Zum 10. Todestag von Grand-Prix-Sieger Horst Fügner
Geboren wurde Horst Fügner am 11. März 1923 in Chemnitz. Nachdem er aus der Kriegsgefangenschaft gekommen war, sammelte er 1949 Teile zusammen, um sich eine DKW-RT 125 Marke Eigenbau aufzubauen und seinem großen Hobby Motorradrennen frönen zu können.
Als er 1951 als Privatfahrer beim Leipziger Stadtparkrennen ausgefallen war, kam der damalige Versuchs-Leiter bei IFA, Kurt Kämpf zu ihm und wollte ihn als Ersatzfahrer für den verletzten Hermann Scherzer rekrutieren. «Da sagte ich natürlich nicht nein», erinnerte sich der bis ins hohe Alter vitale Horst Fügner bei einem seltenen und deshalb besonderen Zusammentreffen mit einem Zeitungsmenschen im Jahr 2007. Einige Journalisten hatten ihn einst verärgert, weshalb der populäre Rennfahrer die Öffentlichkeit bestmöglich mied. Knapp zwei Monate nach besagtem Leipziger Stadtparkrennen 1951 feierte er in Stralsund seinen ersten Rennsieg.
Das Jahr 1952 begann er zunächst in der Ausweisklasse, er erhielt jedoch ab dem Rennen in Leipzig die Lizenz. Zu jener Zeit wechselte er als Schlosser beruflich zu IFA nach Zschopau.
Im darauffolgenden Jahr sollte ihm das Rennen in Stralsund erneut Glück bringen – dort gewann er sein erstes Lizenzrennen. Im gleichen Jahr triumphierte Fügner auf dem Sachsenring, was ihm auf seiner Heimstrecke 1958 in der Viertelliterklasse noch einmal gelingen sollte.
Auf internationalem Parkett gelang Fügner 1954 der Durchbruch. Beim Deutschen Meisterschaftslauf auf dem Nürburgring belegte er hinter vier überlegenen Werks-NSU Platz fünf, wofür er den Siegerkranz für den besten Privatfahrer erhielt. Am Feldberg war das NSU-Team wegen des eine Woche später stattfindenden WM-Rennens auf der Solitude nicht am Start, was Fügners ersten Sieg in Westdeutschland vor Karl Lottes auf MV Agusta begünstigte. Beim WM-Lauf vor den Toren Stuttgarts kam Fügner nach Startplatz sieben, aber mit Reifenproblemen im Rennen, auf Rang acht ins Ziel.
1955 war das Jahr, als nach NSU, Gilera und Moto Guzzi auch IFA – allerdings vorerst nur in der 125-ccm-Klasse – vollverkleidete Maschinen einsetzte. Während Bernhard Petruschke und Erhard Krumpholz damit auf dem Nürburgring mit den Plätzen fünf und sechs erste WM-Punkte für die Zschopauer einfuhren, schied Fügner mit Magnetschaden aus. Beim noch nicht zur WM zählenden Rennen auf dem Sachsenring führte zwar kein Weg am Ingolstädter August Hobl mit der West-Werks-DKW vorbei, doch mit Platz zwei brachte Fügner den Gewinn der DDR-Meisterschaft unter Dach und Fach.
1956 wiederholte er diesen Erfolg. Beim einzigen WM-Lauf, an dem MZ, wie das Werk im Dischautal nun hieß, in jenem Jahr teilnahm, bekam der ostdeutsche Motorradbauer auf der Solitude die Grenzen aufgezeigt. Die Konkurrenz von Gilera, MV Agusta, Mondial und DKW hatte Quantensprünge gemacht, mit denen die Verbesserungen bei MZ nicht Schritt halten konnten. Doch Walter Kaaden und seine Männer ließen sich nicht beirren und arbeiteten konzentriert an den Maschinen weiter.
1957 war bei der wechselnden deutschen WM-Runde Hockenheim an der Reihe, wo sich Fügner als Vierter und Ernst Degner als Sechster in der Weltspitze zurückmeldeten. Mit nur diesem einen Resultat belegten sie in der WM-Schlusstabelle immerhin die Plätze zehn und 13.
1958 sollte dann Horst Fügners bestes Jahr werden. Die Vollverkleidungen waren inzwischen von der FIM verboten worden und MZ hatte nun sowohl in der Achtel- als auch in der Viertelliterklasse eine konkurrenzfähige Waffe. Während Fügner in der kleinen Klasse auf der Isle of Man, auf dem Nürburgring und im schwedischen Hedemora als Sechster, Vierter und Sechster jeweils hinter seinem Stallgefährten Ernst Degner ins Ziel kam und zudem in Belfast Fünfter wurde, war die 250-ccm-Kategorie seine Klasse. In der Eifel wurde er hinter Tarquinio Provini auf MV Agusta Zweiter. In Schweden gewann er dann seinen ersten, leider auch einzigen Grand-Prix. Damit ging er gleichzeitig als erster Grand-Prix-Sieger für MZ in die Geschichte ein. In Belfast wurde er zudem in dieser Klasse Fünfter, sodass er mit 16 WM-Punkten am Jahresende hinter Provini Vizeweltmeister wurde. MZ war endgültig an der Weltspitze angelangt. In der 125-ccm-Klasse errang Fügner im gleichen Jahr seinen dritten nationalen Meistertitel.
1959 war Fügner wieder top-motiviert. Mit zwei vierten Plätzen auf der Isle of Man und in Assen (125 ccm), sowie einem dritten und einem fünften Platz in Hockenheim und Assen (250 ccm) fing das Jahr ganz ordentlich an. Doch dann folgte Spa-Francorchamps, wo Fügner auf regennasser Strecke stürzte und gegen einen Betonpfeiler prallte. Dabei zog er sich lebensgefährliche Kopf- und Gesichtsverletzungen zu. Nach einem sechswöchigen Krankenhausaufenthalt in Verviers kehrte er in den Rennsport nie mehr zurück. Schade, denn mit ihm wäre sicherlich einiges anders gekommen. Erinnert sei diesbezüglich an den Fast-WM-Titel und die Republik-Flucht von Ernst Degner 1961.
Horst Fügner war nie ein Mann großer Worte. Im Gegensatz zu vielen seiner ehemaligen Weggefährten, bekam man ihn selten bei öffentlichen Auftritten und Classic-Veranstaltungen zu sehen. Das heißt aber nicht, dass Fügner mit dem Motorsport abgeschlossen hatte. Ganz im Gegenteil, bis ins hohe Alter war er am aktuellen Renngeschehen sehr interessiert und gut informiert. Nach einigen menschlichen Enttäuschungen betrachtete er die Szene aber lieber aus der zweiten Reihe.
Im Rahmen der Feierlichkeiten zum 80-jährigen Jubiläum des Sachsenrings 2007, sowie bei einer Privat-Audienz hatte der Autor dieses Artikels das große Glück, den Rennfahrer, der am Aufstieg von MZ in den 1950er-Jahren maßgeblichen Anteil hatte, etwas näher kennenzulernen. Am 22. November 2014 endete Horst Fügners erfülltes Leben im Alter von 91 Jahren in Chemnitz.