Jorge Martinez: Sein mustergültiges Nachwuchskonzept
Während in Nordeuropa seit Jahren die Motorrad-GP-Talent nur sehr spärlich spriessen und sogar in Deutschland 2023 mit Lukas Tulovic nur noch ein GP-Stammfahrer um WM-Punkte kämpft, als Nachfolger von Marcel Schrötter, wird zum Beispiel in der MotoGP-Klasse 2023 fast das halbe Startfeld von Spaniern besetzt. Auch die Schweiz, die 2015 noch fünf Moto2-WM-Fahrer im Feld hatte (Lüthi, Aegerter, Krummenacher, Raffin und Mulhauser) muss in der kommenden Saison wie schon 2022 auf einen heimischen GP-Helden verzichten. Und Österreich hat seit Michi Ranseders Rücktritt Ende 2009 sowie Max Koflers kurzer Episode (2021) auch keinen WM-Piloten mehr ins Teilnehmerfeld gebracht.
In Spanien sieht es anders aus: Mit Izan Guevara (GASGAS) und Augusto Fernández (KTM) gewannen die Spanier 2022 in den Klassen Moto3 und Moto2 wieder zwei der drei WM-Titel.
Jorge Martínez, als Rennfahrer selbst vierfacher Weltmeister, gilt in seiner Heimat als erfolgreicher Talent Scout und Weltmeister-Macher. Sein Team hat seit seinem Rücktritt vom aktiven Sport nicht weniger als neun Weltmeistertitel gewonnen.
SPEEDWEEK.com erkundigte sich beim 60-jährigen Teambesitzer, warum die Talentförderung in Spanien so gut funktioniert und wie er seine Finanzkrise nach den Jahren 2016 bis 2018 gemeistert hat.
Aspar, wie mühsam und aufwändig ist es, in Spanien all diese Talente zu finden?
Das System, das momentan in Spanien zur Nachwuchsförderung in Kraft ist, funktioniert unglaublich gut. Wir haben viele Rennstrecken, wir haben ein ausgezeichnetes Klima und Wetter, wir verfügen über sehr professionelle Teams, die hervorragende Unterstützung bekommen.
All diese Zutaten tragen zum Erfolg bei.
Kümmert sich auch der spanische Motorradverband um den Nachwuchs? Investiert er Geld?
Nein, null.
Die Nachwuchsprogramme werden alle privat finanziert, zu 100 Prozent.
Ich hatte ja mit meinem MotoGP-Team wegen Ausfällen von Sponsorgeldern in den Jahren 2016 bis 2018 finanzielle Sorgen.
Ja, du hast damals den Energie-Drink-Hersteller «Drive M7» aus Malaysia trotz eines gültigen Vertrags verloren, auch die Investmentgesellschaft SAMA Global aus Katar erfüllte die Verträge nicht. Es war von 3 Millionen Euro Schulden die Rede?
Nein, es waren sogar mehr. Drive M7 hatte einen Drei-Jahres-Vertrag, sie haben jedoch nur ein Jahr bezahlt und sind dann im zweiten Jahr eine Woche vor dem Saisonstart ausgestiegen. Für das zweite und dritte Jahre wurde nichts bezahlt. Mein Rechtsanwalt war deshalb sogar im Oktober wieder beim Malaysia-GP dabei…
Sponsor Sama aus Katar hat für fünf Jahre zugesagt. Nach einem Jahr war es vorbei. Das hat mich und mein Team über viele Jahre in tiefe finanzielle Schwierigkeiten gestürzt.
Du hast deshalb nach der Saison 2018 das MotoGP-Ducati-Team zugesperrt und die Plätze an Petronas-Yamaha übergeben? Du hattest auch Ärger wegen Korruptionsvorwürfen im Zusammenhang mit dem Formel-1-Straßenkurs in Valencia.
Ja, das war 2015 und 2016. Aber inzwischen sind alle Verfahren beendet, es sind alle Vorwürfe vom Tisch.
Seit ich mein MotoGP-Team Ende 2018 zugesperrt habe, hat sich alles zum Positiven verändert.
Jetzt konzentrieren wir uns mit GASGAS auf die Klassen Moto3 und Moto2. Wir bauen Nachwuchsfahrer für die Zukunft auf.
Deshalb investieren wir eine Menge Geld für unsere Nachwuchsschule in Spanien. Wir nehmen am European Talent Cup teil, an der JuniorGP, in der Moto3- und Moto2-EM sowie MotoE-WM. Wir setzen also fünf Teams ein.
Ex-Rennfahrer Nico Terol ist sehr stark in das Nachwuchsprojekt involviert. Er hat ein spezielles Trainingssystem für die jungen Fahrer ausgearbeitet.
In den letzten fünf Jahren haben wir deshalb die Junioren-WM mit Raúl Fernández, Izan Guevara und Daniel Holgado dreimal gewonnen. Und David Alonso 2021 den Red Bull Rookies Cup für sich entschieden, Holgado ist Dritter geworden. In der Saison 2022 haben wir im JuniorGP mit Filippo Faroli den dritten Gesamtrang erreicht. Er kommt jetzt mit Tech3-KTM in die WM.
Unser Ziel ist es, in den nächsten Jahren weiter viel Geld in diese Nachwuchs-Programme zu investieren.
Wie viele Fahrer hast du unter Vertrag?
Wir haben zwölf Profi-Rennfahrer unter Vertrag. Aber wir betreuen dazu ungefähr 100 weitere Talente, die zwischen 12 und 16 Jahren alt sind. Da werden noch Amateure trainiert, die auf höhere Aufgaben vorbereitet werden. Die besten Fahrer aus dieser Gruppe werden dann für die Zukunft aufgebaut.
Die Titelgewinne von Aspar Martinez als Teambesitzer
2006
Álvaro Bautista, Aprilia, 125 ccm
2007
Gabor Talmacsi, Aprilia, 125 ccm
2009
Julián Simón, Aprilia, 125 ccm
2011
Nicolas Terol, Aprilia, 125 ccm
2020
Albert Arenas, KTM, Moto3
2022
Izan Guevara, GASGAS, Moto3
Junioren-WM
2018: Raúl Fernández
2020: Izan Guevara
2021: Daniel Holgado
Jorge Martinez: Seine Titelgewinne als Fahrer
1986: 80 ccm, Derbi
1987: 80 ccm, Derbi
1988: 80 und 125 ccm, Derbi