Race Director Mike Webb: Warum keine rote Flagge kam
MotoGP Race Director Mike Webb wurde am Freitagabend bei der Sitzung der Safety Commission beim Malaysia-GP von MotoGP-Piloten wie Marc Márquez und Alex Rins stark kritisiert, weil beim Phillip-Island-GP am 16. Oktober nach dem Crash von Jorge Navarro und Simone Corsi in Runde 4 des Moto2-WM-Laufs nicht mit der roten Flagge abgebrochen worden war.
Denn Jorge Navarro aus dem Flexbox-Team von Sito Pons lag auf der Innenseite der Kurve «Siberia» eineinhalb Meter neben der Rennstrecke, er hatte einen Oberschenkelbruch erlitten, als ihn Corsi überfuhr – und er krümmte sich vor Schmerzen. Corsi aus dem Forward MV Agusta Team hingegen erlitt eine Fingerverletzung, auch er musste später operiert werden.
Carlos Ezpeleta, Chief Sporting Officer von WM-Promoter Dorna Sports S.L., pflichtet den MotoGP-Stars bei: «Die Fahrer haben recht, das Rennen hätte mit der roten Flagge gestoppt werden müssen.»
Doch wegen einer Verkettung unglücklicher und außergewöhnlicher Umstände lief der Wettkampf weiter. «Im Fall von medizinischer Intervention kommuniziere ich direkt mit dem Chief Medical Officer, der wiederum in unmittelbaren Kontakt mit dem jeweiligen Sanitäter an der Strecke ('medical ground post') steht. Und es ist noch nie eine rote Flagge eines CMO jemals abgelehnt worden. Im Moto2-Rennen auf Phillip Island bekam ich folgende Information: ‘Fahrer bei Bewusstsein, er wird behandelt, wir bringen ihn weg.’ So ein Vorgang beansprucht normalweise eine bis eineinhalb Runden. Aber weil sich Jorge Navarro auf der Innenseite der Kurve befand, wo Stürze sehr selten enden, standen an dieser Stelle nur wenige Streckenposten zur Verfügung. Am Schluss hat die Bergung mehr als zwei Runden in Anspruch genommen, was nicht akzeptabel ist. Das wissen wir alle.»
Übrigens: Marc Márquez konnte wegen anderer Termine am Freitag in Sepang nicht am Meeting der Safety Commission teilnehmen.
«Aber Marc Márquez kam vor dem Treffen der Safety Commission vorbei und befragte mich zu diesem Vorfall», erzählte Carlos Ezpeleta auf Anfrage von SPEEDWEEK.com. «Ich habe ihm die Vorkommnisse so geschildert, wie sie von Mike Webb dargelegt wurden. Ich habe zugegeben, dass eine rote Flagge geschwenkt hätte werden sollen.»
«Ich habe die Bergung von Navarro unter gelber Flagge erlaubt», setzte Mike Webb fort. «Denn das Medical-Team hatte mich informiert, dass er weggebracht wird. Die Bilder des Closed Circuit TV, die ich auf meinen Monitoren sah, vermittelten uns viele klarere Hinweise auf die große Gefahr, in der sich Navarro befand, als die konventionellen TV-Bilder der Live-Übertragung.»
Aber der Chief Medical Officer (CMO) verlangte keinen Abbruch.
«Nicht jeder Crash verlangt eine rote Flagge», hält Mike Webb fest. «Aber die Schlussfolgerung lautet: Ja, bei diesem Vorfall wäre eine rote Flagge besser gewesen. Wir haben mit den Fahrern in der Safety Commission in Malaysia darüber gesprochen und haben ihnen die Umstände erklärt. Wir haben auch gesagt, dass wir uns Gedanken machen, wo wir dort künftig die Streckenposten und das medizinische Personal hinstellen. Wir überprüfen auch die ganze Prozedur mit der Kommunikation mit der Race Control, damit so eine Situation nie mehr passieren kann.»
Das Fazit von Carlos Ezpeleta: «Es gab ein Missverständnis bei der Kommunikation zwischen Race Direction und CMO. Die Race Direction wollte, dass die Medical Marshals die Piste überqueren, um den Fahrer zu versorgen. Doch die lokalen Vorschriften erlauben so eine Vorgehensweise normalerweise nicht. Wenn man das vorher gewusst hätte, wäre das Rennen sofort mit der roten Flagge gestoppt worden.»