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Stefan Pierer: Kommt Zusammenarbeit mit Boscoscuro?

Von Günther Wiesinger
Nach 2019 ist KTM als Chassis-Hersteller aus der Moto2-WM ausgestiegen. Jetzt stehen die Österreicher in Kontakt mit Luca Boscoscuro, dessen Bikes 2022 die Kalex-Übermacht in Bedrängnis brachten.

Die Pierer Mobility AG hat sich beim Österreich-GP 2019 zum Rückzug aus der Moto2-Weltmeisterschaft entschieden, zumindest als Chassis-Hersteller. Damals hat der Südafrikaner Brad Binder den Moto2-Weltmeistertitel nur um drei Punkte gegen Alex Márquez verloren. Nach der Saison 2019 kehrte das Red Bull KTM-Ajo-Team wieder zu Kalex-Bikes zurück, nach drei Jahren mit den Gitterrohrstahlrahmen aus Munderfing und insgesamt 14 Moto2-GP-Siegen durch Miguel Oliveira und Brad Binder. Und das Red Bull-KTM-Tech3-Team von Hervé Poncharal wurde nach 2019 zum Wechsel in die Moto3-Klasse überredet, mit KTM-Maschinen des Typs RC250GP.

Inzwischen wirbt die Pierer-Gruppe in der Moto2-WM mit nicht weniger als drei Fabrikaten – KTM, GASGAS und Husqvarna. Die Teams von Aki Ajo, Jorge Martinez und IntactGP setzen jedoch Kalex-Motorräder ein, obwohl auf den Verkleidungen mächtig für die Marken aus Österreich geworben wird. Der Nachteil: In der Marken-WM können die rot-weiß-roten Fabrikate nicht in Erscheinung treten. 

Da gleichzeitig der Italiener Luca Boscoscuro mit seinen gleichnamigen Moto2-Maschinen in seinem Speed-up-Moto2-Team seit Jahren für Achtungserfolge sorgt (2018 zum Beispiel sogar mit Catalunya-Sieger Fabio Quartararo) und der Teambesitzer und Chassis-Hersteller seit geraumer Zeit einen Investor sucht, bahnt sich jetzt womöglich eine Zusammenarbeit zwischen Boscoscuro und der Pierer Mobility AG an.

Das bestätigte der Vorstandsvorsitzende Stefan Pierer im Gespräch mit SPEEDWEEK.com. «Wir haben Schritt für Schritt alle drei Marken in der Moto2-WM etabliert», bestätigte Stefan Pierer. «Wir haben jetzt mit dem Intact-Team und Peter Öttl für Husqvarna in beiden Klassen eine saubere Lösung gefunden. Damit sind wir auch mit Husqvarna in der WM sauber aufgestellt. Gleichzeitig ist Luca Boscoscuro ein Hersteller und Teambesitzer, der seriöse Arbeit macht und wettbewerbsfähig ist, keine Frage. Unser Motorsport-Direktor Pit Beirer verhandelt mit ihm.»

Dass sich das Chassis-Knowhow von Boscoscuro in der Moto2 seit 2010 ausschließlich auf Alu-Rahmen konzentriert, betrachtet Stefan Pierer nicht als Hindernis.

«Wir haben von 2017 bis 2019 gezeigt, dass man auch in der Moto2 mit einem Stahlrahmen gewinnen kann. Aber dieser Aufwand mit einem Eigenbau-Motorrad war nicht gerechtfertigt», versichert Stefan Pierer. «Wir haben nach 2019 mit den zehn Moto2-Technikern unsere MotoGP-Mannschaft verstärkt und seither fünf MotoGP-Siege errungen. Die Moto2 war für uns so ein Mini-MotoGP-Projekt. Wenn du den Rahmen selber baust, brauchst du in der Moto2-WM rund 4 bis 5 Millionen Euro im Jahr…»

Die Pierer-Gruppe würde nicht auf den Bau eines Stahlrahmens beharren, falls es zu einem Joint Venture mit Speed-up und dem erfolgreichen Talent Scout Luca Boscoscuro kommt, der bis Ende 2021 auch das jetzige GASGAS-Team von Jorge Martinez mit seinen Bikes beliefert hat. 

