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Protest von Leopard: In allen Instanzen gescheitert

Von Günther Wiesinger
Leopard-Honda wollte nach dem Mugello-GP alle Moto3-WM-Punkte von KTM, GASGAS und Husqvarna aus dem Jahr 2022 annullieren lassen. Doch der Protest und die Berufung sind kläglich gescheitert.

Beim Italien-GP in Mugello am 29. Mai erlebte das erfolgreiche Leopard-Honda-Team zwei schwere Rückschläge. Zu Beginn der elften Runden stürzte Deniz Öncü nach einem Kontakt mit Tatsuki Suzuki in Kurve 1. Wenige Kurven stürzte Suzukis Leopard-Teamkollege Dennis Foggia in Führung liegend in der Kurve «Casanova-Savelli».

Suzuki übernahm danach die Rolle des Spitzenreiters, aber wegen des Kontakts mit Öncü wurde ihm ein Long-Lap-Penalty aufgebrummt. Dadurch verlor der Japaner rund zweieinhalb Sekunden, er fiel auf Platz 7 zurück. Er kämpfte sich aber im Finish auf Platz 3 vor, er fuhr nur 0,012 Sekunden hinter Sieger Sergio Garcia (GASGAS) über den Zielstrich.

Danach lag der letztjährige Vizeweltmeister Foggia 42 Punkte hinter Leader und GASGAS-Werkspilot Sergio Garcia, schwer einholbar.
Aber Leopard Racing gab sich nicht geschlagen und verlagerte den WM-Kampf kurzerhand auf den grünen Tisch. Die Mannschaft von Teambesitzer Flavio Becca, Chief Operating-Officer Miodrag Kotur, Finanzchef Massimo Vergini und Technical Director Christian Lundberg und Ingenieur Didier Lambert trat die Flucht nach vorne an und legte Protest gegen die drei Pierer-Mobility-Marken KTM, GASGAS und Husqvarna ein.

Leopard Racing verlangte von den GP-Funktionären nichts anderes als die Streichung aller WM-Punkte für die drei gegnerischen Fabrikate – zumindest von Doha bis Mugello. Dieser Protest wurde am Nachmittag in Mugello am 29. Mai vom «FIM MotoGP Stewards Panel» abgelehnt.

Was führte zu diesem Protest?

An den Moto3-WM-Motorrädern werden definierten Performance-Teile verwendet, an denen die Teams nichts ändern dürfen.

Die Kabelstränge zählten im Jahr 2021 noch nicht zu den erwähnten «performance parts». Die Österreicher haben jedoch durchgesetzt, dass die Kabelstränge für die Saison 2022 neu als «performance parts» deklariert wurden und somit nicht verändert werden dürfen.

Diese Reglementsänderung fand im November 2021 in Absprache mit Honda und allen zuständigen Funktionären von IRTA und Dorna, Technical Director Danny Aldridge statt. Am Schluss wurde sie auch von der höchsten Instanz abgesegnet, der Grand Prix Commission.

Gleichzeitig wurde einstimmig beschlossen, dass die Moto3-Spezifikationen zum Zweck der Kostenersparnis auf dem Stand von 2021 eingefroren und bis Ende 2023 weitergefahren werden.

Leopard berief sich beim Protest darauf, dass die Spezifikation der Moto3-Bikes und deren Leistungsteile für 2022 nicht verändert werden dürfen. Das Honda-Team kritisierte, an den baugleichen Maschinen der drei Marken aus Österreich seien die «wiring looms» für 2022 verändert worden, obwohl diese Kabelstränge neu unter die Performanceteile fallen und deshalb nicht angetastet werden dürfen.

Der Leopard-Protest wurde zweimal abgewiesen

Leopard Racing reichte den Protest gleich beim Mugello-GP ein – und blitzte dort im ersten Verfahren ab. Auch das Berufungsverfahren bei den «Appeal Stewards» wurde am 13. Juli in dieser Woche zugunsten von KTM, GASGAS und Husqvarna entschieden und in allen Punkten zurückgewiesen. Die Entscheidung des «MotoGP Steward Panels» vom 29. Mai 2022 hat also Bestand und kann nicht weiter angefochten werden.

