Zum Saisonauftakt: So funktioniert die Moto2-Klasse
Moto2-Rookie Pedro Acosta
Die Moto2-Serie stellt die Mittelgewichtsklasse der MotoGP-Weltmeisterschaft dar. Sie löste zur Saison 2010 die seit 1949 bestehende 250-ccm-Klasse ab. Die Motorräder wurden 2019 erstmals von Dreizylinder-Viertaktern mit einem maximalen Hubraum von 765 ccm angetrieben. Sie stammen vom Naked Bike des Modells Triumph Street Triple und leisten rund 140 PS. Nach neun Jahren löste Triumph damit Honda als Alleinausrüster ab. Dazu kam 2019 die ECU neu von Magneti Marelli, sie gilt als abgespeckte Version der MotoGP-Motorensteuerung.
Magneti Marelli hat auf Basis der MotoGP-Einheits-ECU eine Motorsteuerung für die Moto2-Maschinen entwickelt, die als fortschrittlich bezeichnet werden kann. Torque-Management, Motorbremse und Launch Control stehen damit zur Verfügung, auch wenn die Anzahl der Parameter nicht mit der MotoGP-Klasse vergleichbar ist.
Triumph, Magneti Marelli, Dorna und ExternPro (diese Firma macht die Motor-Revisionen wie früher bei den Honda-Einheitsmotoren) verbreiteten wegen der neuen ECU viel Zuversicht.
Obwohl Corrado Cecchinelli, bei der Dorna als Director of Technology tätig, gern von hohem Kostenbewusstsein spricht, jammerten die Teams am Anfang, weil sie wegen der neuen ECU einen zusätzlichen Elektronik-Ingenieur anstellen mussten.
Aber Triumph liefert 165 ccm mehr als Honda, die Power wurde auf 140 PS erhöht. Das begeistert die Techniker und Fahrer. «Wir haben mehr Bumms und 20 Newtonmeter mehr Drehmoment», freute sich Intact-Teammanager Jürgen Lingg.
Auch wenn das Dashboard jenem der MotoGP-Teams verblüffend ähnlich sieht – beim Electronic Control Unit (ECU) sind Systeme wie Traction Control und Corner-by-Corner-Kontrolle nicht aktiviert. Sie werden in Reserve gehalten...
Aber eines steht fest: Der Sound der Triumph-Motoren ist großartig, außerdem sind die Motoren deutlich moderner und technologisch fortschrittlicher als die abgetakelten CBR600-RR-Motoren, bei denen besonders das Getriebe immer wieder Anlass zur Kritik gab. Und durch das «ride by wire»-System begann für die Teams elektronisch gesehen ein ganz neues Zeitalter. Die Fahrer werden durch diese ECU viel besser auf die Bedürfnisse der MotoGP-WM vorbereitet.
Dazu kamen die Vorzüge des «blipper», man kann auch von einer Schaltautomatik sprechen. «Man muss jetzt in der Moto2-WM beim Herunterschalten keine Kupplung mehr ziehen, was natürlich das Reinfahren in die Kurven sehr erleichtert», erläuterte Intact-Cheftechniker Jürgen Lingg. «Dazu wird ein 'blipper' benötigt. Das Signal für die Zündunterbrechung bekommt die ECU durch einen Sensor am Schaltgestänge. Im Prinzip wird nur kontrolliert Zwischengas gegeben, damit im Getriebe ein Freilauf entsteht und man ohne kuppeln runterschalten kann.»
Alex Giussani, Technical Director bei Suter Industries, erklärt: «Der Fahrer muss damit vor dem Runterschalten nur den Schalthebel nach oben drücken, die Steuergeräte sorgen nach diesem Signal für das Zwischengas. Die Fahrer müssen also dank dieses Systems den Kupplungshebel nicht mehr betätigen. Wir haben diese Funktion schon 2012 auf unserem Claiming-Rule-Bike mit der Bezeichnung Suter-BMW in der MotoGP verwendet. Inzwischen hat sich diese Funktion auch in der Serie durchgesetzt – bei der R1 und bei BMW.»