Pierer: «Boscoscuro soll weiter das bauen, was er gut kann. Er hat ja einen Alu-Rahmen, der tadellos funktioniert. Er ist in der Nähe von Aprilia in Noale stationiert, dort sind ein paar renommierte Ingenieure verfügbar.»

Boscoscuro feierte 2022 ansehnliche Erfolge: Sensations-Mann Alonso Lopez kam erst im Mai statt Romano Fenati in die WM und heimste im Herbst zwei Siege und zwei zweite Plätze ein. Er beendete die WM als starker Achter; der erst 17-jährige Rookie Fermin Aldeguer glänzte bei den letzten drei WM-Läufen mit zwei vierten Plätzen. In der Moto2-EM 2021 hatten sich Aldeguer und Lopez im Speed-up-Junior-Team die Positionen 1 und 2 gesichert. 

«Wir werden Boscoscuro auch gerne einmal ein WP-Suspension-Fahrwerk zur Verfügung stellen, damit er auf dem Dämpfungs-Sektor ein bisschen benchmarken und Vergleiche anstellen kann», verrieten Stefan Pierer und Vorstand Hubert Trunkenpolz gegenüber SPEEDWEEK.com. «Aber dass unsere drei Factory-Teams bereits 2023 mit Boscoscuro-Chassis fahren, ist bisher keine Überlegung. Wir haben 2022 GASGAS neu in die Moto2 gebracht, für 2023 folgt Husqvarna. Wir haben in dieser Klasse bereits eine ganz schöne Operation.»

Moto2-Ergebnis, Valencia (6.11.):

1. Acosta, Kalex, 25 Rdn in 39:52,413 min (= 150,6 km/h)
2. Augusto Fernández, Kalex, + 1,232 sec
3. Arbolino, Kalex, + 10,163
4. Aldeguer, Boscoscuro, + 14,407
5. Arenas, Kalex, + 18,904
6. Gonzalez, Kalex, + 20,554
7. Dixon, Kalex, + 21,244
8. Alcoba, Kalex, + 25,868
9. Agius, Kalex, + 33,763
10. Schrötter, Kalex, + 35,177
11. Bendsneyder, Kalex, + 35,598
12. Gomez, Kalex, + 36,336
13. Salac, Kalex, + 38,942
14. Dalla Porta, Kalex, + 41,710
15. Roberts, Kalex, + 45,238

Moto2-WM-Endstand (nach 20 Rennen):

1. Augusto Fernández 271,5 Punkte. 2. Ogura 242. 3. Canet 200. 4. Arbolino 191,5. 5. Acosta 177. 6. Dixon 168,5. 7. Vietti 165. 8. Lopez 155,5. 9. Roberts 131. 10. Chantra 128. 11. Schrötter 123,5. 12. Arenas 90. 13. Bendsneyder 87. 14. Navarro 83. 15. Aldeguer 80. 16. Gonzalez 76. 17. Beaubier 73. 18. Alcoba 72. 19. Lowes 55. 20. Salac 45. 21. Baltus 30. 22. Dalla Porta 21. 23. Manzi 9. 24. Zaccone 9. 25. Kubo 7,5. 26. Agius 7. 27. Fenati 7. 28. Rodrigo 6. 29. Kelly 5,5. 30. Ramirez 5. 31. Gomez 4. 32. Hada 3,5. 33. Pasini 1.

Konstrukteurs-WM:
1. Kalex 477,5 Punkte. 2 Boscoscuro 200,5. 3. MV Agusta 5.

Team-WM:
1. Red Bull KTM Ajo 448,5 Punkte. 2. Idemitsu Honda Team Asia 370. 3. Flexbox HP40 287. 4. GASGAS Team Aspar 258,5. 5.Elf Marc VDS Racing 253,5. 6. Beta Tools Speed up 242,5. 7. Liqui Moly Intact GP Team 195,5. 8. Mooney VR46 Racing 165. 9. Italtrans Racing 152. 10. Pertamina Mandalika SAG 96,5. 11. Yamaha VR46 Master Camp 92,5. 12. American Racing 78,5. 13. Gresini Racing 54. 14. RW Racing GP 30. 15. MV Agusta Forward 5.


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