Übrigens: Im Eifer des Gefechts hatten die Leopard-Hitzköpfe ganz vergessen, dass auch die Marke CFMOTO (Fahrer: Tatay und Artigas aus dem Prüstel-Team) zum Pierer-Imperium gehört.

Seit Donnerstag liegt die endgültige Entscheidung des «MotoGP Court of Appeal» des Weltverbands FIM vor. Alle Beschwerden von Leopard wurden abgeschmettert. Die drei Fabrikate aus Österreich dürfen alle WM-Punkte von 2022 behalten. Leopard Racing muss jetzt nicht nur mit dieser Blamage und dem Image eines schlechten Verlierers leben, sondern sogar noch die Verfahrungskosten bis zu einer Höhe von 7500 Euro bezahlen.

«Ich habe die Anklageschrift erst beim Sachsenring-GP erhalten», erklärte Christian Korntner, Moto3-Projektleiter der Pierer Mobility AG, im Interview mit SPEEDWEEK.com. «Wir hatten dann ungefähr fünf Werktage Zeit für eine genaue Stellungnahme. Es hat fünf volle Arbeitstage beansprucht, bis wir der FIM und den zuständigen Funktionären eine lückenlose Sachverhaltsdarstellung übermitteln konnten. Wir mussten nachforschen und dokumentieren, was in den letzten eineinhalb Jahren am Regelwerk verändert wurde und wann das alles kommuniziert wurde. Wir haben alle unsere Korrespondenzen mit Technical Director Danny Aldridge auf den Tisch gelegt. Dazu war ein enormer Recherche-Aufwand nötig.»

Bei der letzten Verhandlung bei der FIM in Mies traten am Mittwoch drei FIM-Richter auf: Robert Hofstetter als Vorsitzender, dazu Manuel Marinheiro und Sakari Vuorensola.

«Der Vorwurf von Leopard war, dass unsere Teams mit den drei Marken in der Moto3-WM 2022 illegal unterwegs sind», fasste Korntner zusammen, «weil wir angeblich Änderungen an den Kabelsträngen vorgenommen haben. Aber diese Änderungen sind bei uns in Absprache mit den verantwortlichen Funktionären schon im letzten Jahr passiert – für die Saison 2022.»

Die Vorwürfe von illegalen Machenschaften wurden deshalb nachhaltig entkräftet.

Pierer Mobility AG: Retourkutsche gegen Leopard?

Die Pierer-Gruppe will nicht offenbaren, warum sie den Vorschlag gemacht hat, die Kabelstränge in der Moto3-WM 2022 neu als «performance parts» zu deklarieren und unter Schutz zu stellen.

Aber im Paddock wundern sich nicht nur die gegnerischen Honda-Teams über die seit Jahren erstaunlichen Leistungen der Leopard-Fahrer, die mit verblüffender Regelmäßigkeit seit Jahren die schnellsten NSF250 RW-Rennmaschinen auf die Piste bringen und 2015 mit Danny Kent, 2017 mit Joan Mir und 2019 mit Lorenzo Dalla Porta die Moto3-WM gewannen.

Um diesen – unbewiesenen – Mutmassungen, es könnten Manipulationen an den Kabelsträngen erfolgt sein, in Zukunft einen Riegel vorzuschieben, hat die Pierer-Gruppe vorgeschlagen, die «wiring looms» quasi unter Denkmalschutz zu stellen.

Leopard Racing (Dennis Foggia liegt in der WM schon 67 Punkte hinter Sergio Garcia/GASGAS) erlitt also auf dem grünen Tisch eine weitere Niederlage und blitzte zuerst mit dem Protest in Mugello und inzwischen auch mit dem Einspruch ab.