In der Saison 2018 durften alle Hersteller je zehn Testtage mit den Triumph-Motoren abspulen. Seit 2019 waren den Chassis-Herstellern keine Moto2-Testteams mehr erlaubt, dieses Verbot lief 2021 aus. Die Teams selbst dürfen mit den Stammfahrern neben den offiziellen IRTA-Tests und Montag-Tests maximal sieben Tage von WM-Finale zu WM-Finale privat testen.
Nach Suter und Tech3 stieg 2019 auch KTM als Moto2-Chassis-Hersteller aus. Am Ende des Vorjahres zog sich dann NTS zurück. Übrig bleiben somit nur Kalex, Boscoscuro (vormals Speed Up) und MV Agusta.
Beim Chassis haben die Hersteller, Teams und ihre Schützlinge mehr Freiheiten, hier müssen nur die technischen Vorschriften beachtet werden. Dabei dürfen Rahmen, Schwinge, Tank, Sitz und Verkleidung nicht von einem Serienmotorrad stammen. Wie in der Moto3 ist auch hier nur ein Bike pro Fahrer und Wochenende erlaubt.
Das Mindestalter für die Moto2-Teilnehmer liegt wie bei der Einsteigerklasse in dieser Saison noch bei 16 Jahren. Beim Mindestgewicht besteht jedoch ein klarer Unterschied: Zusammen mit ihren Motorrädern müssen die Moto2-Piloten mindestens 215 kg auf die Waage bringen (in der Moto3 liegt das Mindestgewicht bei 152 kg).
Wer Mühe hat, diese Moto2-Vorgabe samt der ganzen Ausrüstung und Onboard-Kamera zu erreichen, muss mit Zusatzgewichten nachhelfen. Übrigens: Die Lederkombis müssen seit 2017 unbedingt mit Airbag-Systemen ausgerüstet sein.
Die Teams bezahlen pro Fahrer und Saison nur 20.000 Euro für die Triumph-Motoren. Dafür muss ein Kleber «powered by Triumph» auf den Bikes zu sehen sein. Die Motoren werden den Teams per Losentscheid zugeteilt.
An einem GP-Wochenende werden zwischen 500 und 600 Kilometer abgespult. Die maximale Kilometerzahl liegt bei ca. 1500 km. «Ja, aber ich habe von Italtrans einen privaten Motor zur Revision bekommen, der 3000 Kilometer drauf hatte und immer noch ohne Leistungsverlust lief», verriet Trevor Morris, der Technical Director von ExternPro.
ExternPro und Triumph haben zu Beginn der Saison 2019 allen Fahrern und Teams mitgeteilt, dass die maximale Drehzahl auf 14.000/min begrenzt werde. Das Drehzahllimit ist beim Runterschalten später auf 14.500/min erhöht worden. Doch manche Übeltäter im Sattel der 140 PS starken Moto2-Rennmaschinen kümmerten sich nicht sonderlich um diese Vorschriften, besonders Speed-Up-Pilot Jorge Navarro galt als notorischer Überdreh-Sünder.
Alle Fahrer, die ihre Triebwerke regelmäßig mit mehr als 14.500/min quälen, erhalten seit dem Brünn-GP 2019 eine Strafe in der Höhe von 5150 Euro für eine außerplanmäßige Motorrevision.
Wie in der Moto3-Klasse kommt das Einheitsöl von Liqui Moly. Dunlop rüstet die Moto2-Fahrer mit Einheitsreifen aus. Auch hier dürfen die Piloten jeweils maximal 17 Slick-Reifen pro Wochenende einsetzen, acht Vorder- und neun Hinterreifen.
Keine Unterschiede bestehen auch bei den Regeln für die Regenreifen. Dunlop muss im Normalfall für jeden Fahrer drei Regenreifen-Sätze dabei haben. Findet jede Session im Nassen statt, müssen es sogar deren vier Regenreifen pro Fahrer sein. Der Reifenhersteller darf jene Gummis, die nicht eingesetzt wurden, bei einem späteren Wochenende einsetzen – vorausgesetzt sie entsprechen der aktuellen Spezifikation.
2020 waren wegen der Pandemie die Wildcard-Fahrer unerwünscht. 2021 duften wieder maximal zwei pro Grand Prix fahren. Sie dürfen aber nur von existierenden Moto2-GP-Teams eingesetzt werden, weil nur diese Erfahrung im Umgang mit der Elektronik von Magneti Magrelli haben.