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Sensation: Kommt bald Format für Moto3-500-ccm-Twins?

Von Günther Wiesinger
Das Alterslimit für die Moto3 steigt 2023 von 16 auf 18 Jahre, außerdem werden die Jugendlichen immer größer. Deshalb wird bei der Dorna über mehr Hubraum diskutiert. Kommen 500-ccm-Twins statt der 250-ccm-Singles?

Der italienische Hersteller Speed Up war schon 2018 neben Kalex (elf Siege) und KTM (sechs Siege) in der Moto2-Weltmeisterschaft das einzige Fabrikat, das einen Moto2-GP-Sieg verzeichnen durfte. Fabio Quartararo gewann damals in Cataluyna und auch in Motegi, doch in Japan wurde der Franzose disqualifiziert, weil der Luftdruck in seinem Hinterreifen nach dem Rennen 0,05 bar unter dem Limit lag. Aber 2019, 2020 und 2021 ging Speed up-Besitzer Luca Boscoscuro leer aus. In der Saison 2019 schaffte er noch sechs zweite Plätze, 2020 durch Fabio Di Giannantonio nur noch einen dritten und einen zweiten Platz. In der vergangenen Saison 2021 schaute nur ein dritter Platz durch Jorge Navarro in Silverstone heraus. Der Trost: Fermin Aldeguer gewann die Moto2-Europameisterschaft überlegen vor seinem Markenkollegen Alonso Lopez.

Speed-up-Teambesitzer Luca Boscoscuro entschied sich vor der Saison 2021, die Moto2-Bikes 2021 ab sofort als «Boscoscuro» zu bezeichnen.

«Boscos» gilt als einer der besten «Talent Scouts» in der GP-Szene. Der ehemalige 250-ccm-Europameister stellt große Ansprüche an seine Fahrer und greift auch durch, wenn die Erwartungen nicht erfüllt werden.

In der Moto2-WM trat die Speed Up-Mannschaft 2021 ursprünglich mit Jorge Navarro und Yuri Montella an, der jedoch im Spätsommer wegen seiner unzureichenden Leistungen durch den erst 16-jährigen Aldeguer ersetzt wurde.

In der Saison 2021 sicherte sich Boscoscuro-Pilot Navarro immerhin den neunten WM-Rang. Damals setzte auch das Aspar-Team (Dixon, Arenas) noch Boscoscuro-Motorräder ein. Durch die Neubezeichnung als GASGAS Factory Team entschied sich die Martinez-Truppe zum Umstieg auf Kalex, Boscoscuro hat deshalb in der Moto2-WM kein Kundenteam mehr.

Der italienische Teamchef tauschte auch 2022 wieder einen Fahrer aus: Nach dem Jerez-GP musste der enttäuschende Romano Fenati für den letztjährigen EM-Zweiten Alonso Lopez Platz machen, der beim Misano-GP im September als 20-Jähriger mit seinem ersten Moto2-GP-Sieg überraschte.

Luca Boscoscuro betreibt seinen Moto2-Rennstall seit Jahren mit One-Event-Sponsoren; er wechselt also das Design und die Teamkleidung regelmäßig.

Mit nur zwei Boscoscuro-Maschinen im Feld gegen 26 Kalex muss der Ex-Rennfahrer mit seinem Budget sorgfältig haushalten, aber er sträubte sich bisher gegen Joint Ventures wie zum Beispiel mit MV Agusta oder Fantic, weil ihn die Konzepte nicht überzeugten – oder die handelnden Personen.

Luca Boscoscuro: Plädoyer für 500-ccm-V2

Als einer von drei Moto2-WM-Herstellern gilt Luca Boscoscuro für SPEEDWEEK.com immer als willkommener Gesprächspartner. Denn er macht sich auch viele Gedanken über die Zukunft des Sports.

Boscoscuro hat sich auch den Kopf über das neue Alterslimit zerbrochen und dabei Schwachstellen im System entdeckt.

Denn nach den tragischen Todesfällen von Teenagern wie Jason Dupasquier (19) und Dean Berta Viñales (15) im Jahr 2021 wurde bekanntlich das Mindestalter für WM-Klassen Moto3 und Moto2 für 2023 von 16 auf 18 Jahre angehoben.

In der 125-ccm-WM konnten Talente wie Tom Lüthi, Randy Krummenacher, Domi Aegerter, Stefan Bradl, Sandro Cortese und Jonas Folger noch mit 15 Jahren debütieren!