Danach beanstandete das illustre Leopard-Team eine weitere vermeintliche Verfehlung der Pierer-Mannschaft. Laut Vorschrift muss nämlich jeder Moto3-Hersteller, der ein neues Motorrad homologiert, mit Stichtag 31. Januar der laufenden Saison eine Preisliste an die Teams herausgeben. Es müssen alle erhältlichen Teile mit einer Artikelnummer und einem Verkaufspreis gekennzeichnet werden.

Der Grund: Die Teams sollen rechtzeitig eine Orientierung für die Höhe ihrer Ersatzteilbudgets bekommen.

Leopard Racing beschwerte sich, weil die Teams von KTM, GASGAS und Husqvarna diese Preisliste erst am 15. Februar 2022 erhalten haben. «Das fand aber in Absprache mit Technical Director Danny Aldridge statt, weil wir für 2022 gar kein neues Bike homologiert haben. Unsere FR 250GP ist seit 2020 unverändert geblieben. Leopard konnte uns also auch hier kein Fehlverhalten nachweisen, sie sind auch mit dieser Beanstandung abgeblitzt», erklärte Christian Korntner gegenüber SPEEDWEEK.com.

«Wir haben die Verhandlung in Genf gewonnen, haben jedoch wegen der Anfechtung von Leopard viel Zeit und Geld verschwendet – für nichts», ärgert sich Pit Beirer, der Motorsport-Direktor der Pierer Mobility AG.

Moto3-Ergebnis, Assen (26. Juni):

1. Sasaki, Husqvarna, 22 Rdn. in 37:28,371 min
2. Guevara, GASGAS, + 0,314 sec
3. Garcia, GASGAS, + 0,392
4. Suzuki, Honda, + 0,399
5. Artigas, CFMOTO, + 0,661
6. Holgado, KTM, + 11,540
7. Nepa, KTM, + 11,606
8. Yamanaka, KTM, + 12,225
9. Deniz Öncü, KTM, + 12,309
10. Toba, KTM, + 12,368
11. Riccardo Rossi, Honda, + 12,596
12. Ortolá, KTM, + 12,878
13. Fellon, Honda, + 12,976
14. Tatay*, CFMOTO, + 17,903
15. Migno, Honda, + 20,915

*= 3-Sekunden-Strafe (Überschreiten der «track limits»)

Moto3-Fahrer-WM nach 11 von 20 Grand Prix:

1.Garcia 182 Punkte. 2. Guevara 179. 3. Foggia 115. 4. Sasaki 113. 5. Masia 107. 6. Deniz Öncü 98. 7. Suzuki 94. 8. Migno 77. 9. Tatay 64. 10. Artigas 57. 11. Riccardo Rossi 52. 12. Yamanaka 51. 13. Holgado 48. 14. Toba 44. 15. Moreira 34. 16. Ortolá 33. 17. Muñoz 32. 17. 18. Adrian Fernández 28. 19. McPhee 24. 20. Bartolini 23. 21. Kelso 22. 22. Nepa 18. 23. Bertelle 16. 24. Odgen 16. 25. Fellon 8. 26. Aji 5.

Konstrukteurs-WM:

1. GASGAS 235 Punkte. 2. Honda 181. 3. KTM 174. 4. Husqvarna 133. 5. CFMOTO 95.

Team-WM:

1. GASGAS Aspar Team 361 Punkte. 2. Leopard Racing 209. 3. Red Bull KTM Ajo 155. 4. Sterilgarda Husqvarna Max Racing 137. 5. Red Bull KTM Tech3, 126. 6. CFMOTO Racing PrüstelGP 121. 7. MT Helmets – MSI 85. 8. Rivacold Snipers 77. 9. CIP Green Power 66. 10. SIC58 Squadra Corse 60. 11. Angeluss MTA Team 51. 12. QJMotor Avintia Racing 39. 13. BOE Motorsports 32. 14. Vision Track Racing Team 16. 15. Honda Team Asia 5.

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