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Forward: Das «neue Chassis» ist museumsreif

Von Günther Wiesinger
In Portimão wurde erzählt, Forward habe bei «Robby Moto» ein neues Chassis bauen lassen. Aber davon ist bisher nichts zu sehen. Dafür soll der Teamchef bei MV Agusta tüchtig in der Kreide stehen.

Der mehrlichtige Forward-Racing-Teambesitzer Giovanni Cuzari hat seinen dahinsiechenden Moto2-Rennstall vier Jahre lang als MV Agusta-Werksteam ausgegeben, aber das ruhmreiche Werk hat sich nie wirklich offiziell dazu bekannt. Selbst Giacomo Agostini machte sich schon vor dem Start über das Projekt lustig. «Motor, Chassis, Räder – nichts davon hat MV Agusta zu diesem Moto2-Motorrad beigetragen, das ist ein Marketing-Gag», wunderte sich der 15-fache Weltmeister vor der Saison 2019.

Nach vier Jahren bezeichnet Forward die Bikes nicht mehr als MV Agusta, sondern als Forward 2. Im Fahrerlager wurde erzählt, es handle sich um ein neues Alu-Chassis, die bei «Robby Moto Engineering» (RME) in Italien gebaut worden seien. Doch ein Augenschein in der Forward-Box in Portugal brachte ans Tageslicht: Es handelt sich zumindest am Wochenende um dasselbe Chassis-Konzept wie in den letzten vier Jahren.

Das ursprüngliche Design wurde 2018 bei Suter Industries in Turbenthal/CH von Konstrukteur Alex Giussani gestaltet. «Es ist praktisch dasselbe Chassis wie bisher; es besteht vorne aus Stahl und hinten aus Aluminium», bemerkte ein aufmerksamer Beobachter in Portimão.

Giussani erklärte nach einem Blick auf das neueste Bild aus der Forward-Box: «Es ist genau das gleiche Konzept wie 2018 und 2019, aber die Schwinge hat jetzt ein anderes Design, die Aluteile und der Stahlrahmen auch.»

Im November 2022 hoffte Cuzari noch, er könne statt MV Agusta den mexikanischen Nischenhersteller Italika als Namensgeber für die Moto2-Bikes gewinnen, aber dieser Plan passte nicht ins Budget der Mittelamerikaner. Italika ist bei Forward weiterhon nur unter den Co-Sponsoren zu finden.

Das Fahreraufgebot von Forward setzt sich aus Alex Escrig und Marcos Ramirez zusammen, es ist quasi das letzte Aufgebot. Escrig verletzte sich bei den IRTA-Test vor zehn Tagen und wird seither vom überforderten David Sanchis ersetzt.

Aber es existiert jetzt eine Zusammenarbeit zwischen Forward und der Firma Robby Moto Engineering, die 1996 gegründet wurde, hauptsächlich im Rennsport tätig ist und alle möglichen Zubehörteile für diverse Rennserien herstellt. Zum Beispiel verstellbare Gabelbrücken, Schwingen, Kurbelwellen, Kurzhubgasgriffe, Rastenanlagen, Motorenteile wie Pleuel aus Titan, Alukolben, Nockenwellen, andere Performance Parts für Motorräder und sogar Flugmotoren. 

Im Vorjahr verhandelte auch das Honda-Superbike-Team von Midori Moriwaki mit «Robby Moto Engineering», es ging um den Bau von Hinterradschwingen, doch der Deal kam nicht zustande.

In Argentinien war jetzt zu hören, das bei «Robby Moto» in Auftrag gegebene Moto2-Alu-Chassis sei noch nicht einsatzbereit. Das Problem: Bei nur vier erlaubten privaten Testtagen und ohne Testteam wird es schwierig, das Chassis eines im Fahrwerks-Design unerfahrenen Herstellers rennreif zu machen.

Inzwischen lässt der umstrittene Forward-Teambesitzer Cuzari kein gutes Haar mehr an MV Agusta. Er klagte in Interviews, er habe jahrelang alles selber bezahlen müssen. Aber das hat er sich selber eingebrockt. Denn MV Agusta wollte sich eigentlich im ersten Jahr der Triumph-Motoren-Ära einsteigen und suchte damals ein Top-Team wie Ajo oder Pons. Aber es fand sich keines. Danach überredete Cuzari seinen Landsmann Giovanni Castiglioni junior zu einem Deal für 2019. Der Junior wurde inzwischen vom neuen Mehrheitseigentümer und CEO Timur Sardarov nach einigen umstrittenen Vorkommnissen aus der Firma gedrängt.

Im GP-Fahrerlager hat sich in den letzten zehn Jahren herumgesprochen, dass es Cuzari mit seinen Zahlungsverpflichtungen nicht sehr genau nimmt. Jetzt wird kolportiert, er stehe sogar beim MV Agusta-Entwicklungszentrum «Centro Ricerche Castiglioni» (CRC) in San Marino mit 500.000 Euro in der Kreide.

Nicht zuletzt deshalb dürfte die «Zusammenarbeit» mit MV Agusta geplatzt sein.

Cuzari hingegen lieferte gegenüber dem Selektions-Komitee (Dorna, IRTA, FIM) eine recht zweifelhafte Begründung für die Trennung. Er hätte 100.000 Euro pro Jahr für die Nutzung der MV-Agusta-Namensrechte zahlen müssen, erklärte Cuzari.

Im Herbst hat die Pierer Mobility AG den weltweiten Vertrieb für MV Agusta übernommen und 25,1 Prozent der Firmenanteile gekauft.

Wegen der museumsreifen Fahrzeuge (Baujahr 2018!) findet Forward längst keine Topfahrer mehr. Im FP3 von Portimão verlor David Sanchis als 28. und Letzter satte 3,2 sec, Marcos Ramirez als 23. rund 1,5 Sekunden. Im Rennen kam Ramirez als 21. ins Ziel, Forward-2-Pilot Sanchis schied mit Defekt aus. 

Stammfahrer Alex Escrig hat sich beim Moto2-Test in Portugal verletzt, er wurde von Sanchis ersetzt. 

Moto2-Ergebnis, Portimão (26. März):

1. Acosta, Kalex, 21 Rdn in 36:04,193 min
2. Canet, Kalex, + 1,358 sec
3. Arbolino, Kalex, + 4,460
4. Salac, Kalex, + 7,110
5. Gonzalez, Kalex, + 8,193
6. Dixon, Kalex, + 9,146
7. Lowes, Kalex, + 9,649
8. Arenas, Kalex, + 12,270
9. Alcoba, Kalex, + 13,941
10. Chantra, Kalex, + 13,840
11. Vietti, Kalex, + 14,086
12. Baltus, Kalex, + 14,515
13. Aldeguer, Boscoscuro, + 15,445
14.Roberts, Kalex, + 25,444
15. Garcia, Kalex, + 26,876

Moto2-WM-Stand nach 1 von 21 Rennen:

1. Pedro Acosta 25 Punkte. 2. Aron Canet 20. 3. Tony Arbolino 16. 4. Filip Salac 13. 5. Manuel Gonzalez 11. 6. Jake Dixon 10. 7. Sam Lowes 9. 8. Albert Arenas 8. 9. Jeremy Alcoba 7. 10. Somkiat Chantra 6. 11. Celestino Vietti 5. 12. Barry Baltus 4. 13. Fermin Aldeguer 3. 14. Joe Roberts 2. 15. Sergio Garcia 1.

Konstrukteurs-WM:

1. Kalex 25. 2. Boscoscuro 3.

Team-WM:

1. Red Bull KTM Ajo 33. 2. Elf Marc VDS Racing 25. 3. Pons Wegow Los40 21. 4. Gresini Racing 19. 4. Yamaha VR46 11. 5. Inde GASGAS Aspar 10. 7. Honda Team Asia. 8. Fantic Racing 5. 9. Olie Racing GP 4. 10. SpeedUp Racing 3. 11. Italtrans Racing 2.

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