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Jorge Navarro (2.): «Die beste Art, mich abzulenken»

Von Thomas Kuttruf
Nach einer Show im Qualifying, die mit einer Pole-Position für den Ersatzfahrer Jorge Navarro geendet hatte, begeisterte der Moto2-Rückkehrer auch im Rennen. Navarro nutze die Hitzeschlacht um das Chaos in seiner Heimat

Moto2-Überraschungsmann Jorge Navarro und MotoGP-Ersatzpilot Andrea Iannone, der den verletzten Fabio Di Giannantonio in Malaysia vertrat, hatten eine Gemeinsamkeit: Beide waren zuletzt vor fünf Jahren auf einem Rennmotorrad ihrer Kategorie auf der Strecke in Sepang unterwegs. Während der Italiener allerdings vier Jahr davon überhaupt keine Wettbewerbe fahren durfte, führte der Spanier sein Rennfahrerleben seit seinem Ausstieg aus dem GP-Fahrerlager Ende 2022 in der seriennahen Supersport-Weltmeisterschaft fort.

Als American Racing Stammpilot Joe Roberts mit gebrochenem Handgelenk ausfiel, kam auch dank Navarros Manager Julian Miralles die Verbindung zu dem US-Team zustande. Der Ex-Halbliter Pilot verkabelte Navarro, der in der SSP-WM eine private Ducati V2 steuert, mit den Amerikanern und so kam Jorge Navarro bereits in Thailand zu seinem Moto2-Comeback. Das verlief gut, aber wenig spektakulär. Während Stammpilot Marco Ramirez ums Podest kämpfte, schnappte sich Navarro in dem bei einsetzendem Regen abgebrochenen Lauf den letzten WM-Punkt.

In Sepang, zeigt sich dann ein gänzlich renovierter Ersatzpilot. Von Beginn des Wochenendes war die Startnummer 9 stets mit an der Spitze zu finden.  Der Auftritt wurde im richtigen Moment kerönt: Im Q2 zauberte der 28-Jährige auf der Kalex von Joe Roberts eine Runde auf den heißen Asphalt, die den Streckenrekord von Brad Binder auslöschte und den Aushilfsfahrer auf den ersten Startplatz brachte.

Der Pilot hatte seine eine eigene Erklärung: «Die Tage vor dem Rennevent in Malaysia waren sehr schwer. Ich konnte mich zunächst nicht lösen von all dem, was in meiner Heimat passiert ist.» Navarro, der in der betroffenen Region Valencia lebt, weiter: «Ich kenne etliche Menschen, die betroffen sind. In meinem Umfeld geht es zum Glück nur um große materielle Verluste, aber es ist alles sehr nahegekommen. Die einzige Möglichkeit für mich war, mich total abzukapseln und in einen Tunnel zu flüchten. Anderes wäre es nicht gegangen. Es ging dann nur noch um eines, das perfekte Rennwochenende.»

Der Plan ging auf. Der Spanier bewies auch am Renntag, die Pole-Position war nicht das Ergebnis einer Glücksrunde. Zwar büßte der Navarro die Führung und fiel zwischenzeitlich bis auf die fünfte Position zurück, doch speziell in der zweiten Rennhälfte drückte der Spanier wieder an, passierte seinen Teamkollegen und brachte sein Leihmotorrad auf Rang 2 ins Parc fermé.

Navarro, der wie alle anderen Piloten auch unter der extremen Hitze gelitten hatte, keuchte nach dem Triumph: «Ich bin überglücklich, dass ich mich auf diese Weise bei dem Team für die Möglichkeit, mit ihnen zu fahren, bedanken konnte. American Racing war unglaublich offen zu mir und dass wir auf dieser Strecke zusammen eine so gute Leistung, und zwar konstant hatten, das kann uns alle extrem zufrieden machen.»

Der Zweitplatzierte betonte auch: «Ich muss auch Celestino gratulieren. Was er heute geschafft hat, war außergewöhnlich, er war gleich nach dem Start extrem stark und heute der Schnellste.»

Wenig überraschend wurde Jorge Navarro, der mit 28 noch im besten Rennfahreralter ist, zu einem möglichen fixen Comeback für 2025 befragt. Der Moto2-Held von Sepang zeigte sich nicht abgeneigt, hob aber auch hervor: «So schön dieses perfekte Rennwochenende war, ich stehe zu meinem Team und der Verpflichtung in der Supersport-WM. Wir haben eine Vereinbarung für 2025 und ich bin sehr dankbar, dass ich dort fahren kann. Ich stand Ende letzten Jahres eigentlich vor dem Aus meiner Karriere. Nicht wenige haben mir geraten, aufzuhören, um mich nicht weiter zu quälen. Doch genau das wollte – weiterkämpfen, um wieder auf mein maximales Level zu kommen.»

Noch ist nicht sicher, ob der fixe Ersatzpilot auch den letzten WM-Lauf für die US-Mannschaft auf der Kalex bestreiten wird. Joe Roberts, der mit Ramirez auch 2025 für American Racing in der Moto2 starten wird, arbeitet weiter an einem versöhnlichen Saisonfinale. Sollte das verletzte Handgelenk des Kaliforniers noch nicht stabil genug sein – Jorge Navarro steht parat.

Ergebnisse Moto2 Sepang, Rennen (3. November):

1. Celestino Vietti (I), Kalex, 17 Runden in 36:06,629 min
2. Jorge Navarro (E), Kalex, +1,486 sec
3. Izan Guevara (E), Kalex, +3,265
4. Jake Dixon (GB), Kalex, +4,502
5. Tony Arbolino (I), Kalex, +4,833
6. Marcos Ramirez (E), Kalex, +5,684
7. Deniz Öncü (TR), Kalex, +7,770
8. Aron Canet (E), Kalex, +9,357
9. Diogo Moreira (BR), Kalex, +10,429
10. Somkiat Chantra (T), Kalex, +10,836
11. Manuel González (E), Kalex, +12,055
12. Albert Arenas (E), Kalex, +13,294
13. Alonso Lopez (E), Boscoscuro, +14,386
14. Sergio Garcia (E), Boscoscuro, +18,113
15. Filip Salac (CZ), Kalex, +20,945

Moto2-WM-Stand nach 19 von 20 Rennen:

1. Ogura 261 Punkte. 2. Canet 209. 3. Garcia 181. 4. Aldeguer 175. 5. Gonzalez 175. 6. Lopez 171. 7. Vietti 165. 8. Dixon 155. 8. Roberts 153. 10. Arbolino 146. 11. Ramirez 111. 12. Chantra 98. 13. Arenas 80. 14. Alcoba 79. 15. Moreira 64.

Konstrukteurs-WM:
1. Kalex 412 Punkte. 2. Boscoscuro 376. 3. Forward 16.

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