MotoGP: VR46-Team ist nicht einverstanden

Muss das Moto3-Mindestgewicht neu berechnet werden?

Kolumne von Günther Wiesinger
Mit der Saison 2023 tritt in der Motorrad-WM das neue Mindestalter von 18 Jahren in Kraft. Das Moto3-Gesamtgewicht müsse entsprechend angepasst werden, fordert Teambesitzer Sito Pons.

Der italienische Speed-up-Moto2-Teambesitzer und Rennmaschinenhersteller Luca Boscoscuro hat vorgeschlagen, den Hubraum in der Moto3-Klasse von 250 ccm auf 400 oder 500 ccm zu erhöhen, dann würden Zweizylinder-Motoren zum Einsatz kommen, die 70 oder 75 PS statt 55 PS leisten und den Fahrern mehr abverlangen. Dadurch würde auch das Windschattenfahren in der Moto3-WM an Bedeutung verlieren.

Außerdem ist das Alterslimit in der WM von 16 auf 18 Jahre erhöht worden, deshalb sind viele Einsteiger bereits 180 ccm groß oder grösser und für die die 250er-Moto3-Rennmaschinen zu schwer.

Dorna-CEO Carmelo Ezpeleta hat ein offenes Ohr für diese Ideen, auch andere Teambesitzer sind dafür. Doch das aktuelle Reglement mit den 250-ccm-Einzylinder-Motoren hat bis Ende 2026 Gültigkeit; so wurde es mit den Werken vereinbart. Jetzt muss in der Hersteller-Vereinigung MSMA abgeklärt werden, welche Hersteller sich eine Moto3-WM mit 400 oder 500 ccm vorstellen können und wer (außer Aprilia und SWM) bereits passende Kraftquellen im Angebot hat.

Aber Sito Pons (63) prangert noch einen anderen Missstand in der Moto3 an, «Ich sage ganz klar, das maximale Gesamtgewicht für die Moto3-WM ist falsch», sagt Sito Pons, 250-ccm-Weltmeister 1988 und 1989 und einer der erfolgreichsten Teambesitzer in der Moto2-WM. «Denn es existiert ein Gesamtgewicht für Fahrer, Motorrad und Ausrüstung, also Helm, Leder, Stiefel, Protektoren und so weiter. Aber sie setzen für das Fahrergewicht nur 60 kg ein. Ich sehe jedoch kaum einen Moto3-WM-Fahrer, der 60 kg wiegt. Die komplette Ausrüstung wiegt ca. 10 kg. Diese Situation führt dazu, dass die Leichtgewichte in der Moto3-Weltmeisterschaft gewinnen. Als normalgewachsener junger Mann kannst du heute gar nicht mehr an der Moto3-Klasse teilnehmen. Wer 68 wiegt oder schwerer ist, hat in der Moto3 keine Chance gegen die kleinen Fahrer. Er muss deshalb sofort in die Moto2-WM aufsteigen oder sich in einer anderen Kategorie für die Moto2-WM empfehlen. Wenn du 68 oder 70 kg wiegst, bringst du samt der Ausrüstung 80 kg auf die Waage. Mit diesem Gewicht hast du in der Moto3 null Chance auf anständige Resultate.»

«Und da in der Moto3-WM das Mindestalter in diesem Jahr bei 18 Jahren liegt, wiegen die meisten Fahrer 10 kg mehr wie mit 16 Jahren, was 2021 noch als Mindestalter galt», rechnet Pons im Interview mit SPEEDWEEK.com vor. «Ein Nebeneffekt ist, dass sogar einige junge Fahrer jetzt in die Moto2 wechseln, die eigentlich zu klein und zu leicht sind für diese Kategorie mit den 765-ccm-Dreizylinder-Motoren von Triumph.»

Sito Pons hat einen Lösungsvorschlag für die Grand Prix Commission: «Man müsste das Gesamtgewicht von 152 kg für die aktuelle Moto3-Klasse um 10 kg erhöhen und das Gewicht des Fahrers mit 70 oder 75 kg einsetzen. Denn man muss berücksichtigen, dass die Moto3-Rookies jetzt 18 statt 16 Jahre alt sind und entsprechend größer und schwerer sind. Ich habe einen Fahrer in meinem Team, der 183 cm groß ist. Du kannst heute in jede Schule gehen und wirst nur Jungs zwischen 16 oder 18 finden, die alle 175 cm groß sind. Auch in Spanien. Wenn du heute einen 18-Jährigen triffst, der nur 165 cm groß ist, bildet er eine Ausnahme.»

«Die Idee von Luca Boscoscuro, das Hubraumlimit in der Moto3 zu erhöhen, finde ich okay. Mit 400 oder 500 ccm-Twins statt mit den 250ern zu fahren, kann eine Option sein», sagt Sito Pons. «Aber am wichtigsten ist, dass wir in der Moto3 künftig für den Fahrer 75 kg einsetzen und dann das Gewicht des Motorrads mit dem Körpergewicht des Piloten und der Ausrüstung neu kombinieren.»

Zur Erinnerung: 2014 wurde das Moto3-Gesamtgewicht um 1 kg auf 149 erhöht, inzwischen beträgt es 152 kg.

«In der Praxis wiegt heute ein 18-jähriger Moto3-Fahrer 75 kg. Du kannst also beim Gesamtgewicht nicht 60 kg zugrunde legen», wundert sich Pons. «Vielleicht geht es auch mit 70 kg, aber weniger macht keinen Sinn.»

Der deutsche Liqui-Moly-Husqvarna-Moto3-Teambesitzer Peter Öttl hält fest: «Beim ersten Rennen in Portimão werden im März alle Gewichte der Fahrer ermittelt. Aufgrund dieser Ergebnisse können die Funktionäre überlegen, ob man das Mindestgesamtgewicht für die Moto3-Saison 2024 anpasst. Man kann davon ausgehen, dass die Gewichte von 18-jährigen Fahrern höher liegen als 60 kg.»

Speed-up-Teamchef Boscoscuro argumentiert auch, dass jetzt der Hubraum-Unterschied von der Moto3 zur Moto2 mit 515 ccm zu groß ist. Denn 2018 wurde in der Moto2 noch mit 600 ccm gefahren, damals lag die Differenz bei 350 ccm.

«Ich unterstütze den Vorschlag von Boscoscuro mit 400-ccm- oder 500-ccm-Twins zu 100 Prozent», versichert Teamchef Sito Pons. «Aber man muss natürlich abklären, welche Firmen solche Motoren in der Modellpalette haben oder welches Motorradwerk einen bauen würde. Und vorher muss die Berechnung des Gewichts der Moto3-Fahrer erhöht werden!»


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