Stefan Kirsch (Prüstel): Gedanken zu Jason Dupasquier
Das sächsische CarXpert PrüstelGP-Team tritt am kommenden Wochenende beim Grand Prix auf dem Sachsenring (20. Juni) nur mit dem Japaner Ryusei Yamanaka an. Auch bei der Dutch-TT in Assen (27. Juni) wird die KTM des in Mugello tragisch verunglückten Schweizers Jason Dupasquier (19) nicht besetzt, aus Respekt gegenüber der Familie Dupasquier. Erst nach der Sommerpause soll ein Nachfolger präsentiert werden.
Eine Woche nach dem Begräbnis des talentierten Jerez-GP-Siebten ist das Prüstel-Team immer noch bestürzt und erschüttert, spürbar mitgenommen von den dramatischen Ereignissen. Besonders hart betroffen ist Jasons Crew-Chief Stefan Kirsch (58), der mit dem Eidgenossen eineinhalb Jahre lang eng zusammengearbeitet hat.
Kirsch befürwortet den Plan, das PrüstelGP-Team erst im August wieder mit zwei Piloten fahren zu lassen. «Das war auch mein Vorschlag. Das kannst du nicht bringen, dass du nach so einen Schicksalsschlag von heute auf morgen irgendjemand draufsetzt», seufzte Kirsch im Gespräch mit SPEEDWEEK.com. «Das gilt für mich auch. Ich habe das der Prüstel-Familie so mitgeteilt. Ich kann mich nach so einen Ereignis nicht über Nacht um einen neuen Fahrer kümmern, der ruck-zuck engagiert worden ist. Nein, das mach‘ ich nicht.»
Stefan Kirsch hat in diesem Frühjahr mit Freude festgestellt, dass sich Jason gegenüber seiner Debütsaison 2020 (null Punkte) beträchtlich gesteigert hat. Er hatte 2020 klar erkannt, dass er mehr investieren muss, wenn er mit den besten Piloten aus Italien und Spanien mithalten und an die Weltspitze vordringen will. Deshalb hatte der talentierte und ehrgeizige Westschweizer aus Freiburg in der Winterpause mit seinen Eltern Philippe und Andrea seinen Wohnsitz vorübergehend in Südspanien aufgeschlagen und das Training intensiviert.
Dupasquier hatte sein Talent bereits 2019 im Red Bull Rookies-Cup aufblitzen lassen, doch auf WM-Ebene musste er sich deutlich noch mehr anstrengen, um sich in diesem starken Feld durchzusetzen.
«Mit 18 Jahren weiß ein Fahrer nicht, was ihn in der WM erwartet und wie viel er trainieren muss. Klar, Jason ist ein bisschen später in den GP-Sport eingestiegen als die Südländer», sagt Kirsch. «Wir haben uns dann im letzten Jahr noch darüber unterhalten. Er hat sich dann sehr gut strukturiert und neu aufgestellt. Jason hat ein paar Sachen verändert und das Wintertraining in Spanien geplant. Das hat er richtig vorbildlich durchgezogen.»
Kirsch weiter: «Jason ist dann im Frühjahr 2021 zum ersten Test gekommen, und beim zweiten Test hat man bereits einen deutlichen Unterschied zu Vorjahr gesehen. Jason war ein Bursche, der nicht gleich aus sich herausgegangen ist und viel erzählt hat. Erst mit der Zeit habe ich herausgefunden, dass er in erster Linie mit Minibikes und Pocketbikes trainiert hat. Jason war nicht besonders redselig; er hat nicht gesagt: ‚Ich habe in Spanien im Winter dies und jenes gemacht.‘ Er war ein ruhiger Typ, ein bisschen Schweizer Mentalität, eher gemütlich. Ich habe diese Neuigkeiten erst durch mehrfaches Nachbohren in Erfahrung gebracht. Da er nur mit diesen kleinen Bikes gefahren war, war beim ersten Test noch kein großer Unterschied zu spüren. Beim zweiten Test habe ich ihm dann entlockt, was er alles trainiert hat. Er war jetzt von der Einstellung her ganz anders drauf, er war auch konditionell viel besser.»
Jasons wuchs im französischen Teil der Schweiz auf. Er sprach also hauptsächlich Französisch, konnte sich aber auch auf Deutsch tadellos verständlich machen. «In der Box wurde in erster Linie Englisch gesprochen, weil ja eventuell ein Techniker von KTM oder WP dastand, der nur Englisch verstand. Im Team wurde einmal überlegt, in der Box Deutsch zu sprechen. Aber ich habe nicht darauf gepocht, weil beim Debrief manchmal andere Techniker aus anderen Nationen um den Fahrer rumstehen und Deutsch dann nicht immer sinnvoll ist. Außerdem hat Jason gut Englisch gesprochen. Das hat also gepasst», erzählte der Bayer Stefan Kirsch.