2016 ungeschlagen.
Kalex-Geschäftsführer Alex Baumgärtel spricht im Interview mit SPEEDWEEK.com über die schwierige Corona-Saison, den Umsatzrückgang und die eingefrorene Entwicklung.
Alex, gratuliere, eure Siegesserie ging 2020 weiter. Ihr habt zum achten Mal hintereinander die Fahrer- und Marken-WM gewonnen. Kalex blieb in der ganzen Moto2-Saison 2020 wie schon 2016 ungeschlagen.
Ja, wir haben diese Titel zum achten Mal in Serie gewonnen. Wie 2016 mit den Honda-Motoren haben wir alle WM-Läufe für uns entschieden.
Die Saison 2020 war außerordentlich spannend und eng. Wir sind stolz auf dieses Ergebnis.
Wie viele neue Rolling Chassis habt ihr für 2021 an die Teams verkauft? Wie viele waren es 2020?
Die Saison 2020 hat ja noch «normal» angefangen, also ohne Corona. Somit war die Order am Anfang der Saison 2020 wie in den Jahren zuvor, im Schnitt 1,5 Chassis pro Fahrer. Im Laufe der Saison 2020 ist der Umsatz bedingt durch weniger Rennen und teils durch Budgetreduzierungen bei den Teams zurückgegangen.
Für 2021 haben trotz des Design-Freeze für Aerodynamik, Rahmen, Schwinge und Tank einige Teams Chassis-Pakete bestellt. Das ist sehr positiv, aber an Umsätze wie vor Corona ist im Moment nicht zu denken.
Kalex hatte vor einem Jahr neun Personen beschäftigt. Konntet ihr den Personalstand trotz Corona beibehalten? Gab es Kurzarbeit und Zuschüsse vom Staat?
Leider nein, das aber nicht direkt wegen Corona. Andrea Saccucci, ein Magneti Marelli-Spezialist, hat uns auf eigenen Wunsch verlassen und ist zu einem Mitbewerber gewechselt. Sonst ist alles wie gehabt.
Ja, auch wir mussten zeitweise Kurzarbeit anmelden und die damit verbundene Unterstützung vom Staat in Anspruch nehmen.
Bei Kalex wird immer wieder über andere Projekte nachgedacht. Ist die Superbike-WM ein lukratives Standbein? Gibt es andere Pläne? Zum Beispiel für Racing for Fun-Kunden?
Das hast du schon mal gefragt. Bei dem Thema SBK habe ich schon einmal mit falschem Timing Geld verbrannt, als wir die Kawasaki-Schwinge mit Puccetti entwickelt hatten. Als wir fertig waren, wurde das Reglement dahingehend geändert, dass die «Factorys» auch an SBK-Privatteams liefern müssen. Damit waren wir dann aus dem Rennen. Für Privatkunden machen wir auch immer wieder mal etwas. Das hält sich aber in kleinem Rahmen.
Unser Fokus liegt weiterhin auf Moto2.
Wie lautet die Bilanz nach zwei Jahren mit Triumph? Welche Vorteile und Nachteile haben diese 765-ccm-Dreizylinder gegenüber den Vierzylinder-600-ccm-Honda-Triebwerken?
Mit Triumph kam ja auch noch die Umstellung der Einheits-Elektronik auf Magneti Marelli, somit muss man das zusammen betrachten. Aber bezogen auf den Motor kann man nur positives berichten. Das Mehr an Leistung und Drehmoment war natürlich toll und alle Fahrer waren begeistert. Auch von der gleichen Leistung aller Motoren und deren Standfestigkeit kann ich nur gutes berichten. Ein Lob an Triumph und ExternPro!
Mit Magneti Marelli ist man in eine andere Liga eingestiegen. Hier sind jetzt deutlich mehr Parameter zu verwalten, was sich auch im Aufwand niederschlägt.
2019 gab es ab Jerez einen neuen Hinterreifen, der viele Teams und Fahrer vor Probleme stellte. 2020 kam ein neuer Vorderreifen. Was bedeutet das für einen Hersteller wie Kalex? Wie wird darauf reagiert?
2020 war diesbezüglich speziell. Wir haben ja 2020 und 2021 Corona-bedingt den Design-Freeze für Aerodynamik, Rahmen, Schwinge und Tank. Da kannst du technisch nur mit Peripherie-Teilen (z.B. Gabelbrücke) versuchen, eine Verbesserung zu erzielen. Die wirklich essenziellen Teile dürfen wir aber erst für 2022 anfassen. Aber das ist ja für alle gleich und somit okay. Zudem analysieren wir die Daten und können damit auch Empfehlungen für Set-up und Fahrweise geben.
Wäre eine engere Zusammenarbeit mit Dunlop wünschenswert, um früher reagieren zu können?
Ich finde die Zusammenarbeit mit Dunlop gut, die Techniker sind immer ansprechbar, im Fahrerlager wie auch sonst. Der technische Informationsgehalt ist für alle Moto2-Manufacturer gleich, und das ist das Wichtigste in unserem Wettbewerb.