Dani Pedrosa: Seine Ideen für eine neue Moto3-Klasse
Der italienische Moto2-Rolling-Chassis-Fabrikant Luca Boscoscuro trat im September in Aragón gegenüber SPEEDWEEK.com mit einem fundierten Vorschlag für die Zukunft der Moto3-WM an die Öffentlichkeit. «Boscos» kritisierte die aktuelle Klasseneinteilung in der Moto3-Weltmeisterschaft und ist überzeugt, die 250-ccm-Einzylinder-Viertakt-Klasse mit 65 PS habe inzwischen ihre Berechtigung verloren.
«Denn in der kommenden Saison steigt das Mindest-Einstiegsalter für die Moto3 und Moto2 von 16 auf 18 Jahre. Mit 18 Jahren sind aber die meisten Jungs ca. 180 Zentimeter groß. Sie haben auf den 250-ccm-Bikes keinen Platz, sie sind zu schwer und nicht mehr konkurrenzfähig. Deshalb steigen sie nach den ersten Podestplätzen sofort in die Moto2-WM auf», sagt der ehemalige 250-ccm-Europameister.
Boscoscuro präsentierte eine Idee, wie man diese Situation verbessern könnte. «Wir haben in der Moto2 jetzt 765 ccm, in der MotoGP sind es 1000 ccm. Ich schlage vor, den Hubraum für die Moto3 auf 400 oder 500 ccm zu erhöhen. Wir brauchen Triebwerke wie das Aprilia-SXV-550-ccm-Supermoto-Triebwerk mit 70 PS», meint der erfolgreiche Teambesitzer.
Zur Erinnerung: Nach den Todesstürzen von vier jungen Talenten 2021 wurde das Mindestalter für alle drei Klassen der FIM MotoGP World Championships auf 18 Jahre angehoben. 2022 lag das Mindestalter in der Moto3 und Moto2 noch bei 16 Jahren.
Die Gesamtsieger der Moto3-Junioren-WM und des Red Bull Rookies-Cups dürfen bereits im Alter von 17 Jahren in die Moto3-WM aufsteigen. Für die Moto3-Junioren-WM und die Moto2-EM wurde das Mindestalter auf 16 Jahre angehoben. Ebenfalls um ein weiteres Jahr angehoben wurde das Limit im Red Bull Rookies Cup – auf 15 Jahre.
Wie im laufenden Jahr gilt auch 2023 eine Ausnahme für Fahrer, die bereits 2022 in einer der WM-Klassen angetreten sind – sie dürfen weiter dort fahren. Deshalb sind Talente wie Zonta van den Goorbergh schon mit 16 Jahren in die Moto2-WM eingestiegen und ist David Muñoz im Mai unmittelbar nach seinem 16. Geburtstag bei BOE-KTM in die Moto3-WM gekommen.
Das Mindestalter in der Supersport-WM wird 2023 bei 18 Jahren liegen.
SPEEDWEEK.com hat in den letzten Wochen einige fundierte Meinungen zum neuen Vorschlag eingeholt. Auch Dorna-Chef Carmelo Ezpeleta kann sich so ein neues Hubraumlimit vorstellen – mit 400-ccm- oder 500-ccm-Twins, wenn sich die Hersteller darauf einigen. Aber nicht vor 2027.
Dani Pedrosa, dreifacher Weltmeister (2004/125 ccm, 250 ccm in den Jahren 2005 und 2006), sieht ebenfalls Handlungsbedarf. Denn mit 400 oder 500 ccm wären die Bikes schwieriger zu bändigen, ähnlich wie einst die 125er-Zweitakter, außerdem würde das Windschattenfahren nicht mehr eine so wichtige Rolle spielen.
«Ich habe mir darüber Gedanken gemacht», stellte Dani Pedrosa im Gespräch mit SPEEDWEEK.com fest. «Ich denke, eines der Probleme in der kleinen Klasse – alle fahren so eng beisammen in dichten Pulks. Das sticht ins Auge, wenn man die Rennen betrachtet. Ich bin noch nie mit einer Moto3-Maschine gefahren, aber die Leistungsunterschiede sind sehr gering. Alle Piloten fahren absolut am Limit, und wenn sie stürzen, kann das eine Kettenreaktion auslösen, sehr oft kommt mindestens ein weiterer Fahrer zu Sturz. Wenn der Hubraum erhöht wird und die Motorräder ein bisschen kraftvoller werden, könnte das eine gute Lösung sein, zumal in der Moto2 bereits mit 765 ccm gefahren wird. Der Schritt von der 250er ist also ziemlich groß.»
Pedrosa weiter: «Ich würde jedoch dringend vorschlagen, diese Hubraumerhöhung ausschließlich für die Moto3-GP-Weltmeisterschaft vorzunehmen. Wenn du jünger bist und an der spanischen Meisterschaft, der JuniorGP, am Red Bull Rookies-Cup oder an der italienischen Meisterschaft CIV teilnimmst, kannst du einige Jahre lang Moto3-Bikes mit 250 ccm steuern. Wenn du nachher mit 18 Jahren in die Moto3-WM kommst, hast du bereits ein gewisses fahrerisches Niveau. Du bist dann gut genug, um im Windschatten mitzufahren und der Gruppe zu folgen. Deshalb sollte man die jetzigen Moto3-Maschinen mit den 250-ccm-Einzylinder-Triebwerken für die Nachwuchsserien weiterverwenden. Aber wenn die Talente in den GP-Sport aufsteigen, sollten sie in einer neuen Kategorie mit 400 oder 500 ccm fahren. Dann kommen sie in die Einsteigerklasse der Weltmeisterschaft, sie benötigen dann ein oder zwei Jahre, um mit den unbekannten neuen Bikes mit bis zu 500 ccm konkurrenzfähig und schnell zu sein. Wenn die GP-Rookies jetzt in die Moto3 kommen, kennen sie diese Fahrzeuge bereits in- und auswendig. Deshalb fällt ihnen die Anpassung zu leicht. Das ist meine Meinung. 400 oder 500 ccm – das wäre ein gutes Konzept.»