«Jetzt kommen die Fahrer mit 18 Jahren in die Moto3-WM-Klasse, sie sind 180 cm groß und womöglich 70 kg schwer», gibt Boscoscuro zu verstehen. «Dann müssen sie mit den kleinen 250-ccm-Einzylinder-Maschinen mit 60 PS fahren. Meiner Meinung nach brauchen wir für die Moto3-Klasse größere Fahrzeuge mit stärkeren Motoren. Nicht nur wegen der jetzt 18-jährigen Rookies, sondern auch weil der Abstand von den 250-ccm-Motoren zu den 765-ccm-Dreizylinder-Triebwerken in der Moto2 zu groß geworden ist. Man muss überlegen, ob man in der Moto3-WM nicht zu Zweizylinder-Motoren mit 400 oder 500 ccm übergehen soll. Aprilia hat zum Beispiel einen sehr guten 500-ccm-V2-Motor, der serienmäßig 70 PS leistet. In der Supersport-WM ist ja auch der maximale Hubraum von 600 ccm längst erhöht worden...»

Tatsächlich tritt Ducati dort zum Beispiel gegen die Vierzylinder-600-ccm-Bikes von Yamaha und Kawasaki mit 955 ccm an.

Übrigens: Fahrer wie Fermin Aldeguer und WM-Leader Augusto Fernández kamen nicht über die Moto3-Schiene in die Moto2-WM, sondern über die nationale Supersport-Klasse.

«Es ist wahr, die jugendlichen Fahrer sind heute durchschnittlich größer als in der Vergangenheit», räumte Dorna-CEO-Carmelo Ezpeleta im Interview mit SPEEDWEEK.com ein. «Ich sehe ja in letzter Zeit sogar im Red Bull-Rookies-Cup und anderen Nachwuchsserien junge Talente, die sehr groß sind für die Moto3. Zum Beispiel Filippo Farioli, er ist mindestens einen Kopf größer als der Finne Rico Salmela, der in Aragón am Samstag gewonnen hat. Ich stimme zu, wir müssen uns etwas überlegen.»

Doch das Moto3-Reglement genießt vorläufig Stabilität. «Bis Ende 2026 werden wir den Hubraum nicht ändern. Für 2027 können wir uns in Absprache mit den Werken etwas Neues überlegen», meint Ezpeleta. «Wir haben schon mal einen Blick auf die 400-ccm-Zweizylinder geworfen. Doch die Japaner haben diese Motorräder nicht im Programm. Man könnte in der Moto3 auch auf 500 ccm gehen. Das wäre kein Problem. Aprilia und KTM haben bereits solche Motorräder.»

Aber da allein die Pierer-Gruppe mit KTM, GASGAS, Husqvarna und CFMOTO mit vier Fabrikaten in der Moto3-Klasse mitmischt und Honda in dieser Nachwuchsklasse stark vertreten ist, sind vorläufig keine Einheitsmotoren geplant.

Denn auch wenn die Japaner nicht mitmachen, in Europa könnten sich neue Interessenten finden – wie Aprilia, Fantic oder SWM.

Mehr Hubraum für die Moto3, so ein Schritt könnte auch ein Dilemma der Teams lösen. Denn immer mehr groß gewachsene Topfahrer wie zum Beispiel Raúl Fernández halten sich nur noch möglichst kurz in der Moto3-Klasse auf. 

Auch aus der aktuellen WM steigen mit Guevara, Foggia und Garcia die ersten Drei der Tabelle sicher in die Moto2-WM auf.

Husqvarna-Moto3-Teambesitzer Peter Öttl, mit dem Japaner Ayumu Sasaki gerade WM-Vierter, zerbricht sich über ein neues Moto3-Format momentan nicht den Kopf.

«Aus Teamsicht musst du die Regeln so akzeptieren, wie sie beschlossen werden», hält der Bayer fest. «Darum mache ich mir nicht so viele Gedanken. Für mich ist das aktuelle Reglement in Ordnung. Wenn es nicht mehr passt, werden die Verantwortlichen darauf reagieren. Es gibt einige Fahrer, die jetzt durch ihre Körpergröße definitiv benachteiligt sind. Aber diese Problematik haben wir in den Nachwuchsklassen immer gehabt. Deshalb gibt es ja das Gesamtgewichtslimit für Motorrad, Fahrer und Ausrüstung.» 